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Ausweichmanöver (German Edition)

Ausweichmanöver (German Edition)

Titel: Ausweichmanöver (German Edition)
Autoren: Sabine Hartmann
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    „Wollen wir wetten?“
    „Dass oder was?“
    „Ich sage, dass und 8 mm.“
    „Wie soll ich dagegen wetten?“ Ich seufzte und parkte hinter dem Streifenwagen ein. „Ich fürchte, du hast recht.“
    Kofi grinste breit. „Du könntest auf eine Walther PPK setzen, die war 1931 bei Offizieren der Wehrmacht sehr beliebt.“
    Ich schüttelte den Kopf. „Wäre Herr Weber 1931 Offizier der Wehrmacht gewesen, hätte er heute rund 100 Jahre auf dem Buckel.“
    „Vielleicht hat er die Waffe von seinem Vater geerbt?“
    Ich schaute prüfend zu dem kleinen Einfamilienhaus mit dem gepflegten Vorgarten hinüber. „Hier im Ahornweg? Kann ich mir nicht vorstellen.“ Ich öffnete die Autotür und stieg aus. „Wir werden es gleich wissen.“
    Unser Kollege, Marc, spindeldürr, wieselflink und wie meist mit einem weißen Einmalanzug bekleidet, der an der Haustür Fingerabdrücke registrierte, ließ uns herein.
    „Sind alle in der Küche.“
    Ich sah ihn fragend an.
    Er schüttelte den Kopf. „Keinerlei Einbruchspuren.“
    Ich betrat den Flur zuerst. Rechts eine Garderobe, darunter eine Konsole mit Telefon. Links stand die Küchentür offen. Ich hörte die Stimme von Herbert Heinrich, dem Einsatzdienstleiter, der mich vor rund zwanzig Minuten angerufen hatte. Er sprach beruhigend. „Die Kollegen von der Kripo werden gleich da sein.“
    „Kripo? Wieso das denn?“ Die energische Stimme eines Mannes.
    „Weil wir nicht die Ersten sind.“ Eine Frauenstimme, resigniert?
    Ich klopfte an den Türrahmen und räusperte mich. „In der Tat, Sie haben recht. Kriminalhauptkommissar Stefan Ollner, guten Tag. Der Kollege vom Ermittlungsdienst hat uns hereingelassen.“
    „So, so“, brummte der weißhaarige Mann, der an der Längsseite des Tisches saß. „Und wer ist er ?“ Dabei zeigte er auf Kofi, der sich interessiert in der Küche umsah. Ich kannte das Spielchen schon. Kofi war ziemlich dunkelhäutig, ach was, er war schwarz, tiefschwarz. Nun ging er auf Weber zu, hielt ihm die Hand hin und sagte: „Kofi Kayi, ich grüße Sie.“
    Einen Moment lang hatte ich den Eindruck, dass sich der Mann weigern würde, Kofi die Hand zu geben. Dann würde der das verschmähte Opfer geben. Nahm der Mann die Hand, würde er Kofi, den Clown, erleben. Ich nutzte die Gelegenheit, Herrn und Frau Weber eingehend zu betrachten. Beide über sechzig, sonnengebräunt, sportlich gekleidet. Sie etwas derangiert, einzelne Haare standen wie Stacheln vom Kopf ab. Er hielt eine randlose Brille in der Hand und klopfte leicht damit auf den Tisch, rang sichtlich mit sich. Dann räusperte er sich und ergriff Kofis Hand. „Sie arbeiten auch bei der Polizei?“
    „Ich unterstütze Herrn Ollner.“ Er zückte ein Notizbuch und einen Stift. „Ich bin sozusagen sein Kuli.“
    Er gibt den Clown, wusste ich’s doch.
    Weber fiel dazu augenscheinlich nichts ein. Kofi setzte sich umständlich an den Tisch. Er suchte nach einer freien Seite in seinem Notizbuch. Beim Blättern kommentierte er, was auf den Seiten stand. „Vogel entflogen, mit Todesfolge, ich hab ja die Mörderkatze aus dem Erdgeschoss in Verdacht, aber sie singt einfach nicht.“
    Kofi war zwei Jahre alt gewesen, als seine Eltern Togo verließen und mit ihm nach Deutschland kamen. Er hatte am Campe-Gymnasium sein Abitur gemacht. Abgesehen von den drei Jahren an der Polizeiakademie hatte er Holzminden nicht verlassen und kannte sich hier hundertmal besser aus als ich. Es gelang ihm oft, die Menschen zum Lachen zu bringen, ihnen zumindest ein Lächeln abzuringen.
    Auch diesmal sah ich, wie die verkrampften Hände von Frau Weber sich etwas entspannten. Dann bemerkte sie meinen Blick und richtete sich auf, als rechnete sie mit dem Schlimmsten.
    Ich lächelte ihr zu. „Sie sammeln Elefanten?“
    Rita Weber zuckte zusammen. Irritiert schaute sie durch die Tür zu ihrer Rechten ins Wohnzimmer. „Alles nur Souvenirs, davon fehlt keiner.“
    „Gut“, sagte ich. „Erinnerungsstücke zu verlieren, ist immer sehr schmerzhaft.“
    Sie sah mich empört an. „Glauben sie, wir haben’s so dicke, dass es uns egal ist, wenn jemand unsere Ersparnisse klaut?“ Auf Rita Webers Wangen bildeten sich rote Flecken.
    Abwehrend hob ich die Hände. „Das wollte ich nicht ausdrücken. Ich …“
    „Dann“, unterbrach sie mich, „sollten Sie einfach zur Sache kommen.“
    Ich sah sie reglos an. Wartete so lange, bis sie den Blick senkte und unsichtbare Fäden aus der Tischdecke zu zupfen begann. Herr Weber
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