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Der dicke Löwe kommt zuletzt

Der dicke Löwe kommt zuletzt

Titel: Der dicke Löwe kommt zuletzt
Autoren: Max Kruse
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und deshalb ist er der einzige, der helfen kann.«
    »Das ist die beste Idee!« stimmte Kim ihr zu? Wu wölbte stolz seine Brust. Nur Löwe war nicht überzeugt.
    »Wie lange soll es denn dauern, bis Dok hier ist? Wie lange dauert es erst einmal, bis wir ihn unterrichtet haben? Kann er überhaupt kommen? Wer redet so rasch mit ihm?«
    »Ka wird hinfliegen, nicht wahr, lieber guter Ka, du sprichst mit ihm?« bat Pips.
    »Natürlich. Aber wenigstens eine Nacht muß ich mich ausruhen, sonst schaffe ich es nicht bis Neulöwenburg.«
    Das sahen sie ein — wenn auch schweren Herzens. Und Löwe grollte heimlich, so daß es die anderen nicht hörten: »So fängt es an, bis morgen warten! Und dann dauert es bis morgen abend oder übermorgen, ehe Dok kommt. Oder noch viel länger... Eine Verzögerung wird auf die andere folgen... Was für ein dummer Plan! Und das allerdümmste daran ist, daß mir auch kein besserer einfällt.«
    Sie gingen gemeinsam in den Palast. Es wurde Abend. Die Schatten wuchsen. Bald würde der ganze Garten von Dunkelheit erfüllt sein.
    Vom Minarett der Moschee rief der Muezzin die Gläubigen zum Gebet.

Löwes Flucht

    Es wurde eine Nacht, in der fliegende Wolken wieder den hellen Mond verdeckten. Löwe konnte nicht schlafen. Auch den anderen waren die Augen erst spät zugefallen.
    Löwe lauschte ihren Atemzügen. Er beneidete sie um ihren Schlummer. Tausend wirre Gedanken spazierten durch seinen Kopf. Er dachte an die vielen Abenteuer, die der Sultan und er schon miteinander durchgefochten hatten. War es je vor gekommen, daß der eine den anderen auf Hilfe warten ließ? Immer konnten sie sich blind aufeinander verlassen. Und jetzt sollte das anders sein? War es nicht vielleicht morgen schon zu spät?
    Er seufzte. Ach, es hatte keinen Sinn, darüber mit den anderen zu sprechen. Es war ja bestimmt auch sehr gut, Dok zu Hilfe zu rufen, ja, sicher war das richtig. Schon einmal hatte Dok den Sultan aus einer verzwickten Situation befreit... ein anderes Mal Totokatapi... Wären sie nur schon hier! Aber bis dahin verging Zeit, viel Zeit! Wie nun, wenn er vorausführe? Ohne Doks Ankunft abzuwarten! Ja, das war ein guter Gedanke. Das war endlich ein vernünftiger Plan! Dann konnte er gleich helfen. Und die anderen kamen hinterher! — Falls er nicht, noch bevor sie überhaupt aufbrachen, mit dem Sultan und dem Kamel schon zurückkehren würde, als Retter!
    Vorsichtig erhob er sich. Er zögerte einen Augenblick. Wu drehte sich auf die Seite und kläffte leise im Traum. Das bedeutete nichts. Niemand hörte ihn. Auf Katzenpfoten schlich Löwe hinaus. Der bleiche Mond leuchtete ihm. Er tappte die Marmortreppe hinunter. Er durchquerte die Vorhalle mit den Säulen, über die sich Rundbogen zu Rundbogen schwang.
    Er kam an das Löwentor. Aber das Tor war geschlossen. Natürlich! Seit damals, als der Teppich gestohlen worden war, blieb im Palast keine Tür mehr offen. Löwe überlegte. Ob er vielleicht vom oberen Umgang in den Park hinabspringen konnte? Es war sehr hoch, aber es mochte gelingen. Und dann konnte er über die Parkmauer setzen...
    Rasch kehrte er um. Der Gang mit dem verzierten Geländer lag im silbernen Licht. Die dunklen Bäume des Parkes rauschten. Löwe sprang, seine Pfoten berührten kaum die Brüstung — schon schoß er abwärts, Äste peitschten seinen Kopf. Geschickt überschlug er sich beim Aufprall und dachte: Du bist doch nicht mehr der Jüngste! Aber schnell war er wieder auf den Pfoten, durchquerte den Park im Galopp, gelangte zur Steinmauer — sie war zwei Mann hoch — , machte einen Satz, erreichte den obersten Rand, krallte sich fest, zog sich empor, sprang wieder — und stand auf der Straße.
    Geschafft! Niemand hatte seinen Aufbruch bemerkt. Seine Schnurrbarthaare zuckten — er freute sich!

    Munter trabte er zum Hafen. Die Straßen waren wie ausgestorben. Nirgends brannte ein Licht. Auch die Boote lagen verlassen.
    Welches sollte er nehmen?
    Er trabte zum Haus des Fischers Abdulla. Er kannte ihn wie jeden hier. Er stützte seine Vorderpfoten auf das Fensterbrett. »Abdulla«, rief er leise, »Abdulla...«
    »O Allah, wer ist da? Mitten in der Nacht?« antwortete es ängstlich.
    »Ich bin es, Löwe!«
    »Aber beim Barte des Propheten, ich habe doch nichts verbrochen!«
    »Nein, keine Angst! Du mußt mir nur einen Gefallen tun! Ich brauche deine Hilfe!«
    »Ich komme! Ich komme sofort, Löwenpräsident, Erhabener! Wie gerne komme ich, um dir zu helfen! Welche Ehre! Warte nur einen
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