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Absolut WILD 3

Absolut WILD 3

Titel: Absolut WILD 3
Autoren: L Courtenay
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1
    Horoskope und Teleskope
    Der bengalische Tiger Sindbad brüllte so laut beim Frühstück, dass unsere Küchenfenster rappelten.
    Die Geräusche im Safari-Park Wild World , der seit einer Woche vor Weihnachten unser neues Zuhause war, waren immer noch ungewohnt für uns. Und ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass wir uns jemals an sie gewöhnen würden, was total okay für mich war. Ich nahm am Küchentisch eine – wie ich hoffte – lässige »Ich höre jeden Tag Tigergebrüll«-Pose ein und las Zeitung.
    »Reich mal rüber, Dummi!«
    Ich schaute auf. Meine Zwillingsschwester Tori sah mich ungeduldig an.
    »Ich bin noch nicht mit unserem Horoskop fertig«, erwiderte ich. Hatte sie gerade wirklich Dummi gesagt? »Hör zu: Machen Sie sich darauf gefasst, dass schon bald alle Scheinwerfer auf Sie gerichtet sein werden, denn Ihre Zeit im Rampenlicht ist gekommen! Was hat das wohl zu bedeuten?«
    Tori setzte ihr nachdenkliches Gesicht auf. Es sieht genauso aus wie mein nachdenkliches Gesicht, weil wir eineiige Zwillinge sind, nur denkt Tori tatsächlich nach, wenn sie es macht. Ich setze es eigentlich nur auf, wenn ich in der Schule einen cleveren Eindruck machen will, nachdem der Lehrer mir eine Frage gestellt hat. Damit verberge ich immer, dass ich in Panik bin wie eine Wespe, die in einem klebrigen Marmeladenglas gefangen ist.
    Tori schlug auf den Tisch. »Ich hab’s!«
    Ich beugte mich gespannt vor, weil ich dachte, meine Schwester hätte einen ihrer seltenen wirklich schlauen Geistesblitze gehabt. Ich war echt ein Dummi.
    »Es bedeutet«, sagte Tori, »dass wir heute Nachmittag einen Zahnarzttermin haben. Und der Zahnarzt wird dir mit seiner kleinen Lampe in deine große Klappe leuchten und …«
    »Ach, sei doch still, du Nerd«, sagte ich. Tori hat keine Ahnung von Horoskopen. Von Tele skopen schon. Von Stetho skopen auch. Aber nicht von Horoskopen.
    »Tori, querida , mach dich nicht lustig über Taya«, sagte Mama. Sie stand mit einer Flasche Babymilch in der Hand am Spülbecken und klang ziemlich müde. »Und Taya, lass dich nicht immer so von deiner Schwester ärgern!«
    Jemand, der nicht weiß, dass Mama Tierpflegerin ist, hätte in diesem Moment glatt gedacht, sie hätte einen fetten Vollbart. Sie hatte nämlich ein Schimpansenbaby auf dem Arm, das einen schmuddeligen Teddy umklammert hielt und seinen Kopf an ihr Kinn schmiegte. Und sein Fell hatte die gleiche Farbe wie Mamas lange braune Haare.
    Tori riss mir die Zeitung aus den Händen.
    »Wozu willst du sie überhaupt haben?«, knurrte ich und versuchte, sie mir zurückzuholen.
    »Ich will den Artikel über den Film lesen, der in Harting Park gedreht wird.«
    Mir wäre fast die Kinnlade ins Müsli gefallen. Harting Park war nur acht Kilometer entfernt von Fernleigh, wo wir wohnten, und dort wurde ein Film gedreht? Ein echter Film mit Kostümen und Scheinwerfern und Kameras und so? Bedeutete das etwa, dass Filmstars in unserer Gegend waren? Würde ich beim Einkaufen jemand Berühmtem begegnen? Wieso hatte ich noch nichts davon gehört? Diese Gedanken rasten durch meinen Kopf wie eine Herde Gnus, die zu dem Teil des Flusses mit den wenigsten Krokodilen unterwegs ist.
    »Woher weißt du davon?«, fragte ich.
    Tori zuckte mit den Schultern. »Weiß doch jeder.«
    Jeder außer mir offensichtlich. Ich tat aber so, als wüsste ich Bescheid. »Na ja«, sagte ich so cool, wie ich konnte, »aber du bist nicht gerade dafür bekannt, dass du weißt, was aktuell in der Populärkultur abgeht, nicht wahr, Tor?«
    »Das hier ist etwas ganz anderes«, entgegnete Tori. »Das ist Kunst . Der Regisseur ist immerhin Pavlov Valkyrie!«
    »Hmmm«, machte ich. Wer?
    Als Mama das Milchfläschchen aus der Mikrowelle nahm, fing Opi – so hieß unser kleiner Schimpanse – an zu kreischen, löste sich von ihrem Kinn und griff gierig danach. Dabei ließ er seinen Teddy fallen, den Hasi, unser alter Golden Retriever, gleich interessiert beschnupperte.
    »Du weißt schon«, sagte Tori und hob ihre Stimme etwas, weil Opi beim Trinken so laut schmatzte. »Der König aller Pedanten! Bei dem immer alles bis ins letzte Detail stimmen muss, sonst bekommt er einen Wutanfall und faltet die Leute gnadenlos zusammen. Komm schon, Taya, selbst du musst schon von ihm gehört haben.«
    »Natürlich«, sagte ich, obwohl ich nicht klüger war als vorher. »Pavlov Val… wie du gerade sagtest. Ist doch logo.«
    »Taya, du bist so ein Hohlkopf!« Tori warf ihren langen braunen Zopf nach hinten
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