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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen
Autoren: Ruth Rendell
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reizende Jardinière, die ich Ihnen gern zeigen würde. Sie kam erst gestern aus Frankreich herüber.«
    In Wahrheit stammte sie vom Ausverkauf eines Trödelladens in der Church Street. Verzückt starrte der Kunde Zeinab an, die neben dem Jaguar in die Hocke ging, um das dreibeinige Objekt unter einem Stapel indischer Tagesdecken hervorzuholen. Sie wandte ihm ihr Gesicht zu und strich dabei wie jemand, der ein wunderschönes Bild enthüllt, ihre gescheitelte schwarze Haarpracht zurück.
    »Sehr hübsch«, nuschelte er. »Wie viel kostet das?« Obwohl Zeinab auf den vereinbarten Preis zwanzig Pfund aufgeschlagen hatte, erhob er keinen Widerspruch. Männer versuchten selten zu handeln, wenn sie ihnen etwas verkaufte. »Sie brauchen es nicht einzuwickeln.«
    Man hielt ihm die Ladentür auf, während er sich mit seinem Fundstück hinausmühte. Draußen auf dem Gehsteig fasste sich der scheue Mensch, dem es beinahe die Sprache verschlagen hatte, endlich ein Herz und sagte: »Auf Wiedersehen. Es war sehr nett, Sie zu treffen.«
    Inez musste lachen, sie konnte nicht anders. Seit Zeinab für sie arbeitete, hatte sich das Geschäft positiv entwickelt, das musste sie zugeben. Sie sah ihm auf seinem Weg Richtung Bahnhof Paddington nach. Er hatte doch nicht etwa vor, dieses Teil im Abteil zu befördern? Es war fast so groß wie er. Dabei fiel ihr auf, dass sich der Himmel zugezogen hatte. Warum nur gab es offenbar keine schönen Tage mehr, sondern nur noch solche mit einem schönen Auftakt? Der schmutzige weiße Van war fort. An seiner Stelle parkte ein anderer, ein saubererer. Heraus stieg Will Cobbett und danach auch der Fahrer. Inez und Zeinab beobachteten es durchs Schaufenster. Sie sahen alles, was in der Star Street vor sich ging, und normalerweise gab eine von beiden fortlaufend einen Kommentar dazu ab.
    »Der da, der da ausgestiegen ist, der heißt Keith. Ist der, für den Will arbeitet«, sagte Zeinab. »Der geht jetzt runter zur Edgware Road, zum Baumarkt. Er kommt immer hier rüber, weil’s hier billiger ist. Was macht denn Will um die Zeit daheim? Er kommt rein.«
    »Wahrscheinlich hat er sein Werkzeug vergessen. Passiert ihm oft.«
    Will Cobbett war der einzige Mieter, der fast nie durch den Laden kam. Er ging seitlich durch den Mietereingang. Die beiden Frauen hörten seine Schritte auf der Treppe beim Hinaufgehen.
    »Was ist denn mit dem los?«, sagte Zeinab. »Wissen Sie, was Freddy über ihn sagt? Er sagt, der hätte nicht alle Tassen im Schrank.«
    Inez war schockiert. »Das ist fies. Freddy überrascht mich. Will ist das, was man früher mal als lernbehindert bezeichnet hat, aber heute spricht man von › Lernschwierigkeiten‹. Gut aussehen tut er aber, das muss ich schon sagen, Lernschwierigkeiten hin oder her.«
    »Gutes Aussehen ist nicht alles«, sagte Zeinab, der es gerade darauf ankam. »Ich schätze es, wenn ein Mann intelligent ist. Kultiviert und intelligent. Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich mal für eine Stunde Pause mache, oder? Ich soll mich mit Rowley Woodhouse zum Lunch treffen.«
    Inez schaute auf ihre Uhr. Es war eben erst kurz nach halb zwölf. »Dann wirst du gegen halb drei wieder da sein«, sagte sie.
    »Wer ist jetzt fies? Ich kann doch nichts dafür, wenn ich kein Zeitgefühl habe. Ob man Zeiteinteilung in einem Kurs lernen kann? An einen Kurs für Sprechtechnik habe ich schon gedacht. Mein Paps meint, ich soll mal richtig sprechen lernen, obwohl er und Mami einen Akzent haben, der mitten aus Islamabad stammt. Ich geh jetzt besser, sonst flippt Rowley aus.«
    Inez musste daran denken, wie Martin eine Zeit lang Sprechtechnik unterrichtet hatte. Natürlich war das vor »Forsyth« und dem großen Durchbruch gewesen. Bei ihrer ersten Begegnung hatte er unterrichtet und Nebenrollen angenommen. Er hatte eine wunderschöne Stimme gehabt. Heutzutage wäre sie für einen Fernsehkommissar zu vornehm, in den Achtzigern aber nicht. Sie lauschte, während Will die Treppe hinunterpolterte. Mit seiner Werkzeugtasche in der Hand sauste er zum Van hinaus. In dem Moment kam die Politesse hinzu. Dann tauchte aus der anderen Richtung Keith auf. Unter Inez’ wachsamen Augen entwickelte sich eine lebhafte Auseinandersetzung. Ständig beobachten Zuschauer die Konfrontationen zwischen Politessen und Auto fahrenden Pechvögeln, wobei sie sehnsüchtig auf ein Handgemenge hoffen. So weit wollte Inez nun doch nicht gehen. Trotzdem fand sie, Keith solle ruhig bezahlen. Die Bedeutung einer durchgezogenen
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