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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie
Autoren: Georg Brun
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Kehle; er sah das Messer, das ihn getroffen hatte, doch da stürzte er schon und schlug auf das Pflaster. Kalt wurde ihm, als eine totale Finsternis ihn umfing.
    »Ihr habt euch mächtig viel Zeit gelassen«, begrüßte Luigi die Ankömmlinge. In seiner Stimme mischten sich Verärgerung und Spott. Streng musterte er die Gesichter von Cesare und Serena. Seine Mundwinkel zuckten. Serena erwartete eine dumme Anspielung und spähte zu Cesare, ob er errötete, doch dann fragte Luigi lediglich, wo Filippo abgeblieben sei.
    »Er ist verschwunden«, antwortete Cesare. »Wahrscheinlich ist er auf Beutezug gegangen; wenn wir Glück haben, bringt er uns einen vollen Beutel.«
    »Ich mag kein gestohlenes Geld«, entgegnete Luigi. »Seid ihr Jakob begegnet?«
    »Nein; er ist den ganzen Tag nicht am Campo de Fiori aufgetaucht«, bedauerte Serena.
    »Und im Camposanto haben wir ihn auch nicht angetroffen«, ergänzte Cesare. »Hat sich bei euch etwas getan?«
    »Wenn man davon absieht, daß man uns in der Schenke von Beppe ein halbes Huhn geschenkt hat, ist nichts passiert«, erwiderte Luigi. »Laßt uns zum Collegio Teutonico gehen. Bald ist Vesper, mit etwas Glück treffen wir Jakob in der Kapelle.«
    Sie gingen zum Tiber hinüber. Als sie an Ara Pacis vorbeikamen, lächelte Serena Cesare zu. Sie sahen die Fackeln und Feuer auf der Engelsburg, bewunderten den wuchtigen Bau im Schein der vielen Flammen und beschleunigten ihre Schritte.
    Die Brücke selbst lag im Dunkeln; seltsamerweise brannten da keine Fackeln.
    »Sehr ihr?« rief Serena und deutete auf die Brücke. Drei Schatten waren über dem zweiten Joch zu erkennen, knapp vor der Mitte, und unvermittelt stürzte einer der Schatten zu Boden.
    »Sie werfen jemanden von der Brücke!« schrie Serena und blieb erstarrt stehen.
    Der dunkle Körper fiel ins Wasser, genau an der Stelle, wo der Fluß am tiefsten war und am schnellsten dahinströmte. Schon war der Körper verschwunden, und auf der Brücke liefen die beiden verbliebenen Schatten in den Borgo hinein.
    »Kommt« rief Luigi und hastete auf die Treppe zu. Cesare, Massimiliano und Serena folgten ihm. Wie der Blitz stürmte Luigi zum Flußufer hinab und rannte neben dem Wasser her durch die Dunkelheit, als habe er den siebten Sinn. Die anderen hatten größte Mühe, ihm zu folgen. Serena stolperte und fiel. Massimiliano schrie entsetzt auf, Cesare drehte sich zu Serena um, die sich mühsam aufrappelte, während Luigi plötzlich verschwunden war.
    »Er ist ins Wasser gesprungen«, rief Massimiliano, als Serena und Cesare ihn erreichten hatten. Sie suchten den Fluß ab, aber es war so dunkel, daß sie außer einigen Spiegelungen nichts erkennen konnten.
    »Da ist etwas!« Cesare deutete aufgeregt den Fuß hinauf. Tatsächlich, sie konnten einen kleineren Schatten ausmachen, der sich aus dem Wasser löste und versuchte, einen größeren an Land zu ziehen. So schnell sie konnten, liefen sie am Ufer entlang und halfen, Luigi den Mann an Land zu schleifen. Es war Jakob. Er war bewußtlos und blutete.
    »Wir brauchen einen Bader«, stellte Luigi fest, »und zwar schnell.«
    »Ich hole jemanden«, rief Cesare und rannte in die Dunkelheit davon. Serena legte ihren Kopf auf Jakobs Brust; sie hörte das Herz schlagen und dankte Gott, daß er noch lebte; dann strich sie über sein kaltes Gesicht.
    »Wir müssen ihm die nassen Kleider ausziehen und warme Sachen besorgen«, sagte sie und blickte Massimiliano hilfesuchend an. Der nickte und lief hinter Cesare her.
    Die Minuten zogen sich in die Länge. Zitternd und betend saßen Luigi und Serena neben dem ohnmächtigen Mönch, der aus einer Wunde in der Brust blutete. Serena rieb Jakobs Hände und streichelte sein Gesicht. Am Fluß war es totenstill geworden, jedenfalls kam es dem Mädchen so vor. Wenn Jakob jetzt starb, war alles verloren; dann würde es keine Gerechtigkeit mehr geben, und das ganze Leben würde sinnlos sein.
    Nichts war zu hören von der Betriebsamkeit der Stadt, die an diesem Abend fröhlich Karneval beging. Viele der Mächtigen und Reichen zog es auf die Engelsburg, wohin der Papst eingeladen hatte, um den Sieg von Frosinone zu feiern. Doch in der Dunkelheit des Tiberufers war die Welt des Glanzes so abwesend, als stünde man tatsächlich am Ufer des Acheron und wartete auf den Fährmann. Doch Charon setzte nicht über, und Serena mußte den letzten Giulo, den sie in der Tasche trug, nicht unter Jakobs Zunge legen, denn kurz hintereinander kamen Massimiliano mit zwei
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