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Der erpresste Erpresser

Der erpresste Erpresser

Titel: Der erpresste Erpresser
Autoren: Stefan Wolf
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abgestellt und nahm
seinem dicken Freund das Portemonnaie aus der Hand. Es fühlte sich etwas
klebrig an, hatte nämlich was abgekriegt vom zerlaufenden Eis. Tim nahm drei
Zwanziger und vier Zehner raus.
    Der Mann redete unentwegt weiter — über
die Entwertung des Geldes und darüber, daß es leichter sei, einen Hunderter
auszugeben, als ihn zu verdienen.
    „Wir sind keine Finanz- oder
Währungs-Experten“, stoppte Tim den Redefluß und hielt ihm das Wechselgeld hin.
„Bitte!“ Der Mann gab ihm den Hunderter.
    Tim starrte darauf.
    Augenblicklich zog er das Wechselgeld
zurück.
    „Was haben Sie denn da?“
    „Wie bitte?“
    Tim hielt den Geldschein ins
Sonnenlicht. „Der fühlt sich ja an wie Butterbrot-Papier. Und dieses Blau! Das
ist doch nicht das Blau eines Hunderters! So blau ist höchstens die Adria, wenn
mal die Algen wegbleiben. Und der Mann mit der Kappe! Wie sieht der aus! Der
schielt.“
    „Was? Was ist?“
    „Sehen Sie selbst!“
    Tim gab ihm den Schein zurück, nahm
einen Hunderter aus Klößchens Portemonnaie und hielt ihn daneben zum Vergleich.
    „Wenn der echt ist, Meister, bin ich
Don Quichotte und mein Freund ist Sancho Pansa.“
    „Häh?“
    „Schon gut“, sagte Tim. „Will sagen:
Sie haben sich Falschgeld andrehen lassen.“
    „Un... unmöglich!“
    „Dieser Schein ist gefälscht. Das sieht
doch ein Blinder. Überlegen Sie, woher Sie den haben! Falschgeld in Umlauf zu
bringen, ist nämlich höchst strafbar. Wer hat Sie angeschmiert? Überhaupt —
haben Sie noch mehr von der Sorte?“
    „Da... da muß ich nachsehen.“
    Der Mann griff zur linken Brusttasche
seines eleganten Sommerjacketts, zog aber sofort die Hand zurück, als würde
eine Mausefalle zuschnappen. Die Brieftasche steckte rechts.
    Während er sie herausnahm, wandte er
sich von Tim ab und Klößchen zu. Der hatte die Zunge weit herausgefahren und
schleckte vom triefenden Eis.
    Tim konnte nicht in die Brieftasche
luchsen, als der Mann sein Bargeld überprüfte: offenbar Halbtausender und
Tausender.
    „Nö“, knurrte er. „Kein weiterer
Hunderter. Verdammt!“
    „Was ist nun?“ rief der Taxi-Fahrer.
    „Gleich, gleich.“ Ärger - oder war’s
Wut? — breitete sich aus auf dem Fahrgast-Gesicht.
    Tim griff nach dem gefälschten
Hunderter. Knurrend wie ein Hofhund am Knochen, zuckte der Mann zurück.
    „Ich will ihn nur nochmal sehen“, sagte
Tim. „Wird einem ja auch nicht alle Tage geboten.“
    Er prägte sich Einzelheiten ein. Serie
NL 0632946 T — angeblich gedruckt am 2. Februar 1980, also kein frischer
Lappen. Doch abgegriffen war er so wenig wie ein Familienfoto im goldenen
Rahmen.
    „Keine Ahnung, woher ich den habe“,
sagte der Mann.
    „Ihr Pech.“ Tim musterte ihn, während
er sprach. „Dort in der zweiten Querstraße links ist ein Polizei-Revier.“ Der Typ
war vielleicht 40 oder älter, groß, knochig, elegant. Graugrüne, engstehende
Augen, mageres Gesicht, ein bißchen geierig.
    „Den Schein müssen Sie abgeben. Noch
besser, Sie fahren gleich zum Präsidium und wenden sich an Kommissar Glockner.
Mit ‘nem Gruß von uns: Tim und Willi. Ja?“
    Die dichten, schwarzen Brauen des
Mannes berührten sich über der höckrigen Nase.
    „Vielleicht ist noch mehr Falschgeld im
Umlauf“, sagte Tim.
    „Da bleibt mir wohl nichts anderes
übrig“, knurrte der Typ. Offenbar befürchtete er Scherereien. „Präsidium? Also
gut. Glockner, ja?“
    Tim bestätigte.
    „Zweiter Stock, Zimmer... äh...
vergessen“, meinte Klößchen. Seine Stimme klang schoko-sahnig gekühlt.
    Der elegante Geier-Typ stieg wieder ins
Taxi.
    „Zum Polizei-Präsidium“, hörte Tim ihn zum
Fahrer sagen, der schon hinterm Lenkrad klemmte. „Hoffentlich kriege ich nicht
nur ‘ne Quittung. Sondern Ersatz für den Hunderter.“
    Kein Wort zu den Jungs. Kein Blick.
    Das Taxi fädelte sich ein in den
Verkehrsstrom.
    NL 0632946 T, wiederholte Tim in Gedanken.
    Dann fiel ihm ein, daß es
empfehlenswert sei, auch die Zulassungsnummer des Taxis einzugeben in die
grauen Zellen.
    Zu spät. Er sah zwar noch... UH 1...
aber nicht den Rest des Kennzeichens. Immerhin war das Taxi von hier.
    „Ich weiß, was du denkst“, sagte
Klößchen. „Eine Falschgeldwelle schwappt über die Stadt. Fälscher am Werk. Die
deutsche Währung in Gefahr. Unabsehbare Folgen für die europäische Gemeinschaft
und den Welthandel. Kurzum: Ein Fall für TKKG.“
    „Bleib auf dem Teppich!“ lachte Tim.
„Die Blüte ist so schlecht — die kann man nur bei
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