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Der digitale Daemon

Der digitale Daemon

Titel: Der digitale Daemon
Autoren: Ralph Haupter
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und inwieweit wir zukünftig den Anspruch haben wollen, wichtiger Impulsgeber und eigenständiger Akteur bei der weiteren Entwicklung der Menschheit zu sein (Spillmann 2012).
    Vielfältige Faktoren bremsen Europa derzeit im internationalen Wettbewerb um wirtschaftliche wie auch kulturelle Vorherrschaft. Bleibt es bei der heutigen Geburtenrate, so wird es für Europa selbst bei einer zeitnahen europäischen Integration schwer, zukünftig noch eine herausragende Rolle in der Welt zu spielen. Andere, für gereifte Gesellschaften typische Entwicklungen sind zum Beispiel ein weit verbreiteter Innovationspessimismus, eine in Teilbereichen völlig irrationale Technikfeindlichkeit, eine in alle gesellschaftlichen Teilbereiche hineinwirkende fast völlige Risikoaversion und eine zunehmende Abkehr vom Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit zugunsten leistungshemmender Leitbilder, wie dem einer übersteigerten Verteilungsgerechtigkeit bzw. einer vom Ergebnis her definierten Chancengleichheit. Sie alle prägen unsere gesellschaftliche Entwicklung, wirken auf Motivation und Arbeitshaltung von Menschen und senken so die Attraktivität Europas als Wirtschafts- und Lebensmittelpunkt insbesondere für junge, tatkräftige Menschen und aufstrebende Unternehmen kontinuierlich weiter.
    Nicht zuletzt die Ereignisse um das überregional bedeutsame Infrastrukturprojekt »Stuttgart 21« verdeutlichen exemplarisch, mit welcher Macht zukunftspessimistische Gruppen eine ökonomisch, ökologisch und sozial zukunftsfähige Entwicklung unserer Gesellschaft behindern, und dabei auch die demokratische Rechtsstaatlichkeit in Frage stellen.
    Doch auch aus anderer Perspektive stehen derzeit der Erhalt von Freiheit und Demokratie in Europa auf dem Prüfstand: Debatten um den ESM und andere Stabilitätsmechanismen wie auch Debatten um die staatliche Regulierung des Internets zielen letztlich auf die Frage nach dem Geltungsbereich demokratisch kontrollierter Ordnung.
EU-Initiative für globale Internetregeln
    Schon im Jahre 1998 hatte sich die EU-Kommission für eine globale Kommunikations-Charta eingesetzt. Ein weltweit gültiger Rahmen sollte die Nutzung des Internets für grenzüberschreitende Geschäfte und den Handel sichern und einen Flickenteppich an Regulierungen – insbesondere beim Datenschutz – verhindern.
    Eine solche Charta fehlt bis heute. Rund 14 Jahre später stehen wir – teilweise verschärft – vor denselben Problemen, die man durch Nicht-Anwendung geltenden Rechtes »auszusitzen« versucht. Nicht nur in Deutschland wird in Teilen des Internets geltendes Recht zugunsten der Übereinkünfte Privater nicht durchgesetzt. Daher wird das Internet auch häufig als rechtsfreier Raum bezeichnet bzw. insbesondere von Jugendlichen auch als solcher verstanden.
    Im Bereich der E-Mail-Kommunikation zeigt sich, dass eine wirksame Eindämmung des Phänomens Spam unter dem herrschenden Regelungsregime des Netzes überhaupt unmöglich scheint. Cookies als Werbemittel oder neue Initiativen der Schufa zur Sammlung von Bürgerdaten bei Facebook und deren Auswertung bewegen sich im quasi rechtsfreien Raum. Die lange diffuse Angst vor dem »gläsernen Bürger« in der »einen globalisierten Welt« nimmt immer konkretere Formen an. Ob die staatlichen Anstrengungen zur Vermittlung größerer Medienkompetenz eine wirksame Minderung der (Selbst-)Gefährdung der Menschen bei der Nutzung des Internets induzieren, erscheint zumindest unklar.
Die Regulierung des Internets – Herausforderung des 21. Jahrhunderts
    Zwischen den Polen eher zentralistisch und weniger demokratisch ausgerichteter asiatischer Machtzentren und den Vereinigten Staaten von Amerika müssen wir Wege finden und geeignete Institutionen entwickeln für eine europäische Integration, mit der wir den Herausforderungen der Zukunft ebenso genügen, wie wir Demokratie, Freiheit, wirtschaftlichen Wettbewerb und kulturelle Vielfalt bei der Gestaltung des friedlichen Zusammenlebens in unserem Gemeinwesen auch in Zeiten des Mediums Internet bewahren.
    In Bezug auf eine demokratisch legitimierte Regulierung des Austauschs über das Medium Internet wäre zu entscheiden, in welcher Form unterschiedliche Rechtskulturen Eingang in deutsche resp. europäische Regelungen finden sollen. Ob Urheberrecht, Datenschutz, Wettbewerbsrecht, Strafrecht: Es bedarf eines verlässlichen Rahmens für den fruchtbaren Austausch von Gütern, Diensten oder auch Worten und Meinungen über das Internet. Prägende
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