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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron
Autoren: Rebecca Gablé
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er sich durch sie bedroht gefühlt, weil manche in enger Verwandtschaft zu den einstigen Königsdynastien York und Lancaster standen. Der eine oder andere hat sich auch tatsächlich mit verräterischen Plänen getragen. Aber je mehr ich über Henry herausgefunden habe, desto überzeugter war ich, dass er sie drangsaliert hat, weil er sich minderwertig fühlte. Das ist ein erhellendes und typisches Beispiel für die Abscheulichkeit seines Charakters. Ich habe schon über viele schreckliche Könige recherchiert und geschrieben. William der Eroberer hat mir Albträume beschert, weil er so grausam war. Henry VI. hat mich wütend gemacht, weil er so ein unfähiger Jammerlappen war. Jeder König hat irgendeine emotionale Reaktion in mir hervorgerufen, aber keinen habe ich je so verachtet wie Henry VIII. Ich glaube nicht, dass ich ihm in diesem Roman Unrecht getan habe. Man braucht sich nur an die Fakten zu halten, um das Bild eines selbstsüchtigen, faulen, destruktiven, feigen (ich könnte diese Liste noch lange fortsetzen) Schwächlings zu entwerfen.
    Schwieriger finde ich eine ausgewogene Beurteilung von Thomas More. Wie hier vermutlich unschwer zu erkennen war, hat er mich mit seiner unbestechlichen Integrität schon ziemlich beeindruckt. Er war sowohl als Politiker wie auch als Jurist und Philosoph brillant und hat in England Großes für den humanistischen Fortschritt geleistet – und nebenbei auch für die Schulbildung von Frauen. Aber sein religiöser Fanatismus erscheint aus heutiger Perspektive unsympathisch und suspekt. Seine Bereitschaft, für seine Prinzipien zu sterben, verlangt einem Respekt ab, aber mal ehrlich: Große Rücksicht auf seine Frau und seine Kinder und alle anderen, denen er etwas bedeutete, hat er dabei nicht genommen. Ich glaube, solche Menschen machen sich in Romanen immer besser als im richtigen Leben. Die Einzelheiten seiner Hinrichtung – auch die Schonung seines Bartes – habe ich mir übrigens nicht ausgedacht, sondern so geschildert, wie ich sie in den Quellen gefunden habe. Nur seine Letzten Worte waren in Wahrheit ein ziemlich langatmiger Letzter Vortrag, sodass ich mir erlaubt habe, sie mit einem Zitat zu ersetzen, das aus einem Brief wenige Wochen vor seiner Hinrichtung stammt. Wahr ist auch, dass seine Tochter Meg Roper bei seiner Hinrichtung zugegen war, anschließend den Kopf von der London Bridge gestohlen hat und – wahrscheinlich – mit seinem Kopf in den Händen begraben wurde.
    Überhaupt sind es wieder einmal die eher kuriosen Begebenheiten, die wirklich passiert sind oder zumindest von den Chronisten berichtet wurden. So hatte Anne Boleyn angeblich an einer Hand einen sechsten Finger (vielleicht auch nur ansatzweise). Wahr ist auch, dass der Kerzenmacher, der Catalinas Organe für die Einbalsamierung entnahm, berichtete, ihr Herz sei schwarz und verkohlt gewesen. Wahr ist ebenso, dass Katherine Howard glaubte, der König wisse alles, was die Engländer bei der Beichte preisgaben. Und auch den ständig betrunkenen Elefanten hat es wirklich gegeben (wenn auch ein paar Jahrzehnte später).
    Wahr ist leider auch das Schicksal des fünfzehnjährigen Richard Mekins, den Edmund Bonner 1541 foltern und verbrennen ließ. Und auch bei der Abscheulichkeit der Hinrichtungen von Thomas Cromwell und Margaret Pole habe ich nichts hinzugedichtet.
    Die englische Renaissance war eine spannende, facettenreiche Epoche, die sich in mancher Hinsicht gravierend von meinem geliebten Mittelalter unterscheidet. Aber die Unterschiede aufzuspüren war natürlich auch die größte Faszination auf dieser Entdeckungsreise. Wieder einmal haben mir unterwegs viele gute Geister den Weg gewiesen und geholfen, ohne die ich nie angekommen wäre und denen ich von ganzem Herzen danken möchte: meinem Agenten Michael Meller und meiner Lektorin Karin Schmidt. Meinen unermüdlichen, aufmerksamen und klugen Testlesern: meinem Vater Wolfgang Krane, meinem Neffen und Patenkind Dennis Rose, meiner Freundin Patrizia Kals und meiner Schwester Sabine Rose, die auch wieder einmal die absonderlichsten medizinischen Fragen geklärt hat, etwa die, ob man noch hören kann, wenn einem beide Ohren abgeschnitten werden. Ein solcher Fall kommt selbst in ihrer lebhaften Praxis doch eher selten vor. Andrea Nahles hat mir, als ich mit der Recherche zu diesem Buch begann, die Romane von C. J. Sansom geschenkt, die ich vorher noch nicht kannte und die mein Eintrittstor in die Welt der englischen Renaissance geworden
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