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Der deutsche Goldrausch

Der deutsche Goldrausch

Titel: Der deutsche Goldrausch
Autoren: Laabs Dirk
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wie viele ausländische Unternehmen es gibt, die manchmal denken, wie schwierig es ist, in die Bundesrepublik reinzukommen.«
    Matuschka scheint die Idee von Artzt und Gebhardt unterstützen und ausländischen Unternehmen den Eintritt nach Ostdeutschland verschaffen zu wollen. Zu Graf Matuschkas Finanziers gehört in der Tat zu dieser Zeit die Nomura Corporation aus Tokio. Über die Volksaktie ein Großteil des ostdeutschen Eigentums aufkaufen zu können – die japanische Investmentbank hat dieses Konzept, wie es scheint, noch nicht aufgegeben.
    Die Volksaktie wird Thema im ostdeutschen Wahlkampf. Die SPD und die PDS plädieren auf einmal auch für Beteiligungsmodelle, die dem Matuschka-Konzept ähneln. Damit die jedoch tatsächlich funktionieren können, müsste die DDR unabhängig bleiben und eine zweite Chance bekommen. Die deutsche Einheit müsste warten. Doch die Mehrheit der Menschen in der DDR scheint nicht mehr die Energie aufzubringen, weiter unabhängig vom Westen zu bleiben.
    So schleppt sich das Land zur freien Wahl am 18. März, die eigentlich ein Triumph der Demokratiebewegung werden soll. Aber mit jedem Tag, der vergeht, bis klare Verhältnisse in der DDR herrschen, gewinnen die externen Kräfte an Einfluss. Die Parteien, Konzerne und Berater aus dem Westen versuchen, vollendete Tatsachen zu schaffen.
    9. März 1990, München
    Das Prinzregententheater hat einen solchen Andrang selten erlebt. 1400 Gäste aus Deutschland und der ganzen Welt sind geladen, Bundespräsident Richard von Weizsäcker sitzt in der ersten Reihe: Die Allianz-Versicherung feiert heute ihren hundertsten Geburtstag.
    Zunächst wird der »Barbier von Sevilla« gegeben, anschließend kümmern sich über hundert Hostessen bei mehreren Banketten um die Gäste in den Festsälen. Der Vorstandsvorsitzende der Allianz AG Holding Wolfgang Schieren, der den Konzern seit zwanzig Jahren führt, hält eine Rede. Die Allianz verwalte Kapitalanlagen im Wert von 130 Milliarden D-Mark und gehöre zu den größten Immobilienkonzernen des Kontinents, sagt er stolz. Das reiche der Allianz aber noch nicht, man wolle weiter wachsen. Firmenübernahmen und neue Partnerschaften in der ganzen Welt kündigt Schieren an. Der Versicherungskonzern mache demnächst Geschäfte in Russland, Thailand, Japan, Griechenland – und in der DDR. Gerade am Tag zuvor habe man die Erlaubnis erhalten, in Ost-Berlin eine Repräsentanz zu eröffnen. 11
    Damit untertreibt Schieren maßlos. Er selber erteilte am 14. November 1989, also fünf Tage nach dem Fall der Mauer, dem Chef der Lebensversicherungssparte, Uwe Haasen, telefonisch den Auftrag, in der DDR die »Staatliche Versicherung« zu akquirieren. 12 Seit dem Telefonat arbeitet Haasen, der aus Ostdeutschland stammt, an der Übernahme der »Staatlichen Lebensversicherung«. Die »Staatliche«, wie sie Allianz-Mitarbeiter bald nennen, ist – natürlich – Monopolist auf dem ostdeutschen Markt.
    Haasen versucht, den Anwalt Wolfgang Vogel als »Türöffner« zu engagieren. Vogel ist auch in Westdeutschland bekannt, weil er die Freikäufe von Häftlingen aus der DDR organisierte. Doch Vogel fällt als Unterhändler aus, da er ist inzwischen verhaftet wurde. 13
    Also bearbeitet Haasen die Versicherung direkt. Zunächst trifft er nur die Stellvertreter des Generaldirektors, doch im Januar gelingt es ihm, Schierer mit dem Chef der »Staatlichen«, Günter Hein, zusammenzubringen. Man verhandelt in den nächsten Wochen und einigt sich schließlich darauf, dass die Allianz exklusiver Partner der »Staatlichen« wird. Andere Interessenten aus Westdeutschland, der Schweiz und England blocken Hein und sein Stellvertreter Ullrich ab.
    Der stellvertretende Generaldirektor Günter Ullrich trägt Ende Januar den Vorschlag, die Allianz als Partner ins Boot zu holen, dem DDR-Finanzministerium vor. Das stimmt zu.

    Zur Überraschung der Allianz läuft bis hierhin alles glatt. 14 Der Chefunterhändler der Allianz, Haasen, vermutet, dass der fortschreitende Zersetzungsprozess der »Staatlichen« es den Westdeutschen so leicht gemacht habe. Die DDR-Versicherung muss ihren Kunden und Mitarbeitern schließlich eine Perspektive bieten. 15 Und auch der Generaldirektor und seine Stellvertreter brauchen demnächst Jobs.
    Anfang Februar gibt der Vorstand der Allianz-Holding grünes Licht für das Projekt. Schieren betont auf der Vorstandssitzung, dass die Allianz der einzige westliche Partner der »Staatlichen« werden müsse. Ein
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