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Der Brandstifter

Der Brandstifter

Titel: Der Brandstifter
Autoren: Jane Casey
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Schlüssel, ein Busfahrschein, Kleingeld–, drei Zigaretten waren aus der Schachtel gerutscht und hatten nun nasse Stellen. Von einer Tube Lipgloss hatte sich der Deckel gelöst, und während Kelly ihn mühsam aufzuheben versuchte, verschmierte sie die klebrige rote Masse auf der rosafarbenen Keramik. Für einen Moment sah es aus wie Blut.
    Der Lärm und die Hitze trafen sie wie ein Schlag, als sie die Tür öffnete. Sie wankte ein wenig und versuchte, sich zu orientieren, in welche Richtung sie gehen musste. Die Tür zur Außenwelt war irgendwo links, erinnerte sie sich vage und begann, sich durch die Menge zu schieben. Sie gab sich alle Mühe, gerade zu gehen und nüchtern zu wirken, indem sie die Schultern straffte und den Kopf aufrecht hielt, doch außer sich selbst konnte sie damit niemandem etwas vormachen.
    Rings um die Tür war das Gedränge noch dichter, da immer wieder Raucher hinaus auf die zum Fluss hin gelegene Terrasse gingen oder von dort wieder hereinkamen.
    » Entschuldigung«, murmelte Kelly und versuchte vergeblich, sich an einem stämmigen Mann vorbeizudrängen, der trotz ihrer Bemühungen keine Anstalten machte, ihr aus dem Weg zu gehen.
    » Brauchst du ein Privattaxi, Süße? Da könnte ich vielleicht helfen«, sagte eine Stimme dicht an ihrem Ohr, während sich ein Arm um ihre Taille schlang. » Höchste Zeit heimzufahren, junge Dame.«
    Willenlos ließ sie sich von ihm zügig und gekonnt durch die Menge manövrieren, bis sie schließlich an die frische Luft gelangten. Die Nacht war klar, kalt und ruhig und schon spürbar frostig.
    Als sie sich umdrehte und ihrem Helfer danken wollte, stand sie einem Fremden gegenüber, der so alt war wie ihr Vater oder noch älter. Kelly versuchte, dem Mann ins Gesicht zu sehen, das vor ihren Augen auf und ab schwankte. Sie erkannte eine randlose Brille, unnatürlich dunkel wirkendes Haar und einen Schnauzbart über einem Mund, der zu ihr sagte: Wo wohnst du denn mein Auto steht gleich um die Ecke komm doch mit und ich bring dich nach Hause kein Problem ist gar nicht weit hab sowieso nichts Besseres zu tun gib mir mal deine Tasche prima na siehst du ist das dein Schlüssel ich pass auf dich auf keine Sorge. Du solltest nicht allein unterwegs sein im Moment ist das ja wirklich nicht ratsam.
    Kelly folgte dem Mann gehorsam. Eigentlich hätte sie sich lieber ihre Tasche wiedergeholt und sich allein auf den Heimweg gemacht, aber irgendwie erschien es ihr einfacher, sich ihm anzuschließen. Zum einen taten ihr die Füße höllisch weh; die Plateaustiefel, die zu Hause noch so toll ausgesehen hatten, rieben jetzt entsetzlich an Zehen und Fersen, und der rechte drückte schmerzhaft an der Wade. Für einen langen Fußmarsch waren die Absätze definitiv zu hoch. Und natürlich hatte er Recht, wenn er sagte, dass es viel zu unsicher war, nachts allein unterwegs zu sein.
    Eigentlich war er doch ganz nett, dachte Kelly benommen. Er war höflich, aufmerksam und hatte gute Manieren. So wie ältere Herren eben sind, ganz Gentleman. P. J. hatte ihr nie die Hand gereicht. Er hatte ihr auch nie die Autotür aufgehalten und gewartet, bis sie diese nach dem Hinsetzen wieder zugemacht hatte (zugegebenermaßen ein bisschen schwerfällig, aber andererseits wusste er sich auch wieder perfekt zu benehmen, indem er statt auf ihren hochgerutschten Rock stur geradeaus schaute).
    Normalerweise stieg sie in Taxis immer hinten ein, aber da der Mann die Beifahrertür öffnete, wollte sie ihn nicht vor den Kopf stoßen.
    Er stieg ein, ließ den Motor an und half ihr vor dem Losfahren mit dem Sicherheitsgurt. Er ließ den Motor unnötig laut aufheulen, sodass das Geräusch zwischen den Häuserfronten widerhallte.
    » Ist es okay, wenn ich rauche?«, fragte Kelly forsch und war überrascht, als er nickte. Im Auto roch es nach Pfefferminze und Tannen-Duftbäumchen. Zwei intensive Gerüche, die den leichten Benzindunst im Auto gerade so eben überdeckten. Vermutlich hatte er sich beim letzten Tanken etwas über die Schuhe geschüttet. Wie ein Raucher wirkte er nicht. Aber da er es gestattete, hatte er offenbar nicht allzu viel dagegen.
    Die einzige trockene Zigarette in ihrer Schachtel war die letzte, die Glückszigarette, die Kelly beim Öffnen der Packung immer anders herum drehte, sodass sie wie ein kleiner weißer Soldat zwischen den hellbraunen Filtern der anderen hervorstach. Sie nahm sie heraus, schob sie sich zwischen die Lippen und umschloss aus Gewohnheit das Feuerzeug mit ihren
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