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Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede

Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede

Titel: Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede
Autoren: Joe Haldeman
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Sie waren voll von unerklärlich jungen Grünschnäbeln.
    Harvard war immer noch Harvard. Die Kuppel war immer noch undicht, und die Leute vermieden es betont, einen Schwarzen in Uniform anzustarren.
    Er ging eine Meile zu Fuß durch den Schneeregen zu seinem Lieblings-Pub, dem altehrwürdigen Plough and Stars, aber es war mit einem Vorhängeschloss versehen, und auf einer Karte, die innen an der Scheibe klebte, stand BAHAMAS! Also stapfte er mit eiskalten Füßen zurück durch den Matsch, mit den beiden festen Vorsätzen, sich die Nase zu begießen und nicht auszurasten.
    Es gab ein nach John Harvard benanntes Lokal, das neun Haussorten Bier vertrieb. Er probierte sie der Reihe nach durch, mit einer ordentlichen Strichliste auf dem Filzuntersetzer, und wankte anschließend in ein Taxi, das ihn am Flughafen auslud. Nach sechs Stunden zwischen Wachen und Schlafen, in denen er dem Sonnenaufgang quer durch das Land folgte, nahm er seinen Kater mit in den Sonntagmorgen von Houston.
    In seiner Wohnung angelangt, machte er sich eine Kanne Kaffee und ging dann den Berg von Post und Memos an, der sich in der Zwischenzeit angesammelt hatte. Das meiste war Schrott für den Papierkorb. Ein lesenswerter Brief von seinem Vater, der gerade mit seiner Neuen Urlaub in Montana machte – eine Frau, die Julian nicht ausstehen konnte. Seine Mutter hatte zweimal wegen Geld angerufen, dann aber Entwarnung gegeben. Beide Brüder wollten Näheres über die Hinrichtung wissen; sie verfolgten seine ›Karriere‹ einigermaßen mit und wussten, dass die überfallene junge Frau seiner Einheit angehört hatte.
    Dazu kam das übliche Geriesel an belanglosen rosa Mitteilungen aus der Fakultät, die er zumindest überfliegen musste. Er ging das Protokoll der Monatskonferenz durch, für den Fall, dass ausnahmsweise einmal etwas Wichtiges auf der Tagesordnung stehen sollte. Er versäumte die Besprechung grundsätzlich, da er vom zehnten bis zum neunzehnten jeden Monats Dienst hatte. Das konnte seiner Laufbahn aber nur dann schaden, falls das eine oder andere Fakultätsmitglied meinte, ihn beneiden zu müssen.
    Und dann war da noch ein persönlich eingeworfener Umschlag, ein kleines Quadrat unter den Memos, das nur ein großes ›J‹ als Adresse und eine rote Flamme als Absender-Stempel trug. Er fischte ihn aus dem Gewirr der rosa Notizen und riss ihn auf. Der Brief kam von Blaze oder Amelia, wie Julian sie nennen durfte. Sie war seine Ex-Betreuerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Vertraute und Bettgespielin. Er sagte nicht gern ›Geliebte‹ oder ›Lebensgefährtin‹, weil das irgendwie komisch klang. Amelia war fünfzehn Jahre älter als er. Kaum jünger als die neue Frau seines Vaters.
    Der Brief enthielt ein paar Neuigkeiten über das Jupiter-Projekt, das Teilchenphysik-Experiment, mit dem sie zur Zeit befasst waren, darunter einiges an saftigem Klatsch über den gemeinsamen Boss, was den versiegelten Umschlag aber nur teilweise erklärte. »Schau sofort bei mir vorbei, egal um welche Zeit du heimkommst«, schrieb sie. »Weck mich oder zerre mich mit Gewalt aus dem Labor! Ich habe brutale Sehnsucht nach dir! Soll ich es dir beweisen?«
    Eigentlich hatte er erst mal ein paar Stunden schlafen wollen. Aber das konnte er hinterher immer noch tun. Julian ordnete die Post in drei Stapel und warf einen davon in den Recycler. Dann begann er ihre Nummer zu wählen, überlegte es sich jedoch anders und schob das Telefon beiseite. Er zog sich warm an, denn der Morgen war frisch, und ging nach unten, um sein Fahrrad zu holen.
    Der Campus war verlassen und wunderschön. Judasbäume und Azaleen blühten rot unter dem stahlblauen texanischen Himmel. Er trat langsam in die Pedale, entspannte sich und kehrte zurück in das richtige Leben oder seine tröstliche Illusion. Je länger er in Kontakt mit der Gruppe verbrachte, desto schwerer fiel es ihm, diese friedliche, eingeschränkte Perspektive als das wahre Leben zu betrachten und nicht mehr das Tier mit den zwanzig Armen, der Gott mit den zehn Herzen zu sein.
    Wenigstens menstruierte er nicht mehr.
    Das Türschloss ihrer Wohnung registrierte seinen Daumenabdruck und ließ ihn ein. Amelia stand an diesem Samstagmorgen um neun tatsächlich bereits unter der Dusche. Julian entschied sich dagegen, sie dort zu überraschen. Duschen waren gefährliche Lokalitäten – er war mal in einer ausgerutscht, als er ungeschickt mit einer ebenso ungeschickten Mitschülerin Erfahrungen zu sammeln versuchte, und hatte sich
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