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Der Feuergott der Marranen

Der Feuergott der Marranen

Titel: Der Feuergott der Marranen
Autoren: Alexander Wolkow
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zeigte, daß die Gesellschaft der
Menschen ihm unangenehm sei. Die Käuer zuckten mit den Schultern und ließen den
menschenscheuen Gärtner zufrieden. Urfin aber spann weiter seine rachgierigen
Träume.
Als er einmal um die Mittagszeit in seinem Garten grub, hörte er über sich ein wildes
Geschrei. Aufblickend gewahrte er im azurblauen Himmel drei Adler, die erbittert
miteinander kämpften. Zwei schlugen mit ihren Schnäbeln und Schwingen wild auf
einen dritten ein, der sich verzweifelt wehrte. Zuerst schienen die Adler nicht besonders
groß zu sein, aber als sie tiefer herabstiegen, erkannte Urfin, daß es ungeheuer große
Vögel waren.
Das Geschrei der Riesenvögel wurde, je mehr sie sich der Erde näherten, immer
durchdringender, Einer, offenbar schwer verwundet, denn seine Bewegungen wurden
immer langsamer, faltete plötzlich die Schwingen, überschlug sich mehrmals und
stürzte.
Mit einem dumpfen Aufschlag fiel der Vogel auf die kleine Wiese vor Urfins Haus.
Urfin näherte sich ihm zaudernd, denn der Vogel konnte, selbst wenn er tödlich verwundet war, mit einem einzigen Flügelschlag einen Mann umwerfen,
Aus der Nähe erkannte Urfin, daß es ein Vogel von gewaltigem Ausmaß war. Seine
ausgebreiteten Schwingen reichten von einem Ende der Wiese bis zum anderen, und das
waren immerhin an die 30 Schritt. Mit Staunen gewahrte Urfin, daß der Vogel noch
lebte. Sein Körper bebte kaum merklich, und in seinen Augen mischten sich Stolz und
Demut. Die zwei anderen Adler näherten sich in der offenkundigen Absicht, den Feind
völlig zu vernichten.
„Hilf mir!” wimmerte der Riesenvogel.
Urfin ergriff einen dicken Knüppel, der am Zaun lehnte, und schwang ihn drohend in
der Luft. Die Angreifer stiegen wieder in die Höhe und begannen um Urfins Garten
Kreise zu ziehen.
„Sie wollen mir den Garaus machen”, sagte der verwundete Adler. „Bitte, grabe ein
Loch neben mir aus und tu so, als wolltest du mich begraben. Meine Feinde werden
diesen Ort nicht eher verlassen, als bis sie sich überzeugt haben, daß ich verscharrt bin.
In der Dunkelheit werde ich mich in die Büsche schleppen und mich dort verbergen,
während du die Erde in die leere Grube schaufelst.” Nachts wurde die List ausgeführt.
Am Morgen kreisten die Riesenadler eine Zeitlang über dem leeren Grab, und als sich
nichts darin regte, flogen sie in nördlicher Richtung fort.
DIE GESCHICHTE KARFAX’
    Die Wunder des Zauberlandes sind so zahlreich, daß ein ganzes Menschenleben nicht
ausreichen würde, sie alle zu erzählen.
In einem abgelegenen Tal der Weltumspannenden Berge, in ihrem Norden, lebte ein
Stamm gigantischer Adler, zu dem Karfax, Urfins unerwarteter Gast, gehörte.
Als er sich von seinen Wunden erholt hatte, erzählte Karfax
„Unser Stamm lebt in den Weltumspannenden Bergen seit unvordenklichen Zeiten. Wir
sind nicht sehr zahlreich, denn wir ernähren uns nur von Wildziegen und Steinböcken,
die die Hänge und Schluchten bevölkern. Die Ziegen könnten sich vermehren und ein
sorgenfreies Leben führen, würden wir Adler sie nicht daran hindern.
Mit unserem scharfen Blick, unserer Kraft und Geschwindigkeit könnten wir alle
Ziegen und Steinböcke ausrotten. Doch wir tun es nicht, da wir wissen, daß wir dann
Hungers sterben müßten. Ein altes Gesetz befiehlt, daß die Zahl unsrer
Stammesgenossen 100 nicht überschreite.”
„Wie gelingt euch das?” fragte Urfin neugierig.
„Unser Gesetz ist in dieser Hinsicht sehr streng”, erwiderte Karfax. „Eine Adlerfamilie
darf nur dann ein Junges ausbrüten, wenn einer der alten Stammesangehörigen eines
natürlichen Todes stirbt oder bei einem Unfall umkommt, zum Beispiel, wenn er durch
Unvorsichtigkeit auf der Jagd an einem Felsen zerschellt.”
„Wer hat dann das Recht, den Ersatz für den Toten zu stellen?”
„Dieses Recht haben in strenger Reihenfolge alle Familien, die das Adlertal
bevölkern, Der Brauch, der viele Jahrhunderte lang genau befolgt wurde, ist aber
unlängst verletzt worden, und das brachte viel Unheil über uns. Wir leben sehr lange,
150 bis 200 Jahre, und deshalb kommt in unserem Tal längst nicht jedes Jahr ein
Junges zur Welt. Würdest du sehen, wie unsere Adlerfrauen das Junge hegen und
pflegen, wie sie sich streiten, wer es füttern oder unter seinen Fittichen wärmen soll!
Oft drängen sie sogar die eigene Mutter von dem Jungen ab. „Ja”, seufzte Karfax, „die
mütterlichen Gefühle unserer Frauen sind sehr stark, und das
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