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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg
Autoren: Tad Williams
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sind. Wie nennst du dich eigentlich inzwischen, Theo Veilchen?«
    »Moment mal! Wer bist du?« Er packte den Fremden bei den Schultern und riß ihn herum.
    Der Mann erwiderte seinen Blick, doch auch von Angesicht zu Angesicht erkannte Theo ihn nicht. Er stand da wie einer, der auf dem Sprung ist, jeden Moment wegzulaufen, doch um die Mundwinkel spielte ein listiges kleines Lächeln. »Das ist dir noch nicht klar? Vielleicht habe ich dich doch überschätzt.«
    »Dowd?« Es konnte nicht sein, aber auf einmal vernahm er aus dieser sehr viel normaleren Kehle den leisen Anklang der hauchigen, angespannten Stimme von damals. »Aber du bist tot! Ich habe dich sterben sehen!«
    »Also wirklich, Theo, die Sätze könnten aus einem Flash-Gordon-Comic stammen. Du hast den Körper sterben sehen. Das ist mir früher schon einmal passiert, wie du weißt, und ich habe es überlebt. Danach habe ich jahrelang daran gearbeitet, mich für den Tag zu stählen, an dem ich in einen anderen, weniger … unerquicklichen Körper als den des Beseitigers einziehen konnte. Wie sich herausstellte, hatte ich diese Vorbereitung dringend nötig.« Er streckte die Arme aus wie jemand, der gerade ein eindrucksvolles Zauberkunststück vollführt hatte – was offensichtlich auch der Fall war. »Als mein Körper starb, fuhr ich in einen von Nieswurz’ Wächtern ein. Er war kein besonders netter Kerl, aber ich bin dennoch nicht stolz darauf, daß ich ihn aus seinem eigenen Fleisch vertreiben mußte. Der Körper und ich gerieten nach dem Tode von Nieswurz und dem Schrecklichen Kind auf dem Hügel in Gefangenschaft – wir hatten natürlich versucht zu fliehen –, wurden aber schon nach wenigen Tagen wieder freigelassen. Dieser Bursche ist offiziell rehabilitiert worden, nicht wahr, das heißt, ich bin wieder ein unbescholtener Mann. Als Fußsoldat im geschlagenen Heer lädt man keine besondere Schuld auf sich, nicht einmal als einer von Nidrus Nieswurz’ Privatgarde. Das wäre also erledigt. Ich denke, ich werde mich nach Esche oder Birke verziehen, einen neuen Anfang machen. Erephine ist jetzt tot, richtig tot. Ich habe über vieles nachzudenken.«
    »Ich sollte dich Caradenus Primel ausliefern – sein Zelt steht gleich dort drüben. Oder dich selbst töten!« Theo kämpfte gegen ein erdrückendes Gefühl der Unwirklichkeit an: Dies war jetzt das zweite Mal, daß er mit Eamonn Dowd sprach, und beide Male hatte er einsehen müssen, daß der Mann wider alle Logik am Leben war. »Du hast geholfen, unser Kind zu töten. Meines und Cats.«
    »Darauf kann ich nichts erwidern, als daß ich es tief bereue. Ja, ich habe für Nieswurz die Verwünschung überbracht. Ich war von einem Wahnsinn befallen, der alles überschattete, was ich tat – wegen meiner verzweifelten Liebe und meinem Zorn, daß man mich betrogen hatte. Ich denke, das ist jetzt vorbei. Jedenfalls sehe ich alles viel klarer. Aber vielleicht ist das nur die Folge des neuen Körpers, den ich habe.«
    »Ich kann dich trotzdem nicht einfach gehenlassen.«
    »Doch, das kannst du und das wirst du. Denn wenn nicht, zwingst du mich, zur Flucht in einen anderen Körper zu schlüpfen – nicht in deinen, sondern in den eines Unschuldigen. Du kannst mich nicht aufhalten, was du auch tust. Wenn es sein muß, springe ich von Körper zu Körper, und viele werden ohne Not sterben.«
    Theo starrte dem Fremden ins Gesicht. Er war müde und angewidert. »Ich muß dich also gehenlassen?«
    »Ja, das mußt du. Und jetzt gehe ich.« Der dunkelhaarige Elf drehte sich um und schritt einen schmalen Durchgang zwischen Reihen notdürftiger Buden, Zelte und Anbauten hinunter, eine belebte Gasse, in der Elfen aller Formen und Arten redeten, handelten, ihr Leben lebten. Kurz darauf war Eamonn Dowd in der Masse untergetaucht.
     
    P oppi war nicht im Zelt, als Theo zurückkam. Er war voll guter Argumente gewesen, überzeugender Gründe, warum sie mit ihm in die Menschenwelt mitkommen sollte, aber plötzlich hatte er nichts mehr zu sagen und niemanden, dem er etwas hätte sagen können. Es hatte ihm gründlich die Sprache verschlagen. Er verstand gar nichts mehr. Dowd war tot und doch wieder am Leben. Knopf war tot, und das endgültig. Ein Paradebeispiel für die Ungerechtigkeit des Lebens, und sie regierte in Elfien nicht anders als in der Menschenwelt.
    In den wesentlichen Dingen gibt es zwischen hier und dort keinen großen Unterschied.
    Er saß lange im Eingang, betrachtete die Wolken und das Spiel des Lichts am
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