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Der Eid der Heilerin

Der Eid der Heilerin

Titel: Der Eid der Heilerin
Autoren: Posie Graeme-evans
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Ebenbürtige entgegentreten, aber ihre Beine waren zu schwach. Mit einem Schritt war er neben ihr und drückte fast schmerzhaft ihre Hände. Ihre Blicke versanken ineinander. Demütig wie ein Bittsteller kniete er neben ihrem Stuhl nieder.
    »Mein Liebling, meine süße Anne ...« Er konnte kaum sprechen. »Ich konnte erst kommen, nachdem das Turnier vorüber war - ich hatte Angst, ich sehe dich nie wieder. Doch dann habe ich erfahren, dass du im Sterben liegst ...« Er schüttelte den Kopf und blinzelte gegen seine Tränen an. Er war ein Mann, der nie über seine Gefühle sprach und Menschen mied, die so etwas taten. Beim verzweifelten Klang seiner Stimme stiegen Anne selbst Tränen in die Augen. »Du verstehst doch - bitte sag, dass du mich verstehst. Ich musste dich gehen lassen. Du hast mir keine andere Wahl gelassen.«
    Ja, sie verstand. Sie verstand alles.
    »Ich habe die Briefe von ... von dem einstigen König, deinem Vater, gelesen. Sir Mathew hat gesagt, es seien Abschriften, die unter der Aufsicht von Doktor Millington in der Abtei gefertigt worden sind. Die Originale hat er zur Sicherheit irgendwo anders aufbewahrt.«
    Bebend entzog sie ihm ihre Hände und ging, da ihre Beine sie endlich trugen, zum Feuer und starrte mit dem Rücken zu ihm in die Flammen.
    »Ich wünschte von ganzem Herzen, die Dinge lägen anders. Dass du die Macht, die Zauberkraft besäßest, die Welt verschwinden zu lassen.« Das war das Albernste, was sie sagen konnte, und sie klang so unglücklich, dass er mit einem Schritt bei ihr war, die Arme um sie schlang und sie zärtlich an sich drückte. Sie schmiegte sich an ihn, vergrub den Kopf an seiner Brust und schluchzte, schluchzte über all das, was sie verloren hatte: ihn, den Menschen, den sie am meisten liebte, ihr Leben an seinem Hof, ihre gemeinsame Zukunft, die es nie geben durfte.
    Seine Seelenqual war wie ein körperlicher Schmerz. Sie würde sein Königreich verlassen, das wusste er. Mit einer arrangierten Ehe, mit der sie zumindest in seiner Nähe hätte bleiben können, wäre sie niemals einverstanden.
    Das war ihre Art, ihm zu verstehen zu geben, dass es allein ihre Entscheidung war, zu gehen. Er seufzte.
    »Nein, ich besitze keine Zauberkräfte. Aber irdische Dinge kann ich meistern. Ich habe etwas für dich ...«
    »Ich will nichts von dir, Edward.« Sie meinte es ernst. Ihr Stolz war das Einzige, was er ihr noch lassen konnte.
    Er küsste sie wieder, zärtlich und voller Sehnsucht. »Ich möchte zurückgeben, was einst gegeben worden ist.«
    An seinem Gürtel hing ein Lederbeutel, den er nun öffnete. Er enthielt zwei Schriftrollen, die mit einem roten Band zusammengebunden und versiegelt waren. »Bitte lies das.«
    Bei der ersten Schriftrolle handelte es sich um eine Eigentumsurkunde. Wort für Wort enthielt sie die Sätze aus dem ersten Brief ihres Vaters. »Unser lieber Bruder von Somerset ... Länder der Grafschaft Somerset ... auf alle Zeit überschrieben werde ... dass es das ihre sei und das ihrer Nachkommenschaft auf alle Zeit.« In zwei Punkten allerdings unterschied sie sich von dem Original: als Begünstigte der Ländereien, Güter, Fischteiche und Mühlen war ihr Name statt des Namens ihrer Mutter eingesetzt, und das Dokument war nicht von Henry, sondern von Edward unterzeichnet.
    Anne sah zu Edward auf. »Aber ich habe doch den Schutz der Kirche verlassen und kann deshalb nicht mehr in England leben.«
    Edward strich ihr eine Locke von den Augen. »Ja, aber der Erlös aus den Besitztümern wird an dich gehen. Ich werde Mathew Cuttifer informieren. Er wird sich darum kümmern. Deine Güter werden vortrefflich geführt werden, das verspreche ich dir. Und die Ländereien werden auch deinen Kindern für alle Zeit gehören.« Er klang so unendlich traurig. Sie würde Kinder bekommen, aber nicht von ihm.
    Beiden liefen die Tränen übers Gesicht, als sie das zweite Schriftstück entrollte. Es enthielt die Verleihung von Titel und Wappen. Anne war ab sofort die Baroness Wincanton, Lady Anne de Bohun, und ihr Familienwappen bestand aus über zwei Blutstropfen aufsteigenden, angevinischen Leoparden. »Das Blut steht für dich und für mich, denn das haben wir geopfert - unser Herzblut«, flüsterte Edward.
    Und dann hatte er noch etwas für sie. Einen Ring mit einem großen, rechteckigen Rubin, in dem ihr Wappen und die Initialen der beiden Liebenden eingraviert waren - das A und das E, über den Leoparden ineinander verschlungen. Er küsste die Innenfläche ihrer
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