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Der Drache am Himmel

Der Drache am Himmel

Titel: Der Drache am Himmel
Autoren: Andreas Sommer
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Platz.
    »Die Figur des Capitano passt gar nicht zu ihm. Warum, frage ich mich, hat er sich wohl ausgerechnet für das Kostüm des Unruhestifters entschieden? Ich meine, er ist doch gar kein Draufgänger, eher im Gegenteil. Du hättest wirklich sehen sollen, wie liebevoll er mit Fabio und Fiona Versteck gespielt hat. Und irgendwelche Rollenspiele. Wie er ihnen Mut machte, sich zu getrauen: Einfach perfekt!«
    »Und was stört dich daran?«
    Carla blickte sie zurechtweisend an. »Gar nichts, wie kommst du denn darauf? Ich sage doch nur, dass dieser Lauterbach ein rundum patenter Mann zu sein scheint. Zum Beispiel hatten wir ein ganz feines Gespräch miteinander. Es berührte mich, dass ihn meine Arbeit als Schöffin so interessierte. Zudem hat er meine Kinder heute Abend glücklich gemacht. Und sehr erfolgreich ist er offenbar auch. Zu allem Überfluss tanzt er wie ein Gott! Und was, meinst du, hat er wohl sonst noch zu bieten?«
    »Er sieht gut aus? Hat Charme?«, schlug Réa vor.
    »Aber irgendein Manko muss er doch auch haben, sonst wäre das ja unerträglich. Grauen erregend.«
    »Was erregt euer Grauen?«
    Réas Sohn Maurice hatte sich von hinten angeschlichen und versetzte der Hollywoodschaukel einen kleinen Stups. Offenbar war er im Pool gewesen, denn sein Haar war nass. Maurice bemerkte gar nicht, dass weder Carla noch seine Mutter auf seine Frage antworteten, denn während er die Schaukel in Schwung brachte, hielt er nach Lilith Ausschau, mit der er vor drei Stunden ein nettes Gespräch von geschätzten zwei Minuten Dauer geführt hatte. Zum Austausch der basics : Wie heißt du? Was machst du? Warum bist du hier? Lilith. Achtzehn. Kunstschule. Anwesend, weil von Mutter hergeschleppt, Name Barbara, verheiratet mit Henry, Stiefvater. Man sehe sich noch, damit waren sie auseinandergegangen. Danach hatte Lilith, wiederum geschätzt, eine Stunde lang am Büfett mit den schwarzen Köchen geplaudert, war für weitere anderthalb Stunden abgetaucht, um seit Kurzem zu tanzen. Allein. Sie steckte in einer roten Lederjacke und Jeans mit grellrotem Gürtel. Daran baumelte eine Fledermausmaske.
    Ob er nicht auch tanzen wolle? Carla Bellini sah zu ihm auf. Dieses Mädchen … Ob er wisse, wer sie sei, ob er sich vielleicht die Haare trocknen wolle, ob er sich nicht langweile …?
    »Welches Mädchen …?«
    »Das mit der roten Jacke.«
    »Lilith oder so. Sie ist von den Lauterbachs. Seine Stieftochter.«
    Maurice behielt die Tanzfläche im Auge. Lilith bewegte sich wie in Zeitlupe, entrückt und mit geschlossenen Augen. Weil sie den Kopf in den Nacken gelegt hatte, schwang ihr Haar frei über den Rücken. Schwarzes Haar!
    »Woher wissen Sie das, Maurice?«, wollte Carla Bellini wissen.
    Er konnte sich eine Erklärung ersparen, weil die Sängerin übers Mikrofon den Gastgeber ankündigte: »Spendabel und gastfreundlich wie eh und je«, rief sie und übergab an Aldo. Manche klatschten.
    »Danke, liebe Freunde«, sagte Aldo. »Danke, dass ihr alle da seid, ihr Pantalones, Colombinas, Pulcinellas. Carla und ich haben uns gedacht …« Er kniff die Augen zusammen, weil ihn das Scheinwerferlicht blendete. »Wo bist du denn? Ohne la mia donna tauge ich niente . Bis sie hier ist, sage ich kein Wort mehr.«
    Carla war aufgesprungen und zu ihrem Mann geeilt. Hinter Maurice entledigte sich ein Paar seiner Kleider, sprang in Unterwäsche ins Wasser und begann darin herumzuplanschen, während Aldo über die Tradition und das Haus Bellini, über den Karneval und die Lebensfreude redete – und Carla dazwischenrief, das Nachspeisenbüfett sei jetzt eröffnet und danach gebe es Feuerwerk. Aldo schloss mit den Worten: »Tradition ist auch, dass wir jedes Jahr diejenigen begrüßen, die unseren Kreis zum ersten Mal beehren. Hoffentlich haben Sie alle ein Glas zur Hand. Wir stoßen an auf Henry Lauterbach, unseren Capitano, seine reizende Frau Barbara und Tochter Lilith. Die Lauterbachs haben das tänzerische Niveau unseres Festes heute ganz gewaltig angehoben. Davon durfte ich mich eben auch persönlich überzeugen, danke dafür, Barbara. Na, und Henry Lauterbachs Darbietung an der Seite unserer unvergleichlichen Rosa Belzer konnten wir ja alle gemeinsam bewundern. Natürlich wissen wir, dass Henry Lauterbach ein erfolgreicher Verleger ist. Mit Schwerpunkt Esoterik. Aber Sie werden feststellen, dass er alles andere als ein abgehobener Mensch ist, außer, wenn er tanzt. Sonst steht er ganz auf dem Boden der Wirklichkeit. Carissimi! Siete i
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