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Der erste Tod der Cass McBride

Der erste Tod der Cass McBride

Titel: Der erste Tod der Cass McBride
Autoren: Gail Giles
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besteht...«
    »Ich verstehe«, fiel ihm Ted ins Wort. Er nahm seine Wanderung wieder auf. »Natürlich. Aber ich kann Ihnen gleich sagen: reine Zeitverschwendung.«
    Ben nickte. »Wahrscheinlich. Aber, apropos Zeitverschwendung ... würde es Ihnen etwas ausmachen, sich an einen Lügendetektor anschließen zu lassen? Auch wenn Sie für mich persönlich nicht zu den Verdächtigen zählen.«
    Ted machte eine ungeduldige Handbewegung. »Schon gut, kein Problem. Aber selbst wenn ich schuldig wäre, könnte ich mich an ihren Elektroden vorbeireden. Cass könnte das auch. Wir wissen, wie das geht.«

 
KYLE
    Die Dunkelheit half mir, mich ein wenig zu beruhigen, aber vor allem die Stille - man kann nur verstehen, wie herrlich sich Stille anhört, wenn man sie nie hatte. Oder wie es sich anfühlt, mit einem anderen Menschen zu reden, wenn normalerweise jemand anderes auf dich einredet. Immer wieder auf dich einredet.
    »Fliegst du auch manchmal im Traum?«, fragte Da vid.
    »Ich denke, die meisten Leute haben solche Träume. Also, ja, ich auch.«
    Wir waren im Park und ich saß auf einer Bank und las Ignaz oder die Verschwörung der Idioten. »Kannst du dich nicht wie ein normaler Mensch hin setzen?«
    »Ich bin nicht normal. Nicht mal annähernd. Frag sie.« Davids Füße lagen auf der Banklehne und sei nen Kopf ließ er über die Kante der Sitzfläche hängen. »Außerdem betrachte ich gern die Dinge verkehrt herum.«
    »Tu dir keinen Zwang an, Bruder.«
    »Ich weiß, warum ich im Traum fliege.«
    Ich seufzte und klappte mein Buch zu. Ich war zwar wegen der Ruhe in den Park gekommen, aber David hatte so selten Gelegenheit, sich zu unterhal ten. »Erzähl’s mir.«
    »Nee.«
    »Oh Mann!« Manchmal war er ein Schwachkopf.
    David verfiel in einen Freud-ähnlichen Tonfall. Als ob er irgendwas über Freud wüsste. »Die Antwort findet sich hier. Genau hier in diesem Park. Sie müs sen nur die Augen öffnen.« Er sprach wieder normal: »Und dann weißt du, warum meine Träume vom Fliegen immer Albträume sind.«
    Ich blickte mich um. Kinder spielten miteinander. Mütter sahen ihnen dabei zu. Hunde spielten mit äl teren Kindern oder Erwachsenen. Kleine Kinder in Sandkästen.
    »Ich weiß nicht ...« Doch dann sah ich, was er meinte. Ein kleines Kind flog. Flog geradewegs in den Himmel. Der kleine Junge hatte im Sandkasten mit Eimer und Schaufel gespielt, den Eimer mit Sand ge füllt und ausgeleert und beim Ausleeren hatte er sich den Sand in die Schuhe gekippt. Anschließend hatte er den Eimer erneut gefüllt und über seinem Kopf ge leert.
    Sie stieß auf ihn herab wie ein Geier, packte ihn mit einer Hand am Hinterteil mit der anderen um fasste sie seine Brust. »Hör sofort auf damit! Wenn du nicht anständig spielen kannst, dann spielst du eben nicht mehr.«
    Und dann hob er ab. Gerade noch steckte er mit den Schuhen im Sand und schon wurde er hochgerissen und flog davon. Seine Füße baumelten über dem Gras, und ohne etwas tun zu können, sauste er durch die Luft, mit dem Wind im Gesicht, bis er rittlings auf ihrer Hüfte landete, mit ihrer Stimme im Ohr, in der Strafzone.
    Natürlich wusste ich, warum Davids Träume vom Fliegen Albträume waren. Und ich wusste, dass diese Stimme nicht nur in seinen Träumen auftauchte. Sie folgte ihm überallhin.
    Die Tür öffnete sich und flackernd ging das Licht an.
    Der große Cop stand vor mir, stützte sich mit den Fäusten auf den Tisch und beugte sich mit gestreckten Armen zu mir hinunter. Sein Tonfall war freundlich. Gütig. Und bestimmt. »Kyle, ich denke, du musst dir hier selbst helfen. Hoffe darauf, dass das Mädchen es schafft, und sprich weiter mit uns.«

CASS
    Er war weg. Aus irgendeinem Grund war ich mir sicher, dass er nicht nur so tat, als sei er gegangen. Dass er nicht ein paar Schritte entfernt wartete und lauschte und meine Schreie genoss.
    Und ich schrie. Schrie mir die Kehle wund. Zunächst Worte. Ich bin hier. Hilfe! Dann nur noch Hilfe. Und schließlich gab ich nur noch alle möglichen abgerissenen Geräusche und Laute von mir, wütende, panische, primitive Laute und letztlich - das waren die schlimmsten - hoffnungslose.
    Ich prügelte, kickte, hämmerte und schlug. Meine Haut zerschrammte und platzte auf. Ich brach mir einen Finger. Der Schmerz tat gut. Er verdrängte die Angst ein wenig. Als eine Ecke der Kiste meinen hartnäckigen Tritten den Bruchteil eines Zentimeters nachgab, erstarrte ich.
    Die Kiste war Gefängnis und Schutz zugleich. Sie hielt das
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