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Der Daleth-Effekt

Der Daleth-Effekt

Titel: Der Daleth-Effekt
Autoren: Harry Harrison
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hatte.
    »Kommen Sie herein, Avri, kommen Sie herein und setzen Sie sich.«
    Gev ignorierte die Aufforderung. »Ich bin gekommen, um Sie nach Hause zu bringen, Arnie. Sie sind einer unser führenden Wissenschaftler, und Ihr Land braucht Sie.«
    »Es tut mir leid, Avri. Ich bin jetzt hier, und ich bleibe hier.«
    »In Ihrem Labor hat es eine Explosion gegeben«, sagte Gev. »Wir machten uns Sorgen. Zuerst hielten wir Sie für tot, dann für verletzt – und schließlich für entführt. Ihre Freunde haben sich wirklich Sorgen gemacht …«
    »Das lag nicht in meiner Absicht.«
    »… und nicht nur Ihre Freunde, sondern auch Ihre Regierung. Sie sind Israeli, und Ihre Arbeit ist Arbeit für Ihr Heimatland Israel. Bestimmte Unterlagen fehlen; sie sind Ihrem Land gestohlen worden.«
    Gev zündete sich eine Zigarette an und zog den Rauch tief ein. Arnie hob hilflos die Hände und verschränkte sie.
    »Die Arbeit ist nicht gestohlen. Sie ist meine Arbeit, und ich habe sie mitgenommen, als ich nach hier abreiste – freiwillig abreiste. Es tut mir leid, wenn Sie … jetzt schlecht von mir denken. Aber ich habe nur getan, was ich tun mußte.«
    »Worin bestand Ihre Arbeit?« Kalt und knapp kam diese Frage, und sie schmerzte.
    »Jedenfalls ist es … meine Arbeit«, sagte Arnie ausweichend. Er fühlte sich in die Enge getrieben.
    »Aber Arnie – das reicht mir nicht. Sie sind Physiker, und Ihre Arbeit hat mit der Physik zu tun. Obwohl Sie keinerlei Sprengstoff in Ihrem Labor hatten, ist es Ihnen gelungen, eine Einrichtung im Werte von mehreren tausend Pfund in die Luft zu jagen. Was haben Sie erfunden?«
    Arnies Worte fielen wie Steine in den Brunnen des Schweigens.
    »Ich … kann nicht.«
    »Sie müssen! Sie haben keine andere Wahl. Sie sind Israeli, und Ihre Arbeit ist für Israel. Wir sind von einem Ozean von Feinden umgeben, und jeder Mann, jedes Stück Wissen ist wichtig, wenn wir überleben wollen. Sie haben etwas Wichtiges entdeckt, etwas, das uns bei unserem Überlebenskampf helfen kann. Wollen Sie uns dieses Mittel vorenthalten und zusehen, wie wir untergehen – wie Städte und Synagogen dem Erdboden gleichgemacht werden und alles wieder zu Wüste wird? Wollen Sie das?«
    »Sie wissen, daß ich das nicht will, Gev! Lassen Sie mich in Ruhe! Verschwinden Sie hier und fliegen Sie zurück …«
    »Nein, das werde ich nicht tun! Ich lasse Sie nicht in Ruhe. Wenn ich die Stimme Ihres Gewissens sein muß, will ich diese Aufgabe auch erfüllen. Kommen Sie nach Hause. Wir werden Sie willkommen heißen. Helfen Sie uns, wie wir Ihnen geholfen haben.«
    »Nein, gerade das kann ich nicht!« Die Worte schien er sich förmlich aus der Brust zu reißen. Hastig sprach er weiter, als sei der Damm seiner Gefühle plötzlich gebrochen, als könne er nicht mehr an sich halten.
    »Ich habe etwas entdeckt – ich sage Ihnen nicht, wie und warum und was es ist … eine Kraft. Nennen wir es eine Kraft – etwas, das eines Tages vielleicht mächtiger ist als alles, was wir bisher kannten. Eine Kraft, die sich zum Guten und zum Bösen einsetzen läßt, wenn ich sie richtig entwickeln kann – was ich für möglich halte. Aber ich will, daß sie nur zum Guten verwendet wird …«
    »Israel ist also nicht gut? Wollen Sie das damit sagen?«
    »Nein, hören Sie doch zu. Das habe ich nicht gesagt. Ich meine nur, daß Israel ein Bauer im großen Schachspiel der Welt ist und daß es keinen wirklichen Verbündeten hat. Öl. Die Araber haben das Öl, und die Sowjets und die Amerikaner wollen es und sind bereit, jedes nur denkbar schmutzige Spiel mitzumachen, um es zu bekommen. Niemand interessiert sich für Israel, abgesehen von den Arabern, die seine Vernichtung wünschen, und den Weltmächten, die auch gern einen Weg finden möchten, diesen störenden Faktor auf kaltem Wege abzuservieren. Öl. Eines Tages wird es Krieg geben, irgend etwas wird geschehen, und wenn Sie dann meinen … wenn Sie dann das hätten, wovon wir sprechen, würde es als Waffe eingesetzt. Sie würden es einsetzen – vielleicht mit Tränen in den Augen, aber Sie würden es einsetzen, und das wäre dann die entsetzliche Konsequenz, die ich um jeden Preis verhindern möchte.«
    »So«, sagte General Gev so leise, daß Arnie ihn kaum verstehen konnte, »dann wollen Sie also aus Motiven des Stolzes und des persönlichen Ehrgeizes diese Kraft Ihrem Lande vorenthalten und lieber zusehen, wie es untergeht?«
    Arnie erhob sich und stützte sich schwer auf den Tisch. Schweigen trat ein.
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