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Der beste Tag meines Lebens

Der beste Tag meines Lebens

Titel: Der beste Tag meines Lebens
Autoren: Ashley Miller , Zack Stentz
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sein eigenes Wohlbefinden zugunsten eines anderen opfern?
    Religiöse Texte neigen zwar dazu, Altruismus und Opferbereitschaft zu preisen, doch oft wird nicht erklärt, warum man seinen Nächsten so lieben soll wie sich selbst. Manchmal wird der Lohn dafür im Jenseits in Aussicht gestellt, mehr aber auch nicht. Ich finde die Aussicht auf eine himmlische Gegenleistung ziemlich widerlich und unbefriedigend.
    Psychologen führen die Ursprünge des Altruismus auf das Mitgefühl zurück – die Fähigkeit, den Schmerz eines anderen so zu spüren, als empfände man ihn selbst. Diese Erklärung gefällt mir auch nicht. Wenn die Hypothese Mitgefühl = Altruismus stimmt, dann hilft ein Mensch einem anderen, um sein eigenes Leid zu mindern; damit wäre Altruismus nur eine andere Form von Selbstsucht.
    Biologen haben inzwischen die Evolution bemüht, um Altruismus zu erklären, insbesondere die Idee der Sippenselektion. Diese Theorie besagt, dass wir über weite Strecken der Menschheitsgeschichte in kleinen Gruppen mit starkem Zusammenhalt gelebt haben. Und wenn ein Jäger und Sammler einem anderen half, dann trug er letztlich nur dazu bei, den Fortbestand seiner eigenen Gene zu sichern. Der Evolutionsmathematiker J. B. S. Haldane brachte dieses Prinzip am besten auf den Punkt, als er erklärte: »Ich würde mein Leben für das von zwei Brüdern oder acht Cousins geben.«
    Ich persönlich finde diesen Ansatz jedoch auch unbefriedigend. Ich habe ja nur einen Bruder, Danny. Aber wenn nötig, würde ich mein Leben auch für ihn allein geben. Als ich das Danny letzte Woche beim Abendessen erzählte, meinte er: »Mach mir bloß keine falschen Hoffnungen.«
    ***
    Colin sprang hoch in die Luft. Vielleicht höher, als er je zuvor gesprungen war. Die Elastizität des Trampolins schien jedenfalls ihre Grenze zu erreichen. Die Federn, die das Sprungtuch spannten, quietschten, aber sie hielten, als Colin landete und gleich wieder in den strahlend blauen Himmel über dem San Fernando Valley stieg.
    Wayne stand mit verschränkten Armen neben dem Trampolin und sah Colin mit ZWEIFELNDEM Gesicht beim Springen zu.
    »Ganz im Ernst!«, schrie Colin, während seine Füße über Kopfhöhe von Wayne zappelten. »Es hilft dir beim Denken!« Damit ließ er sich auf den Bauch fallen und schnellte sogleich wieder hoch. »Inzwischen ist es sogar olympische Disziplin!« [35] Colin rollte sich zu einem Vorwärtssalto zusammen und absolvierte ihn tadellos.
    Colins Begeisterung konnte Wayne sich kaum entziehen. Noch schwieriger war es, zu ignorieren, dass er ihn zu sich heraufwinkte. Colin war hartnäckig, ohne ihn zu bedrängen.
    »Ach zum Teufel, was soll’s«, sagte Wayne schließlich zu sich selbst und kletterte etwas unsicher hinauf. Colin verlangsamte seine Bewegung zu einem leichten Hüpfen und streckte ihm helfend die Hand hin.
    Zuerst wusste Wayne gar nicht, wie er darauf reagieren sollte. Noch nie hatte er gesehen, dass Colin jemand anderen freiwillig berührte. Doch als Colin ihm mit seinen gespreizten Fingern noch weiter entgegenkam, verstand Wayne. Er nahm Colins Hand, aber nur so lange, bis er sein Gleichgewicht gefunden hatte. Dann stand Wayne erst einmal einen Moment lang bewegungslos da, um ein Gefühl für den wackelnden Untergrund zu bekommen. Als er sich sicher genug fühlte, machte er einen Probesprung.
    Wayne musste unwillkürlich grinsen und sprang ein bisschen höher. Colin grinste auch. Und dabei spiegelte er nicht Waynes Miene oder folgte einem Skript. Er hatte einfach SPASS .
    Colins Eltern standen am Küchenfenster und versuchten zu begreifen, warum Colin ausgerechnet mit Wayne Connelly so gut konnte.
    »Er wird das schon hinkriegen, nicht wahr?«, fragte Mrs. Fischer lächelnd.
    Mr. Fischer lächelte zurück und zog seine Frau an sich, wobei sein Blick weiter auf dem Sohn und dessen neuem Freund ruhte. Wie es aussah, war das der beste Freund, den Colin je gehabt hatte. Dann runzelte Mr. Fischer die Stirn. Er wusste, dass er sich eigentlich freuen sollte, aber irgendwie … Er bemerkte sein eigenes Spiegelbild in der Glasscheibe und fragte sich, wie Colin es interpretieren würde.
    Draußen war Colin zu beschäftigt mit Pläneschmieden, um den Gesichtsausdruck seines Vaters zu bemerken. Aber selbst wenn, hätte er nicht verstanden, warum sein Vater TRAURIG dreinblickte. Erst viele Jahre später, wenn Colin schon einen eigenen Sohn hätte und diesen seltsamen Moment selbst erlebte, würde er diese Reaktion
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