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Der elektrische Kuss - Roman

Titel: Der elektrische Kuss - Roman
Autoren: Susanne Betz
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Wegzehrung für die Reise eingepackt. Was unterschied sie von ihrer Mutter? Charlottes Herz flatterte, und sie bemerkte nicht, dass sie die Höhen endgültig hinter sich ließen und die große Ebene von Lancaster sich vor ihnen ausbreitete. Die Felder waren abgeerntet, große Schwärme tiefschwarzer Rabenvögel ließen sich kreischend nieder und stoben, als der Wagen näherrumpelte, wieder auf. Schmuckstücke, französische Perücken und Wertpapiere. Trotzdem hatte die Mutter sich immer gelangweilt, auch der Kirchheimer Hof und die elegante Welt hatte ihr nicht das gegeben, was sie gesucht hatte.
    Würde sie selbst finden, was sie suchte? Würden die elektrischen Experimente mit Franklin sie zufrieden machen? Doch, sie nahm es an. Franklin war der Türöffner für eine neue, aufregende Zeit. Außerdem mochte sie ihn, kauzig und vor allem intelligent wie er war. Eine Weile ließ sich Charlotte wie benommen hin und her schaukeln, das rasende Herzpochen ließ nach. Ihre Gedanken flogen zu der einzigen, aber großen Schwachstelle in Franklins Theorie. Sie grübelte darüber nach, warum er nicht wirklich schlüssig begründen konnte, dass sich negativ geladene Körper abstießen. Oder seine Theorie war doch falsch, und die Dualisten hatten recht. Auf jeden Fall müssten sie den Versuch mit dem Drachen noch einmal zusammen wagen. Unvermutet öffnete Rebecca die Augen und gähnte. Charlotte beugte sich über sie und drückte ihr Gesicht auf das warme duftende ihrer kleinen Tochter. Wieder sah sie den kirschroten Mantel. Die Farbe war greller und bedrohlicher, als sie in Wirklichkeit je gewesen war.
    Der Kutscher blieb stumm und wog nur die goldene Taschenuhr, die ihm Charlotte gab, eine Weile in seiner Hand. Dann drehte er sie um. Auf der Rückseite trug sie ein geschweiftes Monogramm.
    »Dux Weilheim-Nassau«, sagte Charlotte tonlos. Der Kutscher, der auf einer Insel vor der schottischen Küste geboren war, zuckte verständnislos mit den Schultern. Dann biss er prüfend in den Deckel der Taschenuhr und steckte sie schließlich ein. Zehn Meilen vor Lancaster fütterte und tränkte er seine Pferde und kehrte dann um.
    Durch die Ritzen der Stämme des Holzhauses drangen Stimmen und Licht. Aus beiden Kaminen bliesen zarte Rauchfahnen. Es war fast schon Abend. Johann öffnete die Tür. Gleich hinter ihm standen Sarah und Samuel. Sie drückte Sarah das Deckenbündel, in dem Rebecca steckte, in die Arme, stellte die Tasche mit den Sachen der Kleinen auf den Boden, drehte sich wortlos um und lief zum Wagen zurück. Jemand rief ihren Namen. Sie stieg ein. Der Kutscher schnalzte mit der Peitsche und trieb sofort seine Pferde an. So hatte Charlotte es von ihm verlangt.
    Als sie irgendwann schließlich und endlich doch in Lancaster ankamen, ballten sich dunkle Wolken über der kleinen Stadt. Er rieche ein Gewitter, meinte der Kutscher, als sie sich auf die Uhrzeit für die Abfahrt am nächsten Tag verständigten. Charlotte bezog Quartier in einem der Räume über einem Wirtshaus. Sie schaute auf und ihr Blick war klar und bestimmt, als man ihr Bier und Essen servierte. Sie aß, danach zog sie sich bedächtig aus und schlüpfte in das klamme Bett. Wenn der Winter kam, würde Rebecca mit unter die blassblaue Steppdecke geholt und gewärmt werden. Sie würde aus Tassen trinken, deren Henkel nicht abgeschlagen waren, und jemand würde ihr Umschläge bereiten und bei ihr wachen, wenn sie krank wurde. Vielleicht würde Sarah sogar heimlich mit ihr tanzen. Und sie selbst würde immer einen guten Grund haben, auf den Hochstettler-Hof am Cocalico zu kommen. Es blitzte und donnerte grollend, und der Himmel leuchtete gleißend hell auf. Aber Charlotte schlief tief und ruhig.

Danksagung
    J edes Buch ist wie ein amischer Quilt, in den das Wissen und die Mühe vieler mit eingehen. Einigen Menschen schulde ich ganz besonderen Dank. An erster Stelle Gary Waltner, der die Bibliothek und das Archiv der Mennonitischen Forschungsstelle auf dem Weierhof in der Pfalz leitet. Ohne die herzliche und kluge Großzügigkeit, mit der er mir Einblick in Geschichte und Wesen der Täufer in Deutschland und Amerika gewährte, hätte ich dieses Buch nicht schreiben können. Wiebke Herr vom Interdisziplinären Zentrum für Wissenschafts- und Technikforschung der Universität Wuppertal verdanke ich wertvolle Hinweise, um den Umgang mit der Elektrizität im achtzehnten. Jahrhundert besser zu verstehen. Den freundlichen Mitarbeitern der Lancaster Mennonite Historical
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