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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald
Autoren: Chris Howard
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Und Bäume, die ich mir ganz allein ausgedacht und nach Worten benannt hatte, die ich mochte. Wie zum Beispiel die Ponderosa-Birne oder das Engelsblatt.
    Ich würde eine ganze Baumgruppe entwerfen und anschließend den Baum konstruieren, den Frosts Frau auf dem Körper trug. Einen Baum, den ich vorher weder gebaut noch auf irgendeinem Bild gesehen oder auch nur beschrieben bekommen hatte. Aber ich war mir sicher, dass dieser Baum einmal gelebt und geatmet hatte. Etwas, das so vollkommen aussah, konnte sich niemand ausdenken.

Kapitel 3
    A m nächsten Tag hatte ich den Waldboden so gut wie fertig. Die Erfahrung hatte mich gelehrt, die großen Sachen erst am Schluss zu machen. Fängt man mit dem Blätterdach an, werden die Leute bei den Details plötzlich knausrig. Und Frost war garantiert so ein Typ, dem die Details völlig egal waren. Also hatte ich eine Ladung Altreifen schön gezackt zurechtgeschnitten und ausgelegt, damit dieses weiche Gefühl unter den Füßen entstand. Daraus ragte ein bearbeitetes Plastiknetz hervor, das nun aussah wie Gras. Außerdem pflanzte ich noch ein paar metallene Büsche, die ich selbst konstruiert hatte.
    Oben im Norden hatte ich einmal eine ganze Flotte von kleinen Wagen entdeckt, mit denen die Leute früher in Märkten herumgefahren waren, die so groß waren wie ein ganzes Dorf. Ich hatte von jedem dieser Wagen die Räder abmontiert, die ich nun an gebogenen, dünnen Rohren anbrachte, damit sie sich drehen konnten, wenn der Wind richtig stand. Tagsüber sieht das vielleicht nicht nach viel aus, aber mit ein paar blinkenden LEDs werden diese Räder richtig hübsch. Solche Details gibt es aber nur, wenn man von unten nach oben baut. Dann erwacht der Wald nachts zum Leben.
    Der Waldboden sah also schon recht gut aus, und ich lag gerade auf den Gummispänen und klebte Drahtstücke zusammen, als das Mädchen vom Fenster auftauchte und anfing, Fotos von mir zu schießen. Sie hatte so eine Kamera aus der alten Welt, die klickte und summte und sofort eine Kopie dessen ausspuckte, was man gerade sah. Ein wirklich schickes Fundstück.
    Die Sonne war so grell, dass ich das Mädchen kaum erkennen konnte. Wie ein dürrer Schatten stand sie über mir, während der Himmel auf uns herabdrückte, mich verbrannte und das weiche Gummi an meinen Kleidern kleben ließ. Ich wischte mir Schweiß und Staub aus dem Gesicht, hob angestrengt den Kopf und schirmte meine Augen ab.
    Sie stand einfach nur da, einen Fuß erhoben und hinter den anderen geklemmt, wedelte ihre Fotos durch die Luft und wartete darauf, dass die Farben erschienen.
    »Habe ich dir etwa erlaubt, mich zu fotografieren?«, protestierte ich.
    »Habe gar nicht erst gefragt«, erwiderte sie. »Das sind meine Bäume. Wenn ich will, kann ich sie den ganzen Tag lang fotografieren.«
    »Deine Bäume?« Ich setzte mich auf. »Tja, dann pass mal auf: Das sind keine Bäume, sondern Blumen.« Mit dem Kinn deutete ich auf einen stacheligen Hügel. »Und einige Büsche. Aber kein verdammter Baum weit und breit.«
    Sie sah nach ihren Bildern und pustete darauf. »Dann mach dich besser wieder an die Arbeit. Immerhin sollst du hier Bäume bauen.«
    »Verflucht.« Ich starrte weiter zu ihr hoch. »Wenn man dich und den Wächter so hört, könnte man meinen, das hier wäre ein Eilauftrag. Der Einzige, der hier nicht drängelt, ist der Typ, der die Rechnung bezahlt.«
    »Frost?« Bei diesem Namen klang das Mädchen plötzlich nicht mehr so beschwingt. »Du hast ja keine Ahnung.«
    »Wird er sauer, wenn du mit mir redest?«
    »Natürlich.« Nun warf sie mir genau den gleichen Blick zu, mit dem mich ihre Mom bedacht hatte, als ich ihr Tattoo angestarrt hatte. »Wenn er zurückkommt und mich hier draußen erwischt, schon.«
    »Wie lange hast du noch?«
    Das Mädchen zuckte mit den Schultern.
    »Lange genug, um mir deine Bilder zu zeigen?«
    Sie ließ sich neben mich fallen und bedeckte schnell ihren Mund, als der Staub hochwirbelte. Dann schob sie die Fotos in ihre Tasche, so dass sie nicht mehr zu sehen waren.
    »Wie heißt du?«, fragte ich.
    »Zee.«
    »Ich heiße Banyan.« Ich streckte ihr die Hand hin, aber Zee starrte nur zurück zum Haus.
    »Hast du schon mal das Meer gesehen, Baummeister?«
    »Das Meer? Ja, das habe ich gesehen.«
    »Weißt du, wie weit es weg ist?«
    Ich dachte nach. Der Weg dorthin war teilweise verflucht steil. »Mit dem Wagen zwei Stunden hin, drei zurück.«
    »Bring mich hin, ich will es sehen«, verlangte Zee, als wäre das eine
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