Der Eid der Heilerin
und am Eingang zum Turnierplatz war ein lautes Krachen zu hören. Kurz darauf wurde mit lauter Stimme verkündet, ein fremder Ritter und seine Mannen begehrten Einlass zum Turnier. William senkte feierlich seinen Stab, worauf sich die Tore langsam öffneten.
Ein Seufzen entwich der Menge. Auf einem weißen Pferd ritt ein stattlicher Ritter in schwarzer Rüstung und schwarz lackiertem Schild herbei. Das Pferd war mit versilbertem Zaumzeug und einer Satteldecke aus schwarzem Samt geschmückt, und an seinem Kopf war ein perlenbesetztes Horn befestigt. Wie durch Zauber stieg eine Rauchwolke auf, und schlagartig war der Ritter von zwölf Reitern auf schwarzen Rössern umgeben, die weiße Rüstungen und weiße Schilde trugen. Ein weiterer, diesmal roter Rauchstoß, und ein Zwerg in grünem Wams und Kniehosen erschien. Er ritt einen Esel, dessen Zaumzeug und Sattel aus rotem Leder waren.
Die Menge applaudierte begeistert, als der Zwerg die unbekannten Ritter zum Klang der Musik auf den Kampfplatz führte, wo sie unter der Loge der Königin im Halbkreis Stellung bezogen. Die Musik verstummte, als der Zwerg mit ungewöhnlich lauter Stimme anhob.
Er richtete das Wort an William. »Lord, der Ihr der Richter dieses edlen Wettstreits seid, dieser unbekannte Ritter hat mich beauftragt«, verkündete er, worauf der schwarze Ritter sich vor William verneigte, der seinerseits die Verbeugung erwiderte, »Euch um Eure Gunst zu bitten. Er hat ein Schweigegelübde abgelegt und darf erst sprechen, wenn er und seine Mannen der Königin der Liebe und ihren schönen Begleiterinnen einen großen Dienst erwiesen haben. Er hat zwölf Krieger bei sich, die ihnen zu Ehren kämpfen wollen, doch er bittet, sich als Erster im Kampf mit jedem edlen Widersacher zu messen, der sich ihm entgegenstellt.« Die Menschen jubelten, da sie wussten, dass es der König war, der sich unter der schwarzen Rüstung verbarg. Dass er als Erster zum Kampf antrat, war eine ehrende Geste an sie alle.
Der Zwerg hatte kaum zu Ende gesprochen, als am Eingang zum Kampfplatz erneut die Fanfaren schmetterten. Diesmal erschien ein gänzlich in Gold gekleideter Ritter, der von zwölf Jungfern in grünen Gewändern und Schneeglöckchen im Haar in die Arena geführt wurde. Die Mädchen waren mit langen grünen Bändern mit dem Streitross verbunden. Sie tanzten beim Einzug und streuten Narzissen.
Der goldene Ritter verneigte sich vor der Königin und vor William und verkündete, er sei entsandt, an diesem Festtag die Ehre des heiligen Valentin zu verteidigen. Er wolle, unterstützt von seinen Mannen, gegen den schwarzen Ritter antreten. Auf einen weiteren Fanfarenstoß stürmten zwölf Ritter in silberner Rüstung durch das Tor, umringten ihn und schwenkten weiße Straußenfedern.
Es war ein sehr ansehnliches Schauspiel, das Elizabeth großes Vergnügen bereitete, besonders als der »unbekannte« schwarze Ritter von seinem Streitross sprang, vor ihrer Loge niederkniete und sie um ein Zeichen ihrer Gunst bat. Das war das Stichwort für den Auftritt der Königin, den sie in vollen Zügen auskostete. Gemächlich erhob sie sich und wartete, bis sie die volle Aufmerksamkeit der Menge hatte. Dann löste sie von ihrem Kleid den größten Smaragd von einer speziell für diesen Anlass angefertigten Schließe und warf ihn in anmutigem Bogen dem Ritter zu. »Hier, edler Ritter, ein Zeichen meiner Liebe. Grün wie die Königin der Liebe, allen starken und rechtschaffenen Streitern gewidmet, auf dass Ihr tapfer die Ehre des heiligen Valentin verteidigt.«
Der Ritter sprang auf und hielt den Stein in die Morgensonne, worauf er, für alle sichtbar, leuchtend grün aufblitzte. Dann bestieg der Ritter wieder sein weißes Pferd und sprengte vom Platz, um mit seinen Kameraden das Signal für den Beginn des Kampfes abzuwarten.
William stieß unbemerkt einen Seufzer der Erleichterung aus. Bis jetzt war alles gut gegangen. Die Königin strahlte und freute sich, und seine kleine, höfische Komödie war auch bei den Zuschauern gut angekommen. Die eigentliche Gefahr aber stand noch bevor. William senkte seinen Stab und gab das Zeichen für den ersten Kampf.
Voller Stolz und Sorge zugleich beobachtete er, wie der schwarze Ritter das Kampffeld in Begleitung von acht berittenen, weiß gekleideten Edelknaben betrat. Der große Smaragd der Königin war an seinem Helm befestigt und glitzerte und blinkte, als er sich nach allen Seiten verneigte. Zwei Schildknappen reichten ihm die Turnierlanze mit der
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