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Der Brandstifter

Der Brandstifter

Titel: Der Brandstifter
Autoren: Jane Casey
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fertig war. Als ich schließlich alles gelesen hatte, schaute ich ihn an. Er saß da, hatte die Hände vor dem Gesicht aneinandergelegt, und sein Blick war starr.
    » So. Schluss, aus, Ende. Sie war’s. Alles ihr Werk.«
    » Das hat sie jedenfalls geschrieben.«
    » Und ich hatte auch Recht mit Gil. Ich wusste, dass mit ihm was faul ist.«
    Er kniff die Augen zusammen. » Wissen bedeutet nicht, dass wir viel dagegen tun können.«
    » Aber er hat sie vergewaltigt.«
    » Sie würde nur nicht gerade die beste Zeugin abgeben, fürchte ich. Man kann nicht beides haben, Maeve. Was den Mord an Rebecca betrifft, hat sie das Blaue vom Himmel gelogen. Sie wird nicht plötzlich glaubwürdig, nur weil sie behauptet, vergewaltigt worden zu sein. Solche Sachen sind schon im günstigsten Falle schwer genug zu beweisen.«
    » Glauben Sie nicht, was sie geschrieben hat?«
    Er lächelte. » Ich bin nicht gewillt, ihr auch nur ein einziges Wort abzukaufen, und sei es › Hallo‹.«
    » Ich sehe das anders. Ich glaube nicht, dass sie in dieser Situation lügt.«
    » Sie haben sie kennen gelernt. Ich nicht.«
    Ich verzog das Gesicht. » Ich würde nicht behaupten, sie gekannt zu haben. Ich habe nur einfach mehr von ihr gesehen als Sie. Das ist alles.«
    » Und wollen Sie sie jetzt sehen?«
    Das wollte ich nicht. Am liebsten hätte ich Nein gesagt. Aber ich nickte und folgte Godley nach draußen, wo schon ein Aufseher wartete. Er führte uns durch stickige Korridore zum Gefängniskrankenhaus, wo wir kurz mit dem Arzt sprachen. Godley zögerte und stellte ihm noch ein paar Fragen, während er mir signalisierte, schon mal allein loszugehen. Ich ging hinüber zum anderen Ende des Raumes, wo unter einer weißen Decke klein und verletzlich eine reglose Gestalt lag. Sie sah nicht aus wie eine Mörderin. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Haar lag schlaff und ungewaschen auf dem Kissen ausgebreitet. Sie hatten ihr Aktivkohle zu trinken gegeben, um eventuelle Reste der Medikamente in ihrem Magen zu binden, wovon ihre Lippen an manchen rauen Stellen schwarz verfärbt waren. Sie hatte keinerlei Farbe im Gesicht, nicht ein winziges bisschen. Ich sah auf sie hinunter und empfand so etwas wie Traurigkeit.
    Da öffnete sie die Augen und sah mir direkt ins Gesicht.
    Ich schwieg und wartete, bis sie begriff, wer ich war. Es dauerte einen Moment. Dann sprach sie, mit schwacher, belegter Stimme.
    » Ich habe Ihnen einen Brief geschrieben.«
    » Ich habe ihn gelesen.«
    » Ich habe auch einen für Gil geschrieben.«
    » Den habe ich auch gelesen.« Ich beobachtete sie, um ihre Reaktion zu sehen, das Flackern in ihren Augen, wenn ihr zu Bewusstsein kam, was ich von dem wusste, was sie gesagt hatte. » Ehrlich gesagt glaube ich, dass Sie vielleicht bereuen, das geschrieben zu haben.«
    Ihr Gesicht verzog sich, und sie schloss die Augen, sperrte mich aus. Eine Träne rollte seitlich ihr Gesicht hinunter und versickerte im Haar. Ich dachte an das, was ihr passiert war– was Gil ihr angetan hatte–, und versuchte, Bedauern für sie zu empfinden. Aber bei dem Gedanken an das, was sie getan hatte, fiel mir das nicht gerade leicht. Als sie ihre Fassung wiedergefunden hatte, atmete sie tief ein.
    » Ich hatte gedacht, die Tabletten würden wirken. Warum haben sie nicht gewirkt?«
    » In ihrer Nachbarzelle hat ein Rohr getropft. Der Aufseher kam in ihre Zelle, um zu prüfen, ob das Rohr dort noch dicht war, und hat Sie dabei gefunden.«
    Sie nickte und wandte den Kopf ab. » Ich wünschte, es hätte geklappt. Ich habe keine Lust, die nächsten 30 Jahre im Gefängnis zu verbringen.«
    » Niemand hat das.« Ich beugte mich zu ihr, damit niemand uns hören konnte. » Ich bin froh, dass Sie nicht gestorben sind.«
    Sie sah mich überrascht an, aber wohl nicht im Geringsten erfreut. Ich beugte mich noch etwas näher zu ihr.
    » Sie haben Rebecca das Leben genommen, um Ihr eigenes zu retten. Sie haben ihre Hinterlassenschaften durchwühlt und sich geholt, was Ihnen davon gefiel. Sie haben sich den Mann genommen, den sie liebte. Sie haben ihren Platz im Leben ihrer Eltern eingenommen. Sie haben sich angezogen wie sie. Sie haben imitiert, wie sie gesprochen hat, wie sie ihr Haar getragen hat, ihr Make-up, ihren Schmuck.«
    Louises Augen waren starr auf meine gerichtet, ihre Pupillen waren weit und dunkel. Mit der Zunge, die auch schwarz war, fuhr sie sich nervös über die Lippen. Es sah aus, als würde sie von innen her verwesen, als ob das Böse in ihr schwelte.
    »
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