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Der erpresste Erpresser

Der erpresste Erpresser

Titel: Der erpresste Erpresser
Autoren: Stefan Wolf
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zusammen auf seinem Rennrad,
als hätte ihm sein Gewissen eins übergezogen — innerlich mit der Peitsche.
    „Hast recht, Willi! Es ist ohnehin
gleich soweit.“
    Der Quappen-Brunnen liegt zwischen
einem seuchenfreien Kinderspielplatz und der Rückseite des fünfstöckigen
Bommel-Blocks, erbaut von dem Architekten Bernd Bommel, der in allen seinen
stein-gewordenen Kulturdenkmälern die Girlanden-Form einbrachte. Balkone und
Fenster waren girlandenförmig angeordnet — bisweilen auch die Fußböden. Im
Auftrag der Stadt hatte er zahlreiche öffentliche Gebäude erbaut — Schulen,
Ämter, Verwaltungs-Büro-Waben, auch die Kleine Kongreßhalle — hatte insgesamt
34 Millionen Steuergelder verbaut, bis man draufkam, daß er nicht ganz bei
Sinnen war.
    Bommel verschwand dann über Nacht.
    In einer Nervenheil-Anstalt, hieß es,
sei er dauerhaft untergebracht, und zwar in der geschlossenen Abteilung; er
beschäftige sich dort ausschließlich und glücklich mit Knetmasse.
    Selbstverständlich knete er Häuser und
bleibe seinem Girlandenstil treu.
    Gaby saß auf dem Brunnenrand, baumelte
mit den Beinen aus dem Jeans-Rock heraus und fütterte Oskar mit kleinen
Schmatzfein-Kringeln.
    Der schwarzweiße Cocker-Spaniel saß vor
ihr und machte Männchen, war aber angeleint.
    Computer-Karl hatte eine kleine Kamera
vor der Nickelbrille und fotografierte die Hundefütterung von allen Seiten.

    Tim pfiff, und Oskars Kopf ruckte herum.
    Gaby, die ja am anderen Ende der Leine
war, wurde vom Brunnenrand gerissen. Tim bereute seinen Pfiff.
    Zu spät! Oskar stürmte los auf seinen
großen Freund. Gaby stolperte hinterher und zog endlich die Hand aus der
Halteschlaufe.
    Tim konnte gerade noch vom Rad runter,
bevor Oskar ihm gegen die Brust sprang. Riesenfreude, natürlich auf beiden
Seiten. Dann wurde auch Klößchen begrüßt.
    „Das nächste Mal“, sagte Gaby streng,
„guckst du erst und pfeifst dann, ja! Ich war in einer wackligen Position. Und
die Schmatz-fein-Tüte liegt jetzt im Brunnen.“
    Tim küßte seine Freundin auf die Wange.
„Entschuldigung. Hast du dir weh getan?“
    „Dann würde ich jetzt nicht mit dir
reden.“
    Karl verstaute seine Kamera in einer
Gürteltasche.
    Auch Gaby hatte Gepäck, eine
Umgängetasche, die ihr am langen Riemen von der Schulter baumelte. Die
Tretmühlen lehnten am Brunnen.
    „Wo hast du denn die Kopfhörer?“ fragte
Karl seinen Freund Willi.
    „Ob ich die jemals kriege“, seufzte das
dicke TKKG-Mitglied. „Ohne fachliche Beratung weiß ich nicht, was ich kaufen
soll. Und Markus ist wahrscheinlich tot, umgebracht von seinem Stiefvater.“
    „Waaaaas?“ Gabys Blauaugen wurden so
groß, daß sie gegen den Stirnpony pusten mußte, damit der nicht die Sicht
behinderte.
    „Hört nicht auf ihn“, sagte Tim. „Er
spinnt. Wir sind beunruhigt und haben einen Verdacht, aber noch keinen
wirklichen Anhaltspunkt, geschweige denn irgendwelche Beweise.“
    „Könnt ihr erzählen, während wir zu
Irmi Ehrmann fahren“, sagte Gaby rasch. „Ich muß Hefte bei ihr einkaufen und
Papis Schreibmaschine abholen.“
    Irmi Ehrmann, eine alte Dame, hatte ein
kleines Geschäft für Bürobedarf und Schreibwaren. Die Glockners kauften bei ihr
seit ewigen Zeiten, und inzwischen deckten dort auch die Jungs ihren Bedarf an
Heften, Blöcken, Tinte, Kugelschreibern und Bleistiften.
    Tim schüttelte den Kopf. „Das muß
warten. Erst befragen wir Dr. Annerose Milzwinkel.“
     
    *
     
    Man konnte sagen: Die Hunderter waren
gelungen.
    Aber sie waren doch nicht so gut, wie Paul
Behnke es sich gewünscht hätte.
    Diese Italiener! Luciano Pestili,
genannt ,Glanzauge’, und Vittorio Melfioso, der auf den Spitznamen
,Skorpion-Töter’ hörte — die hatten ihre dreckigen Finger wirklich in jedem
Dreckgeschäft. Ganz üble Übelmänner waren das.
    Für die Falschgeld-Herstellung
benutzten sie erstklassige Farbkopierer. Aber das Papier taugte nichts. Es
fühlte sich an wie die Speisekarte in einem Freßlokal der feinsten Leute, und
auch die Farben stimmten nicht.
    Solche Blüten hatte Behnke — der Typ
aus der Taxe mit dem Geier-Gesicht — von den beiden erworben. Für 25 DM — echte
— pro Stück.
    Mit Sigi Huber, Behnkes Komplizen,
wollte er sie absetzen. Hier in der Stadt. Unauffällig. Mit einem Gewinn — nach
Adam Riese — von 75 DM pro Blüten-Schein. Davon konnte man leben — wenn’s
klappte.
    Sigi, der Typ mit dem dicken roten
Kopf, fuhr tagsüber Taxi. Auch er hatte Erfahrung im Falschgeld-Geschäft
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