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Der Ewige Widersacher

Der Ewige Widersacher

Titel: Der Ewige Widersacher
Autoren: Vampira VA
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bräuchte.«
    »Was bräuchte es, um dir zu helfen?«
    Judas sah mich an. Sein Gesicht lag im Dämmer, aber seine Augen glänzten, als stünden ihm Tränen darin.
    »Geld«, brachte er endlich heiser hervor. Er schluckte, doch das Sprechen wurde ihm dadurch nicht leichter: »Viel Geld bräuchte ich.«
    »Wozu?« wollte ich wissen. Ich ahnte es schon, und Judas' Antwort bestätigte meinen Verdacht.
    »Ich habe gespielt - und verloren.«
    Ich wußte um seine Lust am Risiko, bisweilen auch an der Gefahr, und der Nazarener selbst hatte ihm ein ums andere Mal zugeredet, sich zu mäßigen und zurückzuhalten: Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um, hatte er gesagt.
    Aber Judas war unbelehrbar gewesen in dieser Hinsicht.
    Ich lächelte still. »Vielleicht kann ich dir helfen?« meinte ich.
    »Du, Bartholomäus?« Judas lachte freudlos auf. »Wie solltest du? Bist doch selbst so arm wie jeder von uns Zwölfen -«
    »Das glaubst du.« Meine Hand fuhr unter mein Gewand, und helles Klimpern von Metall ertönte leise.
    »Was hast du da?« fragte Judas. In seine Augen trat ein anderer Glanz, nicht der von Tränen, sondern jenes Funkeln, das ich von ihm kannte, wenn Wagemut und Tollkühnheit in ihm erwachten.
    »Etwas, das dir helfen wird, wenn -«, den Rest meiner Worte ließ ich unausgesprochen, um Judas noch zu reizen.
    »Wenn?« Sein Blick hing an der Stelle meines Gewandes, wo ich meine Hand verborgen hielt. Seine Stimme klang rauh.
    »- du mir im Gegenzug versprichst, etwas zu tun, das ich von dir verlange.«
    »Was soll ich tun?« fragte er ohne Zögern.
    Ich verriet ihm, was geschehen würde (und tat, als vermutete ich diese Ereignisse nur), und was er sodann zu tun hätte.
    »Du bist von Sinnen!« entfuhr es ihm. »Das ... das kann ich nicht tun!«
    »Wie du meinst«, erwiderte ich leichthin, und das Klirren der Münzen verstummte wie abgeschnitten.
    Judas leckte sich die Lippen.
    »Zeig sie mir«, verlangte er heiser. »Zeig mir die Münzen.«
    Ich streckte ihm die leere Hand hin. »Schlag erst ein, und sie sollen dein sein.«
    Er starrte meine Hand an wie ein Tier, das ihn mit Zähnen und Giftstachel bedrohte.
    »Wir werden nicht ändern, was geschehen wird«, versuchte ich ihn weiter, »ganz gleich, was wir tun. Im Grunde lädst du dir also keine Schuld auf, wenn du tust, was ich verlange.«
    »Warum willst du, daß ich das tun soll?«
    Ich hob belehrend den Finger. »Auch das soll noch Teil unseres Handels sein: keine Fragen!« Wieder ließ ich das lockende Geräusch erklingen.
    Judas holte tief Atem - und schlug endlich ein! So fest umschloß seine Hand die meine, als wolle er mir die Knochen brechen. Doch ich lächelte nur.
    Dann reichte ich ihm den ledernen Beutel. Er öffnete ihn mit fliegenden Fingern und sah hinein.
    Ein Keuchen floh ihm von den Lippen, und seine Augen weiteten sich. »Das sind -«
    »- dreißig Silberlinge«, sagte ich. »Du brauchst sie nicht zu zählen. Ich hoffe, das ist genug, um deine Schulden zu zahlen.«
    »Mehr als genug!«
    Ich erhob mich, als ich in der Ferne Schritte in großer Zahl vernahm. Sie wurden lauter.
    Sie kamen, um ihn zu holen .
    Ich ging zurück zum Haus. Über die Schulter rief ich Judas Iskariot noch etwas zu. »Du weißt, wo du uns finden wirst. Vergiß es nicht.«
    Ich ahnte sein Kopfschütteln nur. Deutlich hörte ich das Klimpern der Silbermünzen. Es würde in seinen Ohren klingen bis zu seinem bitteren Ende .
    *
    Ich trat so stürmisch in das Haus des Josef von Arimathia, daß alle Blicke sich auf mich richteten. In die weichen Züge des Bartholomäus zwang ich nackte Furcht, meine Augen waren die eines gehetzten Tieres.
    »Was ist mit dir?« Der Nazarener erhob sich, und die anderen taten es ihm nach. Ihre Stühle fielen polternd hintenüber, und der Kelch, aus dem wir zuvor, der Passatradition folgend, gemeinsam getrunken hatten, rollte vom Tisch.
    »Sie kommen«, schnaufte ich, Anstrengung und Angst vorgaukelnd.
    »Wer?« schallte es mir entgegen.
    »Die Soldaten!« rief ich. »Sie wollen dich gefangennehmen, Herr! Rasch, laß uns fliehen!«
    Der Nazarener sah mich ruhig an. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Nein«, sagte er. »Sollen sie mich mitnehmen. Ich bin mir keiner Schuld bewußt.«
    »Unsinn!« beharrte ich. »Sie werden nicht nach deiner Schuld fragen, und sie werden es nicht dabei belassen, dich einzusperren. Die Stadt schreit nach deinem Blut, Herr!« Ich trat zu ihm und packte ihn am Arm. In den Augen der anderen las ich Zustimmung. »Nun komm!«
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