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Der Falke von Aryn

Der Falke von Aryn

Titel: Der Falke von Aryn
Autoren: Richard Schwartz
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sagte der Graf zu seinem toten Sekretär. »Wie konntest du glauben, dass ich dich mit diesem Wissen leben lasse?«
    Er tupfte sich mit einem feinen Tuch den Schweiß von seiner Stirn. Dreißig Jahre, dachte er, und ich habe mich noch immer nicht an das Wetter gewöhnt.
    Ein geschickter Mann, dachte er, als er die Tür hinter sich zuzog und gelassen den langen Gang abschritt, plant für alles vor. Auch für das, was ihm andere versprachen und was dann nie geschehen wird. Wenn Visal noch lebte, konnte der sich nicht beschweren, er hatte ihn ja gewarnt. Was ihn selbst anging … der Graf zuckte mit den Schultern. Im Hafen lag ein Kurierschiff für ihn bereit, schneller als fast alle anderen Schiffe, die es gab. In wenigen Tagen würde er wieder in Augusta sein und einem aufgebrachten Kaiser erklären, dass er keine Wahl gehabt hätte. Was in gewissem Sinne ja auch so gewesen war.
    Die Kutsche wartete und brachte ihn zum Hafen, nichts unterbrach die Reise, und bevor er das Schiff betrat, wandte er sich an den Hauptmann seiner Garde.
    »Zieht euch hier im Hafen in die Garnison zurück«, befahl er. »Es ist schmählich, aber es ist geschehen, und es wurde schon genug gestorben.«
    Der Hauptmann nickte, es gab nur wenige Soldaten, die es übelnahmen, wenn man sie nicht in einen Kampf schickte, und sah zu, wie der Gouverneur das Schiff betrat, ein kleiner, rundlicher Mann, der zu sehr schwitzte.
    Da geht ein großer Mann mit Würde, dachte er und salutierte.
    In der Nacht darauf sah der Graf von seiner Lektüre auf, als ein dumpfer Schlag das Schiff erbeben ließ, gefolgt von dem Lärm trampelnder Stiefel auf Deck.
    Was ist denn jetzt, dachte er verärgert, legte sein Buch beiseite, stand auf und zog sich seine Weste gerade. In letzter Zeit hatte er selten genug Muße, um zu lesen, und war deshalb umso ungehaltener. Mussten sie ausgerechnet in diesem Moment seine Ruhe stören?
    Es klopfte an der Tür der Kapitänskabine, die man ihm so freundlich überlassen hatte.
    »Herein«, bat er und wollte schon fordernd fragen, was der Lärm auf dem Deck zu bedeuten hatte, als er den hageren Mann erkannte, der nun eintrat und sachte die Tür hinter sich verschloss.
    »Montagur«, begrüßte ihn Lorenthas Vater mit einem höflichen Nicken und wies mit dem Lauf seiner Pistole auf den Stuhl, den der Graf soeben erst verlassen hatte. Eine Pistole, die der Graf sehr wohl erkannte; er hatte sie in Fellmars Hand zurückgelassen, um ein letztes Mal eine falsche Spur zu legen. »Es ist eine Weile her. Dachtest du wahrhaftig, du kämest auch diesmal davon?«
    »Es war einen Versuch wert«, antwortete der Graf und setzte sich, wie angewiesen. Dort neben ihm auf dem anderen Sessel, halb von seinem Buch verdeckt, lag das Gegenstück zu der Waffe, die sein ungebetener Gast auf ihn gerichtet hielt. Der andere Teil eines Satzes kostbarer Pistolen, die ihm Evana damals zum Abschied geschenkt hatte, ganz ähnlich denen, die Lorentha heute trug.
    »Erkläre es mir«, sagte Karl Hagenbrecht. »Erkläre mir, wie du die Frau, die du angeblich so geliebt hast, erschießen konntest. Wie ist es dazu gekommen? Ich denke, ich kenne den größten Teil, aber ich will es aus deinem Mund hören.«
    »Es war nur ein Zufall«, sagte Mergton. »Sag, wie kommt es, dass du hier stehst? Der Kapitän versprach mir, es gäbe höchstens zwei Schiffe, die schneller wären als dieses.«
    »Ja«, nickte Hagenbrecht. »So ist es auch. Sie gehören beide mir. Ich hatte dir eine Frage gestellt?«
    »Sie kam zu mir, um das Archiv einzusehen, erzählte mir von einer Familienlegende, die damit zusammenhing. Ich half ihr aus, und sie stolperte über den Vertrag, der vorsah, dass Pladis Aryn nur für den Erben der Prinzessin verwalten sollte.«
    Hagenbrecht nickte. »Ich kenne die Legende. Weiter.«
    »Ich fragte, warum sie sich dafür derart interessierte. Sie lachte und erzählte mir davon, dass es angeblich einen Erben gegeben habe … eine Familienlegende, die niemand ernst nehmen würde, und dass dieser Legende zufolge sie die Krone zweier Reiche tragen müsste.«
    »Was sie dir nur erzählte, weil sie dir vertraute.«
    »Ja. Genau das«, gab Mergton peinlich berührt zu. »Es interessierte mich, und ich forschte nach und fand auch den Hinweis auf den Falken. Den echten. Und darauf, dass sie den Anspruch auf Aryn erheben könnte. Ich versprach, ihr dabei zu helfen, alles in die Wege zu leiten, und hätte dann für sie die Stadt verwaltet. Aber sie wollte nicht. All die
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