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Der Dominoeffekt

Der Dominoeffekt

Titel: Der Dominoeffekt
Autoren: Theo Pointner
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beschleunigte seine Schritte. Als er die Glastür passiert hatte, sah er sie sofort. Die Frau saß in einer Nische, die Ledertasche neben den Füßen abgestellt, und studierte die Karte. Das wirkte viel versprechend.
    Ohne falsche Hast blickte sich der Detektiv in dem Lokal um, so, als suchte er das Gesicht eines Bekannten, und steuerte dann einen Stuhl in der Nähe der Frau an. Er legte sein Handy auf den Tisch, platzierte das in ein Kugelschreibergehäuse gebastelte Richtmikrofon daneben, zog ein Nachrichtenmagazin aus dem Rucksack und lehnte sich aufatmend zurück. Bei der eilfertigen Bedienung bestellte er sich einen Eistee, dann vertiefte er sich zum Schein in einen Artikel. Er war bereit.
    Gabriele Schepers – so hieß die Frau – nahm die Sonnenbrille ab und zog eine Packung Zigaretten hervor, eine ziemlich ungewöhnliche Marke: lange, braunschwarze Kippen, die dünner, dafür aber deutlich länger waren als die gängigen Brennstäbe. Nachdem sie angeraucht hatte, bestellte sie ein Wasser und fixierte mit wachen Augen die Eingangstür.
    Vollmert grinste, die Frau machte es ihm wirklich fast zu einfach. Er schloss mit sich selbst eine Wette ab, dass, sobald ihr Lover das Lokal betrat, ein Strahlen über ihr Gesicht gleiten würde; für ihn das Startzeichen, das Aufnahmegerät zu aktivieren und das Handy schussbereit zu halten. Und tatsächlich, keine drei Minuten später veränderte sich der Ausdruck des Gesichts am Nebentisch. Ein breites Lächeln verklärte die Züge der Immobiliengattin.
    Der Detektiv griff in die Seitentasche des Rucksacks, startete die stimmaktivierte Aufnahme und zog den kleinen Ohrhörer heraus. Damit konnte er die Qualität der Aufnahme kontrollieren und die anstehende Unterhaltung verfolgen.
    Augenblicke später trat ein vollschlanker Enddreißiger an den Tisch der Frau, beugte sich zu ihr herunter und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Vollmert war enttäuscht, der Typ sah allerhöchstens durchschnittlich aus. Der Detektiv hatte Gabriele Schepers einen sonnengebräunten Gigolo zugetraut, aber nicht so einen blassbäckigen Bürofurzer mit zehn Kilo Übergewicht. Na ja, vielleicht hatte der Typ andere Qualitäten.
    Die Bedienung brachte den Eistee, den Vollmert sofort bezahlte, um jederzeit zum Abmarsch bereit zu sein. Dann gab er den beiden Turteltauben, die sich nun gegenseitig anhimmelten und sülzige Schmonzetten ins Ohr hauchten, noch ein paar Sekunden, bevor er bedächtig nach seinem Handy griff.
    Perfekt, er hatte das Paar optimal im Bild. Vollmert tat so, als tippte er eine SMS, und drückte dabei mehrmals auf den Auslöser. Schepers und ihr Lover, wie sie Händchen hielten, wie seine Hand ihre schlanken Schenkel streichelte, ein flüchtiger Kuss auf die Lippen. Eigentlich reichte das schon, zusammen mit dem akustischen Geturtel war es mehr als eindeutig, zu welchem Zweck dieses Treffen stattfand. Aber Vollmert war sich sicher, dass er heute Abend noch bessere Beweise für die Untreue der Frau sammeln konnte.
    Eine knappe Viertelstunde später war das Vorspiel beendet, die Frau bezahlte ihr Wasser und die Cola ihres Begleiters. Bevor die beiden aufbrachen, stand Vollmert auf und verließ das Lokal.
    Am Ende der Außenterrasse blieb er stehen und kramte suchend in seinem Rucksack, bis das Pärchen Hand in Hand an ihm vorbeiging. Es schlug den Weg zurück zum Parkplatz ein, Vollmert folgte ihm mit gebührendem Abstand. Noch zwei schnelle Fotos, dann steckte er das Handy wieder in die Brusttasche.
    Beinahe hätte er doch noch den Anschluss verloren, viel zu spät merkte er, dass sie nicht das Cabriolet der Frau ansteuerten, sondern zum Wagen ihres Begleiters gingen. Eilig näherte er sich ihnen, bis er sich sicher war, dass sie in einen schon etwas angejahrten VW-Bus kletterten. Er hastete zu seinem Wagen. Zu seinem Glück herrschte auf dem Parkplatz immer noch so viel Betrieb, dass der Bus nur langsam in Richtung Ausfahrt rollen konnte. Nur zwei Autos befanden sich zwischen Vollmert und dem Pärchen, der Bus bog nach links ab, wieder Richtung Bochum. Der Detektiv atmete auf.
    An der Abzweigung zur Kemnader Straße fuhr der Bulli erneut nach links, Richtung Hattingen. Vollmert schaffte es mithilfe des Kick-downs, noch vor einem Linienbus auf die Hauptstraße zu gelangen, dann nahm er den Fuß vom Gaspedal.
    Der VW querte die Ruhrbrücke, ließ die Wasserburg links liegen und fuhr an der nächsten Kreuzung geradeaus. Kurz vor der Stadtgrenze zu Witten bog das Gefährt in eine
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