Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der digitale Daemon

Der digitale Daemon

Titel: Der digitale Daemon
Autoren: Ralph Haupter
Vom Netzwerk:
Kriminalität absieht, die sich naturgemäß auch – und auf neuartige Weise ganz spezifisch – in der digitalen Welt bemerkbar machen, so stellt sich bereits unterhalb der strafrechtlichen Qualität die Frage nach dem staatlichen »Wächteramt« in Bezug auf den Jugendschutz und allgemein für den Verbraucherschutz. Diese Frage ist sensibel und erlaubt keine vorschnellen Antworten.
    All die lieb gewordenen Dienste – Suchmaschinen, Karten- und Panoramadienste – gäbe es vielleicht nicht, wenn wir stets sofort eine Regelung erlassen und dabei anstelle der Chancen die Gefahren in den Vordergrund gerückt hätten. Zu strenge Datenschutzvorgaben, die einseitig gegen die Unternehmen gerichtet sind, könnten die Möglichkeiten für innovative Start-up-Firmen beeinträchtigen. Bei einem generellen »Opt-in« bestünde die Gefahr, dass manche Dienste für den Verbraucher nicht mehr zu attraktiven Konditionen angeboten werden könnten. Deshalb haben wir gut daran getan, im Zuge der Debatte um Google Street View keinen gesetzgeberischen Schnellschuss abzugeben. Mit dem Datenschutzkodex der Geodatendienste können wir für den Bürger mehr erreichen als mit einem Einzelfallgesetz. Der Weg der Selbstregulierung muss daher fortgesetzt werden. Dies gilt auch für soziale Netzwerke. Denn Geschäftsmodelle, die wesentlich auf der Verwendung von personenbezogenen Daten beruhen, setzen die dauerhafte Akzeptanz durch die Nutzer voraus. Eine glaubwürdige Verpflichtung zum Datenschutz und ihre Einhaltung entsprechen dem ureigenen Interesse der Unternehmen.
    Selbstverständlich können wir auf rechtliche Grundlagen nicht in jedem Fall verzichten. So war es richtig, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik mit ausreichenden Befugnissen auszustatten, um etwa vor Sicherheitslücken in Softwareprodukten und Diensten zu warnen. Notfalls wird es neue gesetzliche Regelungen geben müssen, um schwere Verletzungen des Persönlichkeitsrechts durch unbefugte Profilbildungen zu sanktionieren.
    Im Kern liegt es aber in der Verantwortung der Unternehmen – großer wie auch mittelständischer Firmen –, das Vertrauen der Nutzer in die Sicherheit ihrer Daten zu stärken. Dieses Vertrauen ist nicht nur in Bezug auf soziale Netzwerke gefährdet, sondern resultiert allgemein aus der Furcht vor kriminellen Angriffen. Für die Daueraufgabe IT-Sicherheit muss beides zusammenkommen: das geeignete Hersteller- und Dienstleisterangebot sowie aufgeklärte Nutzer.
    Aber auch die Politik muss ihren Beitrag leisten – aus ihrer Verantwortung gegenüber dem Bürger und aus industriepolitischem Interesse: Das jüngst eröffnete Nationale Cyber-Abwehrzentrum als Plattform unter Federführung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik soll Cyber-Angriffe erstmals umfassend analysieren. Hierdurch soll auch die Zusammenarbeit mit der IT-Wirtschaft intensiviert und die technischen Schutzvorkehrungen von Bund, Ländern und Privatwirtschaft insgesamt verbessert werden. Die deutsche Kryptoindustrie ist in der Lage, höchste Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Für unsere technologische Souveränität brauchen wir nationale Kernkompetenzen. Dann kann Deutschland auch auf dem Weltmarkt ein Vorreiter sein.
    Noch ein Wort zu den Aufreger-Themen »Bundestrojaner« und »Vorratsdatenspeicherung«: Natürlich sind staatliche Behörden im demokratischen Rechtsstaat besonders gehalten, das Vertrauen in die Integrität persönlicher Daten der Bürger zu schützen und zu stärken. Die Möglichkeit für Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden, auf Kommunikationsdaten von Straftätern und Terroristen zugreifen zu können, muss daher eng und rechtsklar gefasst sein. Die effektive Bekämpfung der Kriminalität auch im Internet stellt jedoch eine elementare Staatsaufgabe und einen zentralen Rechtsanspruch der Bürger dar. Wer dies als repressive »Überwachung« diffamiert, argumentiert unredlich. Die Sicherheit der Bürger im Internet wird unter rechtsstaatlichen Bedingungen nicht durch Polizisten oder Staatsanwälte und Richter gefährdet, sondern durch Kriminelle. Wer mangelnde Strafverfolgung und die Nichteinhaltung unserer Rechtsordnung als unvermeidliche Nebenwirkung einer grenzenlosen Freiheit im Internet hinnimmt, untergräbt damit ganz erheblich das Vertrauen in die Chancen des Internets. Dies wäre im wahrsten Sinne des Wortes ein Danaergeschenk für diese Technologie.

Wettbewerb, Freiheit, Demokratie: Notwendige Grundwerte im globalen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher