Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Daleth-Effekt

Der Daleth-Effekt

Titel: Der Daleth-Effekt
Autoren: Harry Harrison
Vom Netzwerk:
Langsam ließ er sich wieder auf seinen Stuhl zurücksinken. »Gut. Sie haben recht. Wenn Sie behaupten möchten, daß ich nicht mehr an die Demokratie glaube, sagen Sie es ruhig, denn in dieser Angelegenheit trifft es zu. Ich habe die Entscheidung getroffen und übernehme allein die Verantwortung. Ich sehe sie – vielleicht um mich vor mir selbst zu entschuldigen – als einen Akt der Menschlichkeit.«
    »Der Gnadentod ist auch ein Akt der Menschlichkeit«, sagte Gev tonlos.
    »Sie haben natürlich recht. Ich habe keine Entschuldigung. Ich habe eigenmächtig gehandelt und bin bereit, die Verantwortung zu tragen …«
    »Auch wenn Israel an Ihrer Arroganz zugrunde geht?«
    Arnie öffnete den Mund, aber ihm fehlten die Worte. »Ich tue, was ich tun muß«, sagte er schließlich heiser. »Ich reise nicht mit Ihnen. Ich habe Israel verlassen, wie ich gekommen bin – freiwillig. Sie haben keine Möglichkeit, mich zu zwingen, Gev.«
    General Gev stand auf und schaute auf den gebeugten Kopf hinunter. Er schwieg lange Zeit, aber als er dann sprach, schwang in seiner Stimme das Echo aus dreitausend Jahren der Verfolgung, des Todes, des Klagens und einer großen, großen Traurigkeit.
    »Sie, ein Jude, können so etwas tun …?«
    Auf diese Frage gab es keine Antwort, und Arnie schwieg. Gev war Soldat genug, um seine Niederlage einzusehen, wenn er sie auch nicht verstehen konnte. Er kehrte dem Tisch den Rücken. Er sagte nichts mehr – es gab nichts mehr zu sagen. Es gab nur noch eines, diesem Mann den Rücken zu kehren und den Raum zu verlassen. Mit den Fingerspitzen stieß er die Tür auf und ließ sie offenstehen, ohne sie noch einmal zu berühren. Aufrecht, im Marschtritt – ein Mann, der eben eine Schlacht verloren hat, der aber nie einen Krieg verlieren würde, weil er ihn nicht überlebt hätte.
     
    Ove kam wieder ins Zimmer und wanderte ziellos herum, stapelte Magazine auf, zog hier und da ein Buch heraus, um es ungeöffnet wieder wegzustellen. Nachdem er sich auf diese Weise einige Minuten schweigend beschäftigt hatte, ergriff er das Wort, wich aber auf ein anderes Thema aus.
    »Hör mal, wir haben heute phantastisches Wetter. Die Sonne scheint, und man kann kilometerweit sehen. Essen wir in Langelinie Pavillionen und sehen wir den vorbeifahrenden Schiffen zu. Wie wär’s?«
    Als Arnie jetzt den Kopf hob, erschrak Ove über den elenden Gesichtsausdruck. »Ja, wenn du möchtest. Wir können draußen essen.« Seine Stimme war so tonlos, wie sein Gesicht bewegt war.
    Ove steuerte den kleinen Sprite geschickt durch den zusammenfließenden Verkehr am Trianglen und durch die Østerbrogade zum Wasser. Der Wagen schoß durch eine Verkehrslücke auf der Langelinie und kam hinter dem Pavillionen-Restaurant zum Stehen. Es war noch früh, so daß sie noch einen Tisch an dem großen Glasfenster bekamen, das eine Wand bildete. Ove winkte dem Kellner zu und bestellte schon an der Tür. Als sie ihre Stühle zurechtrückten, wurde bereits eine Flasche Aquavit aufgetragen, die in einem Eisblock eingefroren war; dazu einige eiskalte Flaschen Tuborg Festival-Bier.
    »Hier«, sagte Ove, als der Kellner zwei fingerhutgroße Gläser mit kaltem snaps füllte. »Trink das.«
    »Skål«, sagten sie feierlich und leerten die Gläser.
    Etwas später nippte Arnie an seinem Bier und schaute zu der schwarzweißen Fähre hinüber, die auf ihrem Weg nach Schweden behäbig vorüberglitt.
    »Ein Schiff«, sagte Arnie, der – nachdem er sich nun wieder mit seiner Arbeit befassen konnte – alles abgeschüttelt zu haben schien, was ihn beunruhigt hatte. »Wir brauchen ein Schiff. Wenn wir eine größere …« Er zögerte, und die beiden Männer sahen sich wie Verschwörer um, ohne die Kopie zu bewegen. Dann fuhr Arnie leise fort: »Eine größere Einheit. Die erste ist zu klein und soll nur eine Demonstration der Theorie sein. Über kurz oder lang werden wir einen Großversuch machen müssen, um endlich festzustellen, ob wir mehr als nur ein blödsinniges Laborgerät haben, das alles in die Luft jagt.«
    »Es wird schon klappen. Ich weiß, daß es klappt.«
    Arnie verzog das Gesicht und griff nach der Flasche.
    »Hier, nimm noch einen snaps «, sagte er.
     

 
4.
     
    »Es geht um die Geheimhaltung«, sagte Skou. Er hatte auch einen Vornamen, Langkilde, den er – vielleicht aus gutem Grund – nie ins Gespräch brachte. »Skou«, beharrte er. »Nennen Sie mich einfach Skou.« Es war, als hieße er alle Männer in einem zwanglosen Freundeskreis
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher