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Der Falke von Aryn

Der Falke von Aryn

Titel: Der Falke von Aryn
Autoren: Richard Schwartz
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flog nun zu ihr herab. Um darüber zu jubilieren, dass er die gefunden hatte, über die er wachen sollte.
    Im letzten Moment verstand Lorentha die Gefahr. Nein, sandte sie dem Falken entgegen, nicht ich. Es gab nur diese eine Wahl. Er! Sie riss mit aller Kraft Raphanael nach oben, hielt ihn, schob ihren Arm unter den seinen, als sich scharfe Krallen in ihrer beider Arme bohrten.
    Doch den furchterfüllten Massen auf dem Platz bot sich ein anderes Bild: das von Lord Raphanael Manvare, dem Hüter, der den Kampf mit dem Hexenmeister aufgenommen hatte, um die Schwester vor ihm zu beschützen, der mühsam, von der Majorin gestützt, den Arm anhob, um den jubilierenden Falken herbeizurufen, der so den Erben wählte, den Aryn so lange hatte missen müssen.
    »Habt Ihr ihn eben für sie festgehalten?«, fragte Raban ungläubig, als sich Mort wieder zu ihm gesellte.
    »Ja«, sagte Mort knapp, wenn auch etwas Genugtuung in seiner Stimme mitschwang. »Es erschien mir angebracht.«
    »Sie hat es nicht einmal bemerkt!«, stellte Raban ungläubig fest.
    »Natürlich. Sonst hätte ich meine Aufgabe wohl auch kaum erfüllt«, meinte Mort ungerührt. »Komm mit. Es gibt noch etwas für uns zu tun.«
    Gemeinsam eilten sie zu dem anderen Verschwörer hin, der sich, noch ganz benommen von seinem Sturz, eben aufzurichten versuchte. Dort angekommen, forderte der Todeshändler seinen Lehrling auf, ihm zuzusehen.
    »Schau her«, befahl er Raban. »So wird das gemacht.« Er griff nach unten und zog mit einer Hand Lord Visal nach oben, der nicht ganz verstand, wo der große Mann soeben hergekommen war.
    »Hier.« Mort bewegte seine Hand, sodass Raban erkennen konnte, was er meinte. »Der Trick liegt im Winkel und im Handgelenk. Triffst du die Stirn ganz flach, verteilt sich der Schlag auf ganzer Breite und es wird keine verräterische Schwellung geben.«
    Raban nickte und lächelte Lord Visal an. »Wie geht der Schlag denn jetzt genau?«
    »So«, meinte Mort und schlug dem falschen Herzog mit der flachen Hand hart vor die Stirn. »Siehst du?«, fragte er. »Ganz genau getroffen.«
    »Ich habe es gesehen«, stimmte ihm sein Lehrling zu, und Mort ließ den Lordling los. Schwer fiel Visal auf den Boden und fing dort langsam an zu zucken.
    »Deshalb«, fuhr der alte Mann jetzt mahnend fort, »sollst du dir nicht auf die Stirn schlagen, wenn du deiner Dummheit gewahr wirst, triffst du falsch, oder genau richtig, kann dir das geschehen.«
    Raban sah, wie in den Augen Visals ein Verständnis aufkam, ein Begreifen, was ihm eben widerfahren war.
    »Ja«, sagte er dann, ohne den Blick von Visal abzuwenden. »Ich habe es verstanden. Dummheit kann manchmal tödlich enden.«

Die größte Lüge
    43  Die Nachricht von dem, was auf dem Tempelplatz geschehen war, ging wie ein laufendes Feuer durch die Stadt und erreichte dann auch andere Ohren. Graf Mergton nahm das Blatt entgegen, auf dem es geschrieben stand, und nickte höflich. »Danke, Soldat«, sagte er dann. »Nun geht und sagt dem Leutnant, dass er mir den Weg zum Hafen sichern soll.«
    Der Soldat salutierte, und der Graf schloss langsam die Tür. Er sah sich in seinem Amtsraum ein letztes Mal um, er würde ihn vermissen.
    »Tut mir leid, alter Freund«, meinte er zu Fellmar, der leblos in einer Ecke lag. »Ich wollte nie ein Verräter sein, es hat sich einfach so ergeben.«
    Nun, Fellmar sagte nichts dazu, Graf Mergton hatte es auch nicht erwartet. Nach all den Jahren musste Fellmar ausgerechnet jetzt darauf kommen, wer damals der Mörder gewesen war. Und all das nur, weil er für diesen jungen Soldaten das Arsenal geöffnet hatte. Dort, an der Wand, sicher aufbewahrt, hingen die zwei Radschlosspistolen, die Lorenthas Mutter ihm einst geschenkt hatte, nur dass die eine fehlte, die er mit zum Haus des Bankiers genommen hatte, um sie ihm in die Hand zu drücken. Was, wie er im letzten Moment erkannte, ein Fehler gewesen wäre, denn es gab noch immer jemand, der diese Waffe erkannt hätte. Also hatte er dem Bankier eine andere Waffe in die Hand gedrückt … und in all dem Trubel dann vergessen, seine Pistole an die Wand zurückzuhängen.
    Wie Fellmar ausgerechnet im letzten Moment auf die Wahrheit gekommen war, indem er dieses eine kleine Stückchen zu einem großen Bild zusammensetzte, verstand auch der Graf noch nicht zur Gänze, nur, dass sein alter Freund ihm vorwurfsvoll entgegengetreten war, um eine Erklärung von ihm zu fordern.
    »Wenn es etwas gibt, das ich bedauere, dann ist es das«,
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