Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
Himmel, lauschte dem Lärm des alltäglichen Lagerlebens. Es schienen mehr Kinder da zu sein als vorher, oder sie durften jetzt mehr Radau machen. Kinder hören sich immer gleich an, dachte er. Egal, wo sie herkommen, welche Sprache sie sprechen, ob sie nun Fuchsohren haben oder gelbe Ziegenaugen oder sonstwas, sie hören sich immer gleich an.
    Sie hörten sich gut an, fand er.
    Leb wohl, Knopf, dachte er. Das ist jetzt wohl dein Totengedicht: das Lärmen spielender Kinder. Goblinkinder, Elfenkinder. Nicht die schlechteste Hinterlassenschaft.
    Jemand räusperte sich leise, und als er aufschaute, blickten drei Gesichter auf ihn nieder, eines aus ziemlicher Höhe. Es war das vorderste Gesicht, das ihn betroffen machte, das Goblingesicht, denn er hatte gerade an Knopf gedacht, aber seit seiner Rückkehr vom Grund des Sees hatte er alle drei noch nicht gesehen, und er brauchte einen Moment, bis ihm die passenden Namen zu den vertrauten Mienen wieder einfielen.
    »Stracki Nessel! Und Mamsell Zwick und Kleiderhaken. Wie geht’s euch allen?«
    Der lange, strubbelköpfige Elf sah nicht so aus, als wäre seine Verbindung zur Wirklichkeit stabiler als vor dem Sturz der alten Ordnung, aber wenigstens machte er einen ruhigen und zufriedenen Eindruck. Er hielt Theo die Hand hin und half ihm auf. »Hallo, Theo«, sagte er, und seine Backen bekamen etwas Farbe. »Poppi ist hier. Nicht bloß in meinem Kopf, sondern richtig hier. Jeden Tag.«
    »Ich weiß. Schön, dich zu sehen, Stracki.«
    »Sie ist nett.«
    »Ja, das ist sie.« Er wandte sich den anderen zu. »Dann haben wir wohl alle überlebt, was?«
    »Mehr oder weniger«, sagte die Puck, dann beugte sie sich vor und senkte die Stimme. »Aber unser Stralewackkilewi weiß das mit Knolewopf noch nicht, wenn du verstehst, was ich meine, also paß auf, was du sagst. Es wird ihn furchtbar aufregen, und wir sollten ihm vorher einen Draht ums Fußgelenk binden, damit er geerdet ist und nicht das ganze Lager in Brand steckt oder uns alle in Schmetterlinge verwandelt oder was weiß ich.« Sie richtete sich wieder auf. »Wie dem auch sei, Kleiderhaken wollte gern mit dir über was reden, und Stracki und ich dachten, wir zockeln mit und sagen hallo. Und, was geht, Kumpel? Du warst ziemlich beschäftigt, hab ich gehört.«
    Theo zuckte die Achseln. »Das war nicht meine Entscheidung. Eigentlich war fast gar nichts meine Entscheidung.«
    »Trotzdem wird gemunkelt, du hättest den Boß persönlich kennengelernt.«
    »Den Boß …?« Im ersten Moment dachte er an Knopf, an die Szene, wie der kleine, schlanke Goblin ihm im Bus den Zettel in die Hand gedrückt hatte, und er mußte schlucken. »Wer soll das gewesen sein?«
    Mamsell Zwick antwortete nicht gleich, weil sie erst noch eine Flamme aus ihrer Fingerspitze an eine häßliche kackfarbene Zigarre halten mußte. »Der Boß!« rief sie durch eine übelriechende Rauchwolke. »Puck natürlich, der Puck der Pucke. Er ist der Held meines Volkes. War früher mal die rechte Hand des Königs. Der berühmteste Puck aller Zeiten. Wie sah er aus?«
    Theo versuchte sich zu entsinnen, aber seit damals auf dem schwarzen Boot war viel passiert. »Traurig. Weise, denke ich mal, soweit ich das mitkriegen konnte. Auch komisch auf seine Art. Auf Nieswurz war er nicht sehr gut zu sprechen.«
    Mamsell Zwick nickte fröhlich. »Ein Mann des Volkes. Ich frage mich, wo er ist.«
    »Weiß das niemand?«
    Die Puck wirkte nicht sehr besorgt. »Jetzt, wo Nieswurz und die ganze Blase weg sind, gibt es auch die Bannzauber nicht mehr. Wahrscheinlich schippert er irgendwo mit dem König oder der Königin rum. Gönnt sich ein wohlverdientes Ruhepäuschen.«
    »Du glaubt, daß sie alle noch am Leben sind?«
    Die Puck beugte sich abermals vor, und dabei ging ein Tabakgestank von ihr aus, bei dem es einer Hyäne den Atem verschlagen hätte. »Natürlich sind sie am Leben. Von denen wird nie einer getötet. Sie sind wie die Sterne, der Mond. Wie Steuern.« Sie stand auf und gab Theo einen herzhaften Schlag auf den Rücken, der ihm fast das Schulterblatt gebrochen hätte. »Wir müssen jetzt gehen. Komm, Stracki, laß uns ein paar von den Neuen piesacken! Theo, echt schade, daß du uns verlassen willst. Junge. Ich hatte eigentlich vor, dir beizubringen, wie man Käferkampf mit richtigen Einsätzen spielt, da hättest du im Alter eine sinnvolle Beschäftigung gehabt.«
    Kleiderhaken wartete schweigend ab, bis Mamsell Zwick pfeifend auf der schlammigen Gasse zwischen den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher