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Der Falsche Krieg

Titel: Der Falsche Krieg
Autoren: Olivier Roy
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auf den Irak könnte die Amerikaner von jener Gefahr ablenken, die Israel immer mehr als die größte Bedrohung wahrnimmt: Das ist der Iran, und nicht mehr, wie noch 1948, 1967 und 1973, eine Koalition arabischer Staaten. Aus all diesen Gründen drängte Israel nicht auf einen Militärschlag gegen den Irak, war aber auch nicht dagegen. Im Übrigen fürchteten viele israelische Experten, eine amerikanische Militärintervention im Irak könnte einen möglichen Schlag gegen die atomaren Einrichtungen im Iran verhindern, sei es weil die Amerikaner sich im Irak verzettelten, sei es weil das Überleben ihres neuen Schützlings Irak die Neutralität des Iran verlangte. Das wurde klar gesehen, allerdings ist ein Schlag gegen den Iran weiter möglich und kann das Bild verändern. 6 Für Israel ist heute eindeutig der Iran die Hauptbedrohung, vor allem seit im Libanon die Hisbollah an der Macht beteiligt ist.
     
    Wie auch immer man über das Scheitern des Osloer Friedensprozesses denkt - dass er überhaupt in Gang kam, führte zusammen mit dem Zerfall der Sowjetunion
dazu, dass aus dem israelisch-arabischen Konflikt ein israelisch-palästinensischer Konflikt wurde. Die arabischen Staaten sind uneins, den islamistischen Protesten ausgeliefert und nach dem Ende der russischen Unterstützung nicht mehr in der Lage, von einer wie auch immer gearteten strategischen Parität mit Israel zu träumen. Jedes Land hat sich auf seine Weise mit Israel arrangiert, wobei der Bogen von herzlichem Einvernehmen im Falle Jordaniens über eine kühle Arbeitsbeziehung mit Ägypten und eine objektive Interessenkonvergenz mit Saudi-Arabien (gemeinsame Gegnerschaft zu Iran und Al Qaida) bis hin zu einem Modus vivendi mürrischer Nachbarn wie im Falle des syrischen Regimes reicht, dessen Zusammenbruch man gleichwohl fürchtet (denn davon würden die Islamisten profitieren).
    Die Verschlechterung der Beziehungen zwischen Israelis und Palästinensern, die im Jahr 2000 in die zweite Intifada mündete, hat verhindert, dass die große Vision der Anhänger des Osloer Friedensabkommens Wirklichkeit werden konnte: ein palästinensischer Staat in wirtschaftlicher Symbiose mit Israel. Ein solches Szenario hätte die Integration des hebräischen Staates in eine Art gemeinsamen Markt des Mittleren Ostens erlaubt mit der Folge, dass die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung die Ausbreitung von Nationalismen und Radikalismen verringert hätte. Aber durch das Scheitern von Oslo ist Israel mehr denn je vom »Greater Middle East« (GME, Großraum Mittlerer Osten) abgeschnitten. Der strategische Horizont Israels hat sich auf den
Blick aus einer Festung verengt, geschützt durch eine Mauer, gegenüber einem palästinensischen (und südlibanesischen) Glacis, das durch punktuelle Angriffe neutralisiert wird und wo sich allmählich Anarchie breitmacht. Letztere wird allerdings in Tel Aviv immer noch lieber gesehen als die Ordnung innerhalb eines Staates, in dem eine demokratisch legitimierte Hamas das Sagen hat.
    Der Irak war deshalb nicht die größte Sorge der Israelis. Sie beherrscht die Angst vor einem nahen Feind (einer möglichen Achse zwischen Hisbollah und Hamas), der von einem fernen Feind mit atomarem Potenzial unterstützt wird, dem Iran. Tel Aviv möchte, dass Amerika gegen den Iran etwas unternimmt, glaubt aber, es werde angesichts der Unwägbarkeiten der amerikanischen Politik in den nächsten Jahren auf sich allein gestellt sein. Das deutet im Kontext einer israelischen Führungskrise auf einseitige Vorstöße hin, was gewiss nicht zur Stabilisierung in der Region beitragen wird. Und tatsächlich hat der größere Spielraum, der Israel gewährt wurde, zur Verschlechterung der Situation geführt. Israel nimmt seine Sicherheit wichtiger als einen politischen Ausgleich und lässt zu, dass der Siedlungsbau ohne einen Gesamtplan weitergeht. Damit hat es die Autorität jeder amtierenden Palästinenserverwaltung systematisch ausgehöhlt und verhindert, dass Bedingungen entstehen konnten, in denen eine Palästinenserregierung stabil, glaubwürdig und zuverlässig hätte erscheinen können. So sahen sich die extremsten Elemente beider Lager bestätigt. Offiziell befürwortet die
Mehrheit des Israelis und der Palästinenser wie auch die internationale Gemeinschaft die Zwei-Staaten-Lösung, aber das Problem ist, dass die Situation vor Ort einen funktionsfähigen Palästinenserstaat unmöglich machen wird.
    Was hat letztlich den Ausschlag gegeben für die
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