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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen
Autoren: Ruth Rendell
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hatte überlebt, obwohl er sie fünfmal in die Brust gestochen hatte. Monatelang hatte sie im Krankenhaus gelegen, ehe sie wieder genesen war. Einiges an der Geschichte war garantiert übertrieben, trotzdem war sich Inez in einem Punkt ziemlich sicher: Ihre Verkäuferin begab sich in Lebensgefahr, sobald sie sich ohne Zustimmung und Aufsicht ihrer Eltern einen Verehrer zulegte. Sie trug den Tee zurück in den Laden. Zeinab meinte, Morton Phibling sei die Straße hinuntergegangen, um ihnen einen »Standard« zu kaufen.
    »Dann können wir alles über den Mord nachlesen. Schauen Sie, was er mir diesmal geschenkt hat.«
    Zeinab präsentierte ihr auf einem dunkelblauen Satinbett eine große Anstecknadel aus zwei Rosen und einer Knospe an einem Zweig.
    »Sind das echte Diamanten?«
    »Er schenkt mir immer echte Diamanten. Muss ein paar Tausender wert sein. Hab versprochen, sie heute Abend zu tragen.«
    »Sollte dir nicht schwer fallen«, sagte Inez. »Achte trotzdem darauf, wie du ausgehst. Wenn du so etwas Auffälliges trägst, riskierst du einen Überfall. Außerdem – vergiss nicht, dass da draußen ein Killer herumläuft. Wie man weiß, nimmt er jedem Mädchen, das er umbringt, einen Gegenstand ab. Da ist er ja. Schon zurück.«
    Doch statt Morton Phibling stand da eine ältliche Frau, die als Geburtstagsgeschenk nach einem Stück Crown Derby suchte. Vor dem Betreten hatte sie sich ein Taschenbuch ausgesucht, einen Krimi von Peter Cheyney mit einem erwürgten Mädchen auf dem Umschlag. Wie passend, dachte Inez, während sie dafür 50 Pence kassierte und einen rot-blau-goldenen Teller einwickelte. Morton kam zurück und hielt ihr höflich die Tür auf. Zeinab weidete sich noch immer an ihrer Diamantrose. Dabei ähnelte sie einem in eine selige Vision versunkenen Engel, dachte Morton.
    »Liebling, ich bin so froh, dass sie dir gefällt.«
    »Wegen dem – deswegen hast du immer noch nicht das Recht, mich Liebling zu nennen. Dann wollen wir mal einen Blick in die Zeitung werfen.«
    Sie teilte sich das Blatt mit Inez. »Da steht, dass es ziemlich früh gestern Abend passiert ist, gegen neun«, las Zeinab. »Irgendeiner hörte sie schreien, tat aber nichts dagegen, ganze fünf Minuten lang. Dann hat er diese Gestalt wegrennen sehen, an der U-Bahn-Station vorbei. Eine schemenhafte Gestalt, steht da, männlich oder weiblich, weiß er nicht, nur, dass sie Hosen anhatte. Dann hat er sie gefunden – man hat sie noch nicht identifiziert, sie lag tot auf dem Gehsteig, ermordet. Hier steht nicht, wie es geschah, nur dass sie ganz blau im Gesicht war. Sicher wieder eine von diesen Garrotten. Von einem Biss steht da nichts.«
    »Die Sache mit dem Biss ist doch völliger Blödsinn«, sagte Inez. »Das erste Mädchen hatte zwar eine Bissspur am Hals, aber die DNS daraus stammte von ihrem Freund. Was die Leute im Namen der Liebe alles anstellen! Natürlich nannte man ihn daraufhin den ›Rottweiler‹, und der Name ist dann hängen geblieben.«
    »Hat er ihr diesmal was geklaut? Lassen Sie mich mal sehen.« Zeinab überflog den Artikel bis zum Ende. »Weiß man vermutlich nicht, schließlich weiß man ja noch gar nicht, wer sie ist. Was hat er letztes Mal mitgenommen?«
    »Von der Ersten ein silbernes Feuerzeug, in das mit Granat ihre Initialen eingelassen waren«, sagte Morton, womit er sein beträchtliches Wissen in Sachen Schmuck kundtat, »und von der Zweiten eine goldene Uhrbrosche.«
    »Nicole Nimms und Rebecca Milsom, so hießen die beiden. Was wohl diesmal fehlt? Ich schätze, bestimmt nie ein Handy. Die ganzen kleinen Scheißer auf der Straße klauen doch Handys. Sein Markenzeichen wäre das nicht, oder?«
    »Sei jedenfalls vorsichtig, Liebling, wenn du heute Abend ins Le Caprice kommst«, sagte Morton. Der Jaguar schien ihm entgangen zu sein. »Ich habe gute Lust, dir eine Limousine zu schicken.«
    »Wenn du das machst, komme ich nicht«, sagte Zeinab, »und außerdem hast du schon wieder Liebling zu mir gesagt.«
    »Hast du vor, ihn zu heiraten?«, fragte Inez, als er fort war. »Er ist zwar ein bisschen alt für dich, aber er hat eine Menge Geld und ist nicht so übel.«
    »Ein bisschen zu alt! Sie wissen doch, dann müsste ich von zu Hause weglaufen, und das war’ bitter. Von meiner armen Mami würd’ ich mich nicht gern trennen.«
    An der Ladentür klingelte es. Ein Mann kam herein, auf der Suche nach einem Blumenständer, vorzugsweise in Schmiedeeisen. Zeinab schenkte ihm ihr typisches Lächeln. »Wir hätten da eine
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