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Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch
Autoren: M.j. Rose
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gehofft, die sogenannten “Memory Stones” würden diesen Nachweis liefern. Leider konnten weder Lucians Sonderkommission noch Interpol bislang unwiderlegbare Belastungsmomente vorweisen. Eine Hälfte der Steine war von der New Yorker Polizei sichergestellt und den italienischen Behörden zurückgegeben worden, aber die andere Hälfte blieb verschollen. Nach Lucians Ansicht hatte Samuels die walnussgroßen Saphire, Rubine und Smaragde entweder in seinem Besitz oder kannte zumindest deren Verbleib. Nun musste man abwarten und hoffen, dass er sich einen Schnitzer erlaubte. Einen einzigen Lapsus.
    “Ich denke, das Foto hat die Musik ausgelöst” , hörte er Samuels jetzt sagen. “Ob nun noch etwas nachkommt, liegt ganz bei Ihnen. Sie können die Schwelle überschreiten oder es lassen.”
    “Sie meinen, ich soll nach Wien fliegen und mir das Ding hier angucken?” , fragte eine Frauenstimme mit verängstigter Stimme.
    Lucian hatte die dazugehörige junge Dame ein einziges Mal gesehen, verschwommen und nur flüchtig – lange, wohlgeformte Beine in engen Jeans, todschicke Lederjacke. Perfekte Figur, das Gesicht von welligem, kastanienbraunem Haar umrahmt. Dann war sie auch schon durch das Portal im Inneren des Doppelhauses verschwunden. Trotz dieses kurzen Moments hatte Lucian gespürt, dass es sich um eine starke, aber auch einsame Persönlichkeit handelte. Wenn er den Wind darstellen wollte, würde er diese Frau als Modell für die unsichtbare Kraft wählen.
    Seit neun Monaten hörte Lucian nun schon Malachai Samuels’ Gespräche beziehungsweise Telefonanrufe ab und las seine E-Mails mit. Dabei hatte er mitbekommen, wie Dutzende von Kindern sonderbare Reisen antraten, ohne ein einziges Mal das aus dem 19. Jahrhundert stammende Stiftungsgebäude an der Upper West Side zu verlassen. Zu seiner Verwunderung waren die Kleinen bei der Ankunft immer total aufgelöst, nach der Sitzung hingegen erstaunlich ruhig. Die Frau allerdings, die da jetzt in Samuels Sprechzimmer saß, die war kein Kind, und das Gespräch unterschied sich von allen anderen, die er abgehört hatte.
    “Ich habe akzeptiert, dass meine Erinnerungen ein Rätsel sind” , drang die zitternde Stimme von Meer Logan aus der Anlage.
    Lucian hatte schon immer die Gabe besessen, blitzschnell jemandes emotionalen und mentalen Zustand zu erfassen, doch auf der FBI Academy in Quantico hatte man dieses Einfühlungsvermögen erst richtig geschärft. Er hätte zwar nicht sagen können, warum – aber beim Abhören dieser Frau wurde er das Gefühl nicht los, dass man sich Sorgen um sie machen musste.
    “Das denken Sie vielleicht” , betonte Samuels mit auf einmal eindringlicher Stimme, “aber schauen Sie sich doch an, was Sie alles schon an Lebensqualität, an Ehrgeiz und an Leidenschaft aufgegeben haben! Sie und Ihr Talent, sie werden in Geiselhaft genommen! Von den Ängsten und der Trauer, die Sie mit sich herumschleppen.”
    Automatisch griff Lucian nach seinem Skizzenbuch und begann zu zeichnen – schon die dritte oder vierte Zeichnung in der letzten Stunde, diesmal ein Entwurf von Meer Logan als Kind. Der Bleistift flog nur so übers Papier; schon bildete sich ein kleines Mädchen heraus, dunkelhaarig, mit bang aufgerissenen Augen und tränenüberströmten Wangen und …
    Die Klingel an der Wohnungstür schrillte. Lucian legte das Skizzenbuch hin, und während er seinem Chef aufmachte, tönte gleichzeitig wieder Meer Logans Stimme aus dem Lautsprecher. “Sie glauben doch nicht im Ernst, dass es etwas ändert, ob ich das Kästchen sehe oder nicht?”
    “Auslöser funktionieren immer nach demselben Prinzip, egal, ob es sich um Vorlebenserinnerungen handelt oder um Pseudoerinnerungen. Das wissen Sie doch! Hier, lesen Sie mal …”
    Comley trat ein und hörte Samuels Stimme. “Habe ich was Wichtiges verpasst?”, fragte er, während er in Richtung Abhörtechnik nickte.
    “Nicht im Hinblick auf unseren Fall, würde ich sagen.”
    Grinsend sah Comley sich im Zimmer um. “Gefällt mir, wie Sie seit meinem letzten Besuch die Bude auf Vordermann gebracht haben.”
    “Ich habe Kaffee und Mineralwasser da. Soll ich Ihnen was holen?”
    “Für die Gäste nur das Beste, hm? Doch, ein Wasser nehme ich gern.” Comley setzte sich an den Tisch und bemerkte das Skizzenbuch. Er vertiefte sich gerade in die Skizze des kleinen Mädchens, als Lucian ihm das Mineralwasser hinstellte. “Wer soll das sein, Meister Klecks? Eine von seinen kleinen
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