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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian
Autoren: Barbara Noack
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umgehend jemand, bei dem er
sich ausweinen konnte. Kaspar Hauswurz fiel ihm ein. Der hatte sich doch
freiwillig in diese verlassene Gegend gemeldet.
    Er rief ihn an. Es war aber nur ein Mädchen am
Telefon; sie sagte, der Kaps äße neuerdings in einer Wirtschaft in Bahnhofsnähe
zu Mittag. Bastian sollte es doch einmal dort versuchen.
     
    Kaspar saß auf einem Platz am Fenster und
betrachtete ein Spiegelei, das wie eine Qualle auf seinem Leberkäs lagerte. Er
versuchte, mit der Gabel den Glibber vom Ei zu entfernen. Dabei stach er den
Dotter an, welcher auslief und in den Glibber hinein.
    Kaspar schob den Teller von sich, denn nun hatte
er keinen Appetit mehr. Dabei sah er Bastian, der mit einem halben Hellen in
der Hand an seinen Tisch kam.
    »Na?«
    Bastian setzte sich schweigend neben ihn.
    »Hast was?«
    »Ich hab’ heut meine Einweisung gekriegt.«
    »Na und?«
    »Alles Scheiße, deine Elli.«
    Dann zog er die neugekaufte Karte von
Niederbayern aus der Tasche und breitete sie über den Tisch aus. Die Karte
stippte in den Eiglibber.
    Bastian suchte, bis er Regen gefunden hatte.
»Da. Schau dir das an, da haben sie mich hinverdonnert. Schau dir an, wo das
liegt.«
    Kaspar trank von Bastians Bier. »Warst du schon
da?«
    »Nein. Ich kenn’ bisher nur die Zugverbindungen.
Die reichen mir.«
    »Du mußt sofort deine Unterlagen hinschicken«,
sagte Kaps. »Du mußt dich dem Schulrat und dem Rektor vorstellen und dem
Bürgermeister natürlich auch. Du mußt dir ein Zimmer suchen.«
    »So weit hab’ ich noch gar nicht gedacht«,
stöhnte Bastian. »Was mir da alles bevorsteht!«
    Kaps nickte ernst. »Und das mitten im Frieden!«
    Bastian nahm ihm sein Bier aus der Hand und
trank, was noch davon übriggeblieben war.
    Die Wirtin kam an ihren Tisch und fragte, ob er
was essen wolle. Bastian wollte nur einen Schnaps und noch ein Bier. Ihm war
der Appetit vergangen in Gedanken an den Abschied von Kathinka, von München und
von seiner Bude, an der er hing. Ab nächsten Monat ein möbliertes Zimmer.
    Kaps sagte: »Iß wenigstens meinen Salat.« Er
schob ihm die Schüssel hin. »Wenn du nichts ißt, bist du gleich besoffen.«
Bastian stocherte Kartoffeln und Kraut aus der Schüssel, den Sellerie ließ er
liegen.
    »Falls es dich beruhigt — ich komm’ in derselben
Gegend nieder wie du. Nur etwa zwanzig Kilometer von Regen entfernt«, sagte
Kaps.
    »So nah? Dufte.«
    »Ich bin in der Gegend dort Erbe.«
    »Stimmt«, erinnerte sich Bastian. »Du hast ja
geerbt. Wenn einer von uns schon mal erbt, dann ist das bestimmt am Arsch der
Welt.«
    »Die Gegend ist schön, wo mein Hof liegt. Schön
einsam.«
    »Und der Hof?«
    »Na ja. Die Mauern sind noch gut. Aber das Dach!
Als erstes muß ich das Dach reparieren. Und den Stall. Wegen der Schweine. Ich
will nämlich Ferkel züchten.« Kaps sah Bastian nachdenklich an. »Ich such’ bloß
noch einen, der mitmacht.«
    »Da kannst du lange suchen«, sagte Bastian. »Wer
geht schon freiwillig in die Einsamkeit.«
    »Bloß Idioten«, nickte Kaps einsichtig und trank
Bastians zweites Bier.
    »Was wird denn aus deinen Bienen?«
    »Die sollen zu Besuch kommen, wenn sie wollen.«
    »Die kommen bestimmt nicht.«
    »Nebbich«, sagte Kaps, »bleiben sie eben weg.
Ich hab’ sowieso den ganzen Sex zur Zeit bis hier.« Er betrachtete Bastian, der
sich vergebens bemühte, die Landkarte zusammenzufalten. »Also, was ist mit
dir?«
    »Wieso mit mir? Mit’m Sex?«
    »Mit’n Ferkeln. Ich mein’, eh’ ein anderer
zugreift und mein Partner wird.«
    »Ich?« fragte Bastian ungläubig. »Mit dir
Ferkeln züchten? Mann, Kaps, du hast wohl ‘n Kaiser gesehen!«
     
    Zu den Acht-Uhr-Nachrichten schalteten sie
Kathinkas Fernseher ein und gaben sich Mühe, bis zu diesem Zeitpunkt auch den
Senf, den Salznapf und den Bieröffner auf dem Abendbrottisch vorm Bildschirm zu
haben.
    »Ob >Regen< schon mal in den Nachrichten
vorgekommen ist«, überlegte Bastian.
    »Auf alle Fälle schon oft im Wetterbericht«,
tröstete Kathinka.
    Bevor der Freitagabendkrimi begann, räumte sie
rasch ab. Bastian entkorkte inzwischen eine Flasche Wein. Er wollte mit ihr
über seine niederbayrische Zukunft sprechen. Aber Kathinka war wild auf Krimis.
Je schauriger, je schöner.
    Bastian ging meistens aus dem Zimmer, wenn es
brutal wurde. Er konnte nicht hinsehen, wenn sie einen zusammenschlugen. Das
Schlimmste war für ihn, wenn einer eine Spritze in Großaufnahme bekam. Dann
lieber noch ein Toter im Teppich. An diesem Abend
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