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Der blaue Tod

Der blaue Tod

Titel: Der blaue Tod
Autoren: Boris Meyn
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Reichsführung an. Dass Wilhelm die Sozialistengesetze aufgehoben hat, schmeckt diesen Kreisen auch nicht. Mit Marten Steen sollte der Verdacht auf die Sozialdemokraten fallen. Bestimmt wäre auch noch ein gefälschtes Bekennerschreiben aufgetaucht, das den Verdacht auf die Partei gelenkt hätte.» Sören holte tief Luft. «Wer auch immer sich das Ganze ausgedacht hat, es war raffiniert eingefädelt.»
    «Die Bartels wird ins Zuchthaus wandern?», fragte Mathilda, deren Interesse an politischen Erörterungen offenbar fürs Erste gestillt war.
    Sören nickte. «Und gegen Ratte wird man Anklage wegen Mordes an Willy Mader erheben. Alle anderen Verantwortlichen sind tot, der Gerechtigkeit ist also halbwegs Genüge getan. Aber nach Feiern ist mir trotzdem nicht zumute. Die Sache hat einen bitteren Beigeschmack.»
    «Und was geschieht mit Altena Weissgerber?»
    «Ich hatte neulich eine lange Unterhaltung mit Johanna von Wesselhöft. Sie denkt darüber nach, eine barmherzige Stiftung ins Leben zu rufen, die sich um Kostkinder und gefallene Mädchen kümmern wird. Außerdemist sie einverstanden, Altena Weissgerber rechtmäßig als Tochter anzuerkennen.»
    «Altena weiß also inzwischen, wer sie in Wirklichkeit ist?»
    Sören lächelte. «Nicht ganz. Wir haben uns darauf geeinigt, dass Johanna von Wesselhöft sie als Kind einer illegitimen Beziehung ihres verstorbenen Gatten aufnimmt. Ich glaube, mit dieser kleinen Lüge ist allen am meisten geholfen. Altena will Marten Steen übrigens noch im Laufe des Jahres heiraten.»
    «Das ist zumindest mal eine schöne Nachricht.»
    «Ich würde es übrigens auch gerne», murmelte Sören und bekam einen roten Kopf.
    «Was würdest du gerne?»
    «Heiraten.»
    «Wie bitte?»
    «Das ist ein Antrag, Tilda.» Er lächelte verlegen. «Mathilda, ich möchte dich bitten, meine Frau zu werden. Ich hatte längst vor, dir das zu sagen, aber irgendwie ist immer etwas dazwischengekommen. Du kannst natürlich weiterarbeiten, wenn du willst. Ich meine, als Musikerin im Orchester und natürlich auch am Conservatorium, wenn du möchtest   … Ich meine, wenn es dir recht ist. Also, du musst dich ja nicht jetzt sofort entscheiden, ich wollte nur   …»
    Weiter kam er nicht, da Mathilda seinen Mund mit ihren Lippen verschloss.
    «Du musst mir auch Gelegenheit geben, auf deinen Antrag antworten zu können», sagte sie, nachdem sie sich nach beträchtlicher Zeit wieder voneinander gelöst hatten. «Da brauche ich nicht lange drüber nachzudenken.» Sie wischte sich eine Träne der Rührung aus den Augen. «Ja, ich nehme dich sofort.»

Epilog 
    F ür diejenigen Leser, denen meine bisherigen historischen Kriminalromane unbekannt sind, sei gesagt, dass in ihnen allen wie auch im vorliegenden Buch Dichtung und Wahrheit sehr eng miteinander verknüpft sind, wobei ich wie gewohnt an dieser Stelle im Detail darüber aufklären möchte, was meiner Phantasie entsprungen und was historische Realität ist.
    Wie schon in «Der Tote im Fleet», «Der eiserne Wal» und «Die rote Stadt» ist die Hauptfigur mitsamt ihrem persönlichen Umfeld frei erfunden. Einen Sören Bischop, einen Martin Hellwege und eine Mathilda Eschenbach hat es niemals gegeben. Ausgedacht habe ich mir auch die Gauner und Ganoven. Inge Bartels, Altena Weissgerber und Ilse Mader entspringen ebenso meiner Phantasie wie Wilhelm Mader, Hannes Zinken, Marten Steen oder die Familien von Wesselhöft und Smitten. Dass ein geplantes Attentat auf Kaiser Wilhelm   II. der Hintergrund für die eigentlich unerklärlichen Geschehnisse im Sommer 1892 gewesen sei, lässt sich nicht beweisen; der Leser kann hier getrost in «gewesen sein könnte» korrigieren. Abgesehen von diesen kleinen Schummeleien habe ich natürlich versucht, das städtische Umfeld und die Geschehnisse im schlimmen Sommer 1892 so realistisch wie möglich zu schildern. Die meisten Personen, denen Sören Bischop im vorliegenden Roman begegnet, haben tatsächlich gelebt, weswegen man es mir nachsehen möge, wenn ich bezüglich der einzelnen Biographien hier und dort ein wenig hinzugedichtet habe.So ist etwa die Frieda von Ohlendorff (1871   –   1937) unterstellte Liaison mit Sören Bischop einzig und allein meiner Phantasie entsprungen.
     
    Die Neustrukturierung der Hamburger Polizeibehörde, die mit dem Gesetz vom 25.   Oktober 1892 in Kraft trat, war das Ergebnis der bereits seit 1889 vonseiten des Senats angestrebten Umorganisation der Polizei nach preußischem Vorbild. Die
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