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Der Dominoeffekt

Der Dominoeffekt

Titel: Der Dominoeffekt
Autoren: Theo Pointner
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der Hand über den Po und gab ihr einen schnellen Kuss.
    »Bis morgen.«

2
     
     
     
    Günter Vollmert quetschte seinen klappernden Golf III in die letzte freie Parklücke in Sichtweite des Einfamilienhauses in Bochum-Stiepel und schaltete den Motor aus. Er hatte noch eine halbe Stunde Zeit, bevor sein Zielobjekt das Haus verließ. Aber in seinem Job konnte es verdammt teuer werden, wenn man zu spät kam.
    Die Hitze war unerträglich, zu seinem Glück befand sich der Parkplatz unter einer Buche. Der sonnenüberflutete Gehweg war wie ausgestorben. Die einzigen Laute stammten von der nicht weit entfernt gelegenen Hauptstraße und den zahlreichen Rasensprengern, die in den umliegenden Gärten kühles Nass versprühten.
    Vollmert war schon seit kurz nach halb elf unterwegs. Heute Mittag hatte er zwar einen Stopp in seinem Büro einlegen können, aber zu mehr als einer hastig gekippten Flasche Mineralwasser und einem Salat aus einem Schnellrestaurant hatte die Zeit nicht gereicht. Immerhin hatte er endlich mal wieder einen Fall abschließen können. Der Handwerksmeister, der ihn auf die Fersen einer seiner Gesellen gehetzt hatte, würde an den Fotos des krankgeschriebenen Schreiners, der in mühevoller Handarbeit eine Garage an sein kleines Zechenhaus anbaute, seine Freude haben.
    Von derartigen Aufträgen lebte Vollmert. Entweder von so etwas oder den nie aussterbenden untreuen Ehemännern und Ehefrauen. Nach der Novellierung des Scheidungsrechts und der Abschaffung der Schuldfrage war es zwar eigentlich irrelevant, ob man einen Beweis für den Ehebruch hatte oder nicht, aber es gab immer noch genügend eifersüchtige Menschen, die einfach die Wahrheit wissen wollten.
    Nun, solange sie Vollmert zweihundert Euro plus Spesen pro Tag für seine Schnüffeleien bezahlten, konnte es ihm egal sein. Darüber hinaus bot sich ihm immer mal wieder die Gelegenheit, ein nicht unbeachtliches Zubrot über das vereinbarte Honorar hinaus abzusahnen.
    Aber nur selten bekam er anspruchsvollere Aufträge, etwa das Wiederfinden von verschwundenen Personen, nach denen die Polizei meist nur halbherzig suchte, oder Anfragen von Versicherungsunternehmen, die entweder an der Wiederbeschaffung entwendeten Diebesguts interessiert waren oder Beweise für einen Versicherungsbetrug suchten. Bei solchen Fällen legte Vollmert wesentlich mehr Engagement als bei diesem langweiligen, alltäglichen Kram an den Tag, aber leben konnte er von den wenigen attraktiven Aufträgen nicht.
    Der Privatdetektiv lümmelte sich in die durchgesessenen Polster seines Volkswagens, klaubte die aktuelle Ausgabe der Bild vom Beifahrersitz und schlug sie auf dem Lenkrad auf. Natürlich las er das Käseblatt nicht, weil ihn die Artikel interessierten, sondern weil er so auf einen zufälligen Passanten weniger auffällig wirkte. Seine Augen checkten alle fünfzehn bis zwanzig Sekunden den Hauseingang. Dort tat sich immer noch nichts.
    Die Minuten krochen wie Stunden, aber daran war Vollmert gewöhnt. Für jede Stunde, die er wartend entweder im Auto, in einem Restaurant oder einer sonstigen Örtlichkeit verbracht hatte, einen Hunderter, und er hätte für den Rest seines Lebens ausgesorgt. Gott sei Dank hatte sein derzeitiges Zielobjekt an den beiden Abenden, an denen er die Frau bisher beschattet hatte, korrekt den Zeitplan eingehalten, den ihm ihr Mann, ein feister Immobilienhändler, dessen Achselhöhlen garantiert auch im Winter bei Minustemperaturen wagenradgroße Schweißränder zierten, zusammen mit zwei Fotos in einem Umschlag über den Schreibtisch geschoben hatte. Vollmert war der Mann vom ersten Moment an unsympathisch gewesen und er hätte vollstes Verständnis dafür gehabt, wenn die Frau ihrem Gatten Hörner aufsetzen würde. Aber bisher waren seine Überwachungsaktionen ergebnislos geblieben.
    Noch maximal fünf Minuten, bis sich die Tür öffnen würde, höchste Zeit, noch einmal die Ausrüstung zu prüfen. Vollmert warf die Zeitung auf die Rückbank und griff in den Rucksack, der im Fußraum vor dem Beifahrersitz lag. Schon auf den ersten Blick erkannte er, dass er nichts vergessen hatte: Die kleine, handliche Videokamera war da, das Fotohandy, die zigarettenschachtelgroße Digitalkamera mit sechs Millionen Bildpunkten, das kleine Richtmikrofon sowie das Aufnahmegerät. Der Kram war nichts im Vergleich zu dem Material, mit dem er früher hatte arbeiten können, aber doch eindrucksvoll genug, um potenziellen Kunden den Anschein von Professionalität zu
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