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Der Computer und die Unsterblichen

Der Computer und die Unsterblichen

Titel: Der Computer und die Unsterblichen
Autoren: Alfred Bester
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alles abgehört und seien unzufrieden. Die Wiederholungen langweilten sie, und einer aus dem Polizeipräsidium habe gerade vorgeschlagen, einen agent provocateur hineinzuschicken, um einen unterhaltsameren Aufruhr anzuzetteln.
    Jacy zog also los, der liebenswerteste Spinner, den ich je gekannt habe. Er trug noch immer das lange Haar und den Bart und sah wie Anfang dreißig aus, so daß er einigermaßen sicher sein und keinen Anstoß erregen würde, aber ich ging ihm trotzdem nach, für alle Fälle.
    Auf dem Campus herrschte das traditionelle Durcheinander: Raketen, Laser, Feuerbomben und Verbrennungen, also war jedermann glücklich. Sie sangen und brüllten Reime: »Eins, zwei, drei, vier«, und etwas, das sich auf vier reimte. »Fünf, sechs, sieben, acht«, und etwas, das sich auf acht reimte. Viel höher konnten sie nicht gehen, weil Arithmetik nicht länger Pflichtfach war. Die Polizisten hatten ihre rituellen Absperrketten gebildet und feilschten miteinander um das Recht, die hübschesten Mädchen festzunehmen und zu vergewaltigen. Der verrückte Jacy marschierte mitten in die Zeremonie.
    Das wird eine neue Bergpredigt, dachte ich, und ich habe keinen Recorder mitgebracht. Scheiße!
    Aber er kam nicht mehr zu Wort. Ungefähr zwanzig Militante griffen einen abgestellten Polizeihubschrauber an und schaukelten ihn. Sie warfen ihn auf die Seite und zerschlugen Rotorblätter und Kabinenfenster. Dann schaukelten sie wieder, und anscheinend wurde der Schwung zu groß, denn das Wrack überschlug sich einmal und begrub Jacy unter sich.
    Als ich hinüberrannte, gab es dumpf platzende Geräusche, und auf einmal war die Luft voll Gas (heutzutage mit LSD vermischt), und die jungen Leute blieben stehen und holten tief Atem. Ich wurde auch vergast, aber ich erreichte das Wrack und versuchte es anzuheben. Unmöglich.
    Drei Bullen kamen und packten mich.
    »Helfen Sie mir, das Ding hochzuheben«, hustete ich. »Darunter liegt ein Mann.«
    Wir stemmten uns gemeinsam gegen den Rumpf. Nichts. Dann erschien ein großer, knochiger Kerl mit tiefliegenden Augen und kupferfarbener Haut, packte an und wälzte das Wrack herum. Christus kam mit hoch, vom Chassis gekreuzigt, und so begegnete ich meinem ersten erfolgreichen Kandidaten für das ewige Leben.
     

 
2.
     
    Er war der epileptische Typ, das sah ich sofort. Ein ausgezeichneter Kandidat, groß, sehnig, stark. Er legte den Verletzten über die Schulter und trug ihn zur Universitätsklinik. Jacy stöhnte auf Aramäisch, der Sprache, die er bei seiner Mutter auf dem Schoß gelernt hatte. In der Notaufnahme behandelte man meinen Kandidaten mit großem Respekt. Die ganze Zeit ging es: »Ja, Doktor, nein, Doktor, gewiß, Doktor.« Anscheinend war er ein Genius.
    Wir brachten Jacy zu Bett. Ich machte mir keine Sorgen um ihn; es gehört mehr dazu, um einen Molekularen Menschen in Gefahr zu bringen, aber die Möglichkeit von Lepcer schreckte mich. Das ist die wirkliche, die ständige Gefahr. Doch später mehr davon. Ich flüsterte Jacy zu: »Ich habe dich als J. Christmann angemeldet. Keine Sorge, ich werde mich um dich kümmern.«
    Der Kerl sagte auf XX: »He, Mann, du sprichst frühes Englisch. Wieso das?«
    Ich sagte: »Du auch, wie das?«
    »Vielleicht sage ich es dir eines Tages.«
    Zehn Minuten später saßen wir in einem typischen Studentenlokal mit psychedelischer Dekoration, ächzendem Dauerorgasmus vom Tonband, ausgeblasenen Typen, die am Boden lagen und träumten, Werbeprojektionen, die wie echt herumstanden. »Hallo«, sagte ein jovialer Riese. »Ich bin Ihr freundlicher Bankberater. Helfen Sie uns in unserem Bemühen, das ökologische Gleichgewicht zu erhalten, vertrauen Sie uns Ihr Geld an, das wir ...« Wir gingen durch ihn und an die leere Theke.
    »Ein doppeltes Feuerwasser«, sagte ich, »und für meinen Freund einen doppelten Soda.«
    »Soda mit Gas?« wollte der Barmann wissen. »Hasch? Amphetamin? Koks?«
    »Einfach Soda, Mann. Er wird davon high.« Die Gläser kamen, ich trank vom Feuerwasser und krümmte mich.
    »Beinahe hätte ich einen Magenkrampf bekommen«, sagte ich.
    »Das glaube ich«, sagte er mit sachverständigem Nicken. »Es ist das Strychnin, das wir hineintun. Die Bleichgesichter lieben es.«
    »Was meinst du damit, ›wir‹?«
    »Wir brennen es in der Erie-Reservation und verkaufen es den Bleichgesichtern. Wir dachten, warum nicht mal umgekehrt? So sind wir reich geworden. Feuerwasser und Schlafmohn.«
    Ich nickte. »Ich bin Prince, Ned Prince. Wer
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