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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes
Autoren: Andreas Franz
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hintereinander installiert worden war, hatte vor zwei Tagen vor der Hitze kapituliert, und trotz Tonis sofortigem Anruf bei der Wartungsfirma in Hof hatte sich bis jetzt noch kein Mechaniker auf den Weg nach Waldstein gemacht.
    Toni setzte sich, wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Ich möcht bloß wissen, woher Charlie das ganze Geld hat! Der hat doch sein Leben lang immer nur auf den Feldern oder in der Spinnerei geackert, und dabei ist doch weiß Gott noch keiner reich geworden!«
    Willy zuckte mit den Schultern, die von welkem Pergament überzogenen Hände hielten das Glas. »Keine Ahnung, vielleicht hat er ’ne reiche Tante gehabt. Ist mir aber auch scheißegal, woher er die Kohle hat.«
    Das Quietschen von Bremsen ließ die beiden Männer den Blick zur Tür hin wenden. Der Polizeiwagen hielt direkt vor dem Lokal. Brackmann, ein großgewachsener, schlanker, asketischer Mann mit einem schmalen, durch breite Wangenknochen betonten Gesicht mit ehemals scharfen, wachen Augen, stieg aus. Er ging um den Wagen herum, blieb noch einen Augenblick stehen, warf einen schnellen Blick hinüber zum Rathaus, dessen Vorderfront von hohen, schattenspendenden Bäumen umrahmt war, zu seinem Bürotrakt, der klein, schmächtig, beinahe unscheinbar neben dem für Waldstein viel zu wuchtigen Rathaus stand. Er zog seine Hose gerade, nahm die Sonnenbrille ab, steckte sie in die Hemdtasche und betrat die Kneipe.
    »Tag«, sagte Toni.
    »Toni, Willy!« Brackmann nickte grüßend und setzte sich auf einen Hocker. »Diese elende Hitze! Ob das jemals wieder aufhört? Ich habe heute das Gefühl, als würde mein Blut gleich anfangen zu kochen. Der wievielte Sommer mit solcher Hitze ist das eigentlich?«
    »Der vierte hintereinander«, sagte Toni. »Kaffee?«
    »Bloß nichts Heißes! Orangensaft mit viel Eis.«
    Toni stellte den Orangensaft vor Brackmann. »Irgendwas los heute?« Eine Gewohnheitsfrage, die sich im Prinzip erübrigte.
    »In diesem Nest kannst du hundert Jahre alt werden, ohne daß auch nur das geringste passiert. Das ist so, seit ich hier bin, und daran wird sich voraussichtlich auch bis in alle Ewigkeit nichts ändern.«
    »Vielleicht ändert sich’s ja doch bald«, bemerkte Willy leise.
    »Aber nicht hier!« sagte Toni.
    »Da wäre ich mir nicht so sicher!«
    Toni und Brackmann wandten beide gleichzeitig den Blick in Willys Richtung, dessen merkwürdiger Tonfall sie aufhorchen ließ. »Wie bitte?« fragte Brackmann und kniff die Augen zusammen.
    »Es braut sich was zusammen.« Willy starrte versonnen auf sein Glas, ein kaum merkliches Lächeln umspielte seinen Mund.
    »Wie meinst du das?« fragte Toni.
    »Es braut sich was zusammen. Unheil, ich spür das. Merkt ihr denn nicht, daß die Luft heute anders ist als sonst? Sie ist schwer und geladen. Ich sag euch, es braut sich was zusammen.«
    Toni verdrehte die Augen, breitete die Arme theatralisch aus. »O ja, natürlich, ich merke es auch! Das Unheil ist förmlich zu riechen! Sie riechen es doch auch, oder?«
    Brackmann grinste nur müde, spielte mit seinem Glas.
    Willy blieb ganz ruhig. »Ihr glaubt, ich bin betrunken, was? Ihr denkt, der alte Säufer weiß eh nicht mehr, was er redet, stimmt’s?« Er nickte, den Blick nach unten gerichtet. »Hm, der alte Willy mag ein gottverdammter Säufer sein, trotzdem … ihr werdet’s schon sehen.«
    »Aber Willy«, meinte Toni freundschaftlich, beugte sich nach vorn und sah Willy von unten herauf an, »wenn du so sicher bist, dann verrat uns doch mal, wo das Unheil herkommen soll. Und wie sieht es aus?«
    »Woher soll ich das denn wissen?! Eben Unheil. EtwasBöses, etwas sehr, sehr Böses. Und jetzt laßt mich verdammt noch mal zufrieden!« Während Willy leise weitersprach, drehte er das leere Glas zwischen seinen Fingern.
    »Willy! Unheil, Böses! Meinst du nicht, du übertreibst ein bißchen? Ein bißchen sehr? Wenn ich nicht genau wüßte, daß du gerade mal deinen Namen schreiben kannst, würde ich sagen, du hast in letzter Zeit zu viele Horrorromane gelesen. Aber gut, gib uns wenigstens einen Tip, was es sein könnte«, forderte Toni.
    »Leck mich am Arsch!«
    »Kommen Sie«, sagte Brackmann und sah Willy jetzt von der Seite an, »wenn Sie schon solche vagen Andeutungen machen, dann haben wir auch das Recht, ein klein wenig mehr zu erfahren. Soll auch nicht umsonst sein. Ein großes kühles Bier!«
    Willys Miene hellte sich für Sekundenbruchteile auf, sein Tonfall wurde sofort versöhnlicher: »Weiß
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