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Der Computer und die Unsterblichen

Der Computer und die Unsterblichen

Titel: Der Computer und die Unsterblichen
Autoren: Alfred Bester
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zerstören.«
    Er stieß einen Schrei aus, der die erschreckten Kryos davonjagte, und stürzte sich auf Hic, der die verdammte Maschine mit seinen kräftigen Händen und einer meterlangen Brechstange angriff, die er aus dem Overall gezogen hatte. Ich stellte Guess ein Bein und brachte ihn zu Fall.
    Wie sich zeigte, war es nicht nötig, daß Sequoia den Computer verteidigte; der letztere hatte alles gehört und verteidigte sich selbst. Lampen zerplatzten und überschütteten uns mit Scherben; die Klimaanlage explodierte, die elektronischen Türschlösser brannten durch, Kurzschlüsse funkten aus den Lichtleitungen, und der Geruch verschmorter Kabel erfüllte die Luft. Dann wurden die Satellitencomputer geopfert. Sie begannen zu qualmen und zu brennen, und es schien, daß der Extro entschlossen war, auch jeden Menschen im Komplex zu opfern.
    Ein tierisches Aufheulen von Hic schnitt durch das Chaos aus Qualm und Lärm. Guess und ich hielten in unserem Ringen ein und starrten. Hic hatte einen Teil der Verkleidung weggerissen, und dahinter sahen wir einen Löwen, der uns anfunkelte. Das verrückte Karussell der Werbeprojektionen warf ein verwirrendes, kaleidoskopisches Licht über alles, und ich sah erst auf den zweiten Blick, daß der Löwe auf den Hinterbeinen stand. Einen Augenblick später erkannte ich, daß es ein Mensch war, der eine Löwenmaske trug. Und dann begriff ich, daß es keine Maske war. Es war ein deformiertes, zerfressenes und zugleich aufgequollenes Gesicht.
    »Mein Gott! Das große L.«
    »Was, Guig? Was? Was?«
    »Lepcer ... Das letzte Stadium. Es ... Er ...«
    Er wankte aus einer halbdunklen Lichtung im Extro, die wie ein kleines, von Speicherschränken und Eingabestationen umgebenes Lager aussah. Er war nicht groß und bewegte sich hinkend und ruckartig, und doch ging eine unheilvolle Kraft von ihm aus; die Kraft, die mit dem Verlust der Körperbeherrschung und der quälenden Überempfindlichkeit kommt, jener Schärfung der Sinne, die der endgültigen Bewußtlosigkeit vorausgeht. Und er stank. Er erfüllte den Raum mit seinem großen L. Hic-Haec-Hoc wich knurrend zurück.
    »So viele Jahre sind seit Spa vergangen, mein lieber Curzon«, sagte der Radschah. Seine Stimme war heiser und gebrochen, aber noch immer schwang etwas vom alten Singsang darin. »Und dies ist natürlich das jüngste Mitglied der Gruppe. Ja, ich war auch einmal jung und schön, Doktor Guess, auch wenn Sie es nicht glauben. Gewiß, ich kenne Sie. Ich habe Sie seit einiger Zeit beobachtet, wie ich die gesamte Gruppe beobachtet habe. Geben Sie Doktor Guess meinen Namen, Curzon. Meinen Namen und Rang.«
    Es kostete mich all meinen Mut, zu sprechen. »Seine Hoheit, Prinz Mahadeva Bhina Arjuna, Radschah von Bharat. Die Gruppe nennt ihn den Radschah.«
    »Sehr angenehm, Doktor Guess. Ich biete Ihnen nicht die Hand, denn königliche Prinzen pflegen Gemeine nicht auf diese Weise zu begrüßen. Es ist erlaubt, mir die Hand zu küssen, aber die Berührung meiner Haut ist ekelhaft; ich selbst empfinde es so. Mein lieber Curzon, Sie haben ihm nicht gesagt, daß ich auch der Avatar bin, die Verkörperung Schiwas auf Erden.«
    »Ich wußte es nicht, Sir. Entschuldigen Sie.« Meine Knie waren noch etwas weich, aber ich begann mich zu fassen. »Also sind Sie tatsächlich der Renegat. Ich konnte es nicht glauben, als Hillel es mir erzählte.«
    »Renegat, Curzon? Nur ein ungläubiger Jude kann so etwas sagen.« Plötzlich brüllte er: »Gott, Curzon! Der göttliche Schiwa. Wir sind Schiwa! Warum flattert Ihr Puls, Doktor Guess? Fürchten Sie Schiwa? Leugnen Sie nicht! Ich höre es. Ich sehe es. Ein Gott fühlt alles; alles ist bekannt, und darum wird der zerstörerische wie der schöpferische Schiwa mit Demut und Liebe verehrt. Ja, mit Demut und Liebe, denn Schiwa zerstört und bewirkt Wiedergeburt aus dem Nichts.«
    »Gott im Himmel!« rief ich, zitternd vor Zorn. »Wo ist die Wiedergeburt für Fee, Poulos, Hillels Arm, mein Haus, unser ...«
    »Demut und Liebe!« krächzte der Radschah. »Ich bin das Ganze, die Einheit, die Zerstörung und die Wiedergeburt!« Er hob die Arme und schüttelte sie wie in Ekstase, stampfte mit den Füßen und warf den Kopf von einer Seite zur anderen. Die heftigen Bewegungen bewirkten, daß sich Haarsträhnen, Fingernägel und verfaultes Gewebe von seinen schwärzlich verfärbten Gliedern lösten. Mit jedem keuchenden Atemzug versprühte er Blut.
    »Dies ist das Ungeheuer, das mich mißbraucht hat?« sagte Sequoia
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