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Der Bund der Drei

Der Bund der Drei

Titel: Der Bund der Drei
Autoren: Hans G Bentz
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Sache, indem er sich der Reihe nach neben die verschiedenen Gäste setzte und durch den schwärmerisch-leidenden Ausdruck seiner Augen andeutete, daß er in den letzten drei Monaten nichts mehr zu fressen bekommen habe und nunmehr am Rande der Verzweiflung stehe.
    »Ach, da ist ja der Cocki !« rief die dicke Wirtin aus.
    »Woher kennen Sie ihn denn ?« fragte ich.
    »Aber den Cocki werden wir doch kennen — !« wurde mir mit Entrüstung geantwortet. »Er kommt doch jeden Tag vorbei und schaut, ob’s was gibt. Sehen Sie doch mal nach, Zenzi...«, rief sie über die Achsel der drallen Schenkkellnerin zu, »wir müssen da noch so ein paar Kalbsknöchelchen haben !«
    Ich fühlte mich daraufhin veranlaßt, eine Runde Schnaps für die Wirtin und mich zu bestellen, was ihrerseits eine erhöhte Vertraulichkeit auslöste.
    »Wissen Sie«, sagte sie, »er ist ein so liebes Hunderl und so schlau! Neulich hatten wir Kalbsfilet auf der Speisekarte, wir hatten’s im Eisschrank, und die Zenzi hat einen Moment die Tür aufgelassen — und was soll ich Ihnen sagen? Wie wir uns umschauen, geht der Cocki mit dem Kalbsfilet um die Ecke !«
    »Um Gottes willen !« sagte ich und rechnete mir schnell aus, was so ein komplettes Kalbsfilet für zehn bis zwölf Personen in Schadenersatz umgerechnet kosten könne. »Ich werde ihm eine Tracht Prügel geben«, erklärte ich, fest entschlossen, es nie zu tun, weil es sowieso zu spät war.
    Eine umfangreiche Wirtinnenhand legte sich protestierend auf meinen Ärmel: »Aber geh’ns, Herr Doktor, das werd’n Sie uns doch net antun! Um Gottes willen, nein, wir haben doch so gelacht über das Hunderl und haben’s von der Speisekarte abgesetzt...« Worauf ich noch eine Runde Schnaps bestellte und mit Hund und Bierkanne möglichst rasch das Weite suchte...

    Aber außer Liebe und Fressen gibt es noch andere Mächte in Cocki! Das ist zum Beispiel seine Stellung zum Menschen.
    Cocki ist — wie gesagt — das, was man einen Hundehund nennt! Er geht nicht bei Fuß, er kriecht in den seltensten Fällen ins Bett, und dann nur ganz kurz, wenn ihm mal besonders kalt ist. Er kommt und geht, wann er will. Aber alles, was an Zuneigung und Liebe zum Menschen in ihm ist, hat er allmählich auf ein einziges Wesen konzentriert, und das ist — nach einem anfänglichen Seitensprung mit mir — sein Frauchen! Sie ist die einzige, die mit ihm machen kann, was sie will. Sie kann ihm den schönsten Knochen aus dem Maul nehmen, sie kann ihn am Fell hochheben und wie einen Ball wieder auf die Erde plumpsen lassen, er findet alles großartig und lacht aus voller Kehle, solange es von ihrer Hand kommt. Auch Ohrfeigen und Popohaue nimmt er ohne Knurren hin.
    Unter Frauchens Bett ist seine Höhle. Sooft er zu Hause ist, kriecht er, wenn die Tür zum Zimmer geöffnet ist, ohne Säumen unter ihr niedriges Bett. Dort unten wird geschlafen, gedöst, gefressen, und vor allem wird von dort jeder vorübergehende Stiefel, jeder Besen, jedes Bein wütend angefaucht. An Tagen, an denen er schlechter Laune ist, vereitelt sein Gebrüll jede Unterhaltung in Frauchens Zimmer. Manchmal gelingt es, ihn zu überrumpeln, ihm die Schnauze festzuhalten und ihn schnell unter dem Bett hervorzuziehen. Das ist aber immer eine gefährliche Sache, und man muß dabei gefaßt sein, daß man einen seiner mörderischen Bisse abbekommt. Es gibt ein viel einfacheres Mittel, wenn es auch einige Kraftanstrengung erfordert: Man hebt nämlich das Bett an der einen Seite hoch. Sobald sich die Decke über ihm lüftet, verschwindet der Höhlenkomplex, und das zähnefletschende Ungeheuer verwandelt sich sofort in einen zahmen und unansehnlichen Hund, der verlegen hervorkommt und abmarschiert.
    Vor allem aber wenn Frauchen krank ist, weicht er nicht von ihrer Seite. Hundertmal am Tage richtet er sich neben ihr auf, legt die Tatzen auf ihre Brust und küßt sie. Muß er aufs Gäßchen, stürmt er bald wieder ins Haus zurück, und man hört ihn im Eiltempo die Treppe herauf rasen, um sich wieder vor dem Bett hinzuwerfen und Frauchen anzuhimmeln. Manchmal springt er auch aufs Bett, obwohl ihm, dem harten Fighter, das weiche Daunenzeug unsympathisch ist, und verdöst dort Stunde um Stunde...
    Mitunter ist diese Liebe unbequem. Einmal wurde Frauchen im Bad ohnmächtig. Man mußte sie ins Bett tragen. Wie ein Schatten sprang Cocki auf ihre Brust und lag dort, ein zähnefletschendes Ungeheuer, dem sich niemand nähern konnte. Weder Mutter noch Mann noch Arzt bekamen
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