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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts
Autoren: Gillian Bradshaw
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versuchte, ihnen nicht in die Augen zu schauen.
    Dann durchbrach der Klang einer Harfe die Stille. Ich blickte auf, und Taliesin lächelte mich an. Dann neigte er seinen Kopf über sein Instrument, und die gleichen reinen, hohen Noten zogen sich wie ein silberner Faden durch die Luft. Es war CuChulainns Lied, hörte ich, und es war auch das Lied, das in Lughs Halle gesungen worden war. Es war das starke, klare Lied des Widerstandes, das sich über dem Aufruhr der Schlacht erhob. Der Regen fiel aus der Nacht hernieder und zischte auf den Kohlen des Feuers. Ich hörte der Musik zu, und zum erstenmal verstand ich sie.
    Das Lied gab mir die Kraft, die mich den nächsten Tag lang nicht verließ, als ich Ceincaled sattelte, um weiterzureiten. Die »Familie« drängte sich um mich herum und bat mich, nicht zu gehen. Gleichzeitig wünschten mir die Krieger eine gute Reise und gaben mir Geschenke. Artus sah zu. Sein Gesichtsausdruck war unergründlich. Ich hatte ein Packpferd, das ich mit Vorräten und Geschenken belud, die ich in eine Decke eingewickelt hatte. Es tat mir weh, die Krieger anzuschauen, und als ich den Packen auf das braune Packpferd schnallte, mich aufrichtete und das Leitseil nahm, schnürte sich mir die Kehle zu.
    In diesem Augenblick kam Gruffyd der Chirurg durch die Menge, und zu meiner Überraschung folgte ihm die Frau der vergangenen Nacht.
    »Ärzte kriegen wohl kein Lebewohl, was?« fragte er mich. »Oder hast du Angst, daß ich mir dein Bein ansehe und dir sage, du sollst dich noch eine Woche hinlegen?«
    Ich lächelte, ließ das Leitseil fallen, ging zu ihm hinüber und nahm seine Hand. »Selbst wenn du mir sagtest, ich soll mich hinlegen, ich würde trotzdem gehen.«
    »Und dein Bein wird dir den ganzen Weg bis zu den Ynysoedd Erch Ärger machen«, sagte er und nickte. »Na, dann spiel doch den Berserker, dann fühlst du’s nicht.« Er machte eine Pause und fügte dann mit leiser Stimme hinzu: »Warum gehst du eigentlich?«
    »Weil ich muß.«
    Die Frau, die die Krieger angestarrt hatte, sagte: »Großer Herr, ich habe nichts verstanden. Wenn ich gewußt hätte, wer du bist, dann hätte ich dich nicht angehalten.«
    Ich schaute sie neugierig an. Ich hoffte, daß sie nicht auch noch einen verwundeten Sohn hatte.
    Sie richtete sich auf. »Mein Clan ist arm, Fürst, aber wir haben Ehre. Wir lassen diejenigen, die uns eine Freundlichkeit erweisen, nicht ohne Dank abziehen und ohne einen Lohn.« Sie errötete. »Eine Bezahlung kann ich. würdest du nicht brauchen. Aber du hast meinen Dank, Gawain von den Ynysoedd Erch, und den Dank meines Clans.«
    »Aber ich konnte deinem Mann doch nicht helfen«, sagte ich sehr bewegt.
    Sie zuckte die Achseln, wischte sich die Augen und antwortete dann: »Du bist gekommen, und du hast es versucht. Das ist viel.«
    Gruffyd schaute von ihr zu mir hinüber. »Sie ist gerade hier angekommen und fragte nach einem dunklen Krieger, der hinkt. Einem Krieger, der einen roten Mantel trägt und einen weißen Hengst besitzt. Ich glaube, ich kann mich von letzter Nacht noch an sie erinnern - ist nicht ihr Mann.«
    »Er ist jetzt tot«, sagte ich.
    »Speer durch die Lungen«, sagte er. »Mir fällt’s jetzt wieder ein. Und du hast versucht, da zu helfen? Das war dumm. Selbst ich hätte da in einem solchen Fall nichts mehr ausrichten können.«
    »Sie hat es mir nicht gesagt. Und er hatte noch eine Chance.« Ich wandte mich der Frau zu. »Du ehrst mich allzusehr mit deinem Dank, gute Frau. Ich habe nichts getan, und dein Mann ist gestorben.«
    Sie zuckte noch einmal die Achseln und zwinkerte schnell. »Du bist gekommen«, wiederholte sie ruhig. »Ich segne deine Straße, Fürst.« Sie machte verlegen einen Knicks und drehte sich um. Sie zwinkerte noch immer die Tränen zurück. Dann ging sie durch die Menge der Krieger hindurch, ohne sich umzudrehen, und begann ihre lange Wanderung nach Hause.
    »Was war denn das?« fragte Agravain.
    »Du hast es doch gehört.«
    »Sonst nichts? Eine bettelarme Bauersfrau und ein Bauer, der schon so gut wie tot war?«
    »Sie ist eine ehrbare Frau«, sagte Artus scharf. »Sie ist meilenweit gewandert, in ein bewaffnetes Lager hinein, um sich für einen Heilversuch zu bedanken. Sie ist eine edle, tapfere Frau!«
    Agravain starrte ihn überrascht an. »Herr?« Und dann vergaß er die Frau völlig. »Gawain, ich verstehe das nicht, aber. bei der Sonne.« Er wandte den Blick ab. »Paß gut auf dich auf, mein Bruder. Slan lead.«
    »Gott sei mit dir«,
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