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Der deutsche Goldrausch

Der deutsche Goldrausch

Titel: Der deutsche Goldrausch
Autoren: Laabs Dirk
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D-Mark-Armee tatsächlich das Kommando übernimmt? Wie schützt man sich vor einer solchen Invasion?
    An diesem Oktobertag nimmt die »Forschungsgemeinschaft« die Arbeit an einem Papier auf, in dem sie exakt voraussagt, was in den nächsten Jahren in der DDR passieren wird. Und vier Monate später wird Gebhardt auf der freien Babelsberger Höhe ein Konzept in seinen Computer tippen, das die Gründung einer Art Superbehörde vorsieht: eine »Treuhandanstalt«, die das Volkseigentum der DDR-Bürger vor der Invasionsarmee D-Mark retten soll.

1989
DER VERRAT
    Im Säuseln der Schilfhalme, im leisen Rauschen der Bäume, im Murmeln der Bäche konnte man nur folgende Worte erkennen, die bald noch so entfernte Echos wiederholen sollten: Gold! Gold! Gold!
    Abenteuer Goldrausch –
Erinnerungen von Théophile de Rutté

    In der Nacht zum 3. Dezember 1989, Berlin, Grenzübergang Invalidenstraße
    Der Oberst der Staatssicherheit, Alexander Schalck-Golodkowski, sitzt mit seiner Frau Sigrid im Fond einer russischen Limousine. Es ist eine eiskalte Nacht. Vor dem Grenzübergang Invalidenstraße hat sich ein Stau gebildet. 1 Die Mauer ist zwar seit gut drei Wochen faktisch offen, aber noch wird jede Ausreise von den DDR-Grenzbeamten kontrolliert.
    Schalck ist eine Schlüsselfigur des Systems, ein Oberst der Staatssicherheit. Er kann im Gegensatz zu gewöhnlichen DDR-Bürgern auch vor dem Mauerfall in den Westen reisen, wann immer er will. Erst am Vormittag ist er zu Verhandlungen mit dem westdeutschen Innenminister Wolfgang Schäuble nach Bonn geflogen. Doch in dieser Nacht wartet er wie alle anderen DDR-Bürger im Stau an der Invalidenstraße auf seine Abfertigung. Seine Freunde im Zentralkomitee der SED, so fürchtet er, haben sich von ihm abgewandt. 2 Er will kein Aufsehen erregen, wenn er seine Heimat, die DDR, in dieser Nacht für immer verlässt. Er kennt viele Geheimnisse. Die Nachricht von seiner Flucht würde das kommunistische Regime weiter destabilisieren.
    Schalck hat seiner Partei über dreißig Jahre lang Geld beschafft, das sie dringend braucht, um sich an der Macht zu halten. Denn während die DDR der Welt auf den Massenveranstaltungen der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und der SED Ordnung, Organisation und Berechenbarkeit vorgaukelt, regiert hinter den Kulissen das Chaos. Immer fehlt irgendetwas: Eisenerz, Autoreifen, Schrauben. Die Staatsführung muss ständig Löcher stopfen und improvisieren. Dabei wollte die sowjetische Regierung nach dem Zweiten Weltkrieg erreichen, dass die Staaten im kommunistischen Block sich untereinander selbst versorgen: Die Sowjetunion liefert die Energie, im Gegenzug produziert die DDR etwa Bahnwaggons und Schiffe; ein Tauschhandel, der ohne Geld funktioniert, so die Idee. Nur benötigt man für den Bau von Schiffen viel Stahl, und davon gibt es in der DDR nicht genug. Also muss das kleine Land Stahl auf dem Weltmarkt kaufen. Dort wird in US-Dollar abgerechnet. Westgeld hat die DDR aber noch weniger als Rohstoffe.

    Dieses Geld besorgt eine Sonderabteilung, die Schalck 1967 gründet: die Kommerzielle Koordinierung (KoKo). Die KoKo verkauft im Westen alles, was Schalck an DDR-Waren bekommen kann: Antiquitäten, Mastschweine, Billigmöbel. Oft veräußert die Abteilung die Güter unter dem Herstellungspreis, also mit Verlust, nur um an Westdevisen zu kommen. Es ist fast so, als hätte der Schwarzmarkt nach dem Zweiten Weltkrieg nie geschlossen – nur sind jetzt nicht Zigaretten, Schnaps und Konserven um jeden Preis in Ost-Berlin gefragt, sondern D-Mark und US-Dollar.
     
    Schalck ist zwölf Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg zu Ende geht. Als Teenager lernt er den Mangel kennen, und er begreift, dass man improvisieren muss, um an lebenswichtige Waren heranzukommen.
    Schalcks Vater, einen staatenlosen Immigranten aus Russland, verschlägt es nach dem Ersten Weltkrieg nach Berlin. Er kämpft für die Wehrmacht, kehrt aus dem Krieg zurück nach Berlin. Dort muss er sich auf der sowjetischen Kommandantur melden – und taucht nie wieder auf.
    Alexander Schalck wächst als Halbwaise im Ost-Berliner Treptow auf. Er passt sich den neuen Zeiten an, macht eine Lehre in den Elektro-Apparate-Werken Teltow, die von den Sowjets enteignet und übernommen worden sind. Als Mitglied der Freien Deutschen Jugend verteilt er Flugblätter der SED in West-Berlin. Seine Karriere in der Partei beginnt. Im Juni 1953 verteidigt er mit den Panzern der Sowjetarmee das Haus der Ministerien gegen protestierende
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