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Hostage - Entführt

Titel: Hostage - Entführt
Autoren: Crais Robert
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Prolog
    Der
Mann da drin würde sich umbringen. Als er sein Telefon in den Hof warf,
war Talley klar: Der hat mit seinem Leben abgeschlossen. Sechs Jahre
war Sergeant Jeff Talley jetzt Chefunterhändler in Krisensituationen
beim Sondereinsatzkommando der Polizei von Los Angeles. Er wusste, dass
verzweifelte Menschen sich oft in Symbolen ausdrücken. Und dieses
Symbol war eindeutig: Es gab nichts mehr zu sagen. Talley befürchtete,
der Mann würde sich umbringen oder die Polizei zwingen, ihn zu töten.
Man nannte es: Selbstmord durch Polizeieinsatz. Talley glaubte, es sei
seine Schuld.
    Â»Ist seine Frau endlich aufgetaucht?«
    Â»Nein, aber wir suchen weiter.«
    Â»Suchen hilft nichts, Murray. Nach dem, was passiert ist, muss ich ihm was bieten.«
    Â»Es ist nicht Ihre Schuld.«
    Â»Doch. Ich hab's verbockt, und der Mann dreht gleich durch.«
    Talley
hockte mit dem Leiter des Einsatzkommandos, Lieutenant Murray Leifitz,
hinter einem gepanzerten SEK-Fahrzeug. Auch er war Murrays Weisungen
unterstellt. Während Talley mit George Donald Malik übers
Krisentelefon â€“ Maliks einziger Verbindung zur Außenwelt â€“
verhandelte, saß ihm sein Chef also buchstäblich im Nacken. Jetzt, wo
Malik sein Telefon in den Hof geworfen hatte, konnte Talley nur noch
das Megafon benutzen. Oder unter vier Augen verhandeln. Er mochte den
Lautsprecher nicht, denn er verzerrte seine Stimme, ließ sie grell und
hart erscheinen und machte den Kontakt unpersönlich. Dabei war doch
gerade die Illusion eines persönlichen Vertrauensverhältnisses wichtig,
gewissermaßen das A und O. Talley schnallte sich eine kugelsichere
Weste um.
    Malik schrie mit schriller, verkrampfter Stimme durchs zerbrochene Fenster.
    Â»Ich bring den Köter um! Ich bring ihn um!«
    Leifitz spähte hinter Talleys Rücken zum Haus hinüber. Bis jetzt hatte Malik nichts von einem Hund gesagt.
    Â»Nanu â€“ hat er da drin einen Hund?«
    Â»Was weiß ich? Ich versuch nur, den Schaden in Grenzen zu halten. Fragen Sie die Nachbarn. Besorgen Sie mir den Namen.«
    Â»Wenn er abdrückt, stürmen wir, Jeff. Da haben wir keine Wahl.«
    Â»Ruhig Blut. Besorgen Sie mir erst mal den Namen des Hundes.«
    Leifitz zog sich geduckt zurück, um mit Maliks Nachbarn zu sprechen.
    George
Malik war ein arbeitsloser Anstreicher, hoch verschuldet, von seiner
Frau mehrfach und in aller Öffentlichkeit betrogen, obendrein
krebskrank. Vor vierzehn Stunden, um 02:12, hatte er über die Köpfe
zweier Streifenpolizisten, die wegen Ruhestörung bei ihm geklingelt
hatten, einen Schuss abgefeuert. Dann hatte er die Tür verbarrikadiert
und gedroht, sich umzubringen, wenn seine Frau nicht mit ihm sprechen
wolle. Die Polizisten hatten von den Nachbarn erfahren, Maliks Frau
Elena habe das Haus mit dem neunjährigen Brendan, dem einzigen Kind der
Eheleute, verlassen. Während die Polizei nach Elena suchte, hatte Malik
in immer kürzeren Abständen gedroht, er werde sich umbringen, bis
Talley überzeugt war, gleich erschieße er sich wirklich. Als ihm
gemeldet worden war, Elenas Schwester habe offenbar eine zuverlässige
Angabe über den Aufenthaltsort von Ehefrau und Sohn gemacht, hatte
Talley es drauf ankommen lassen und Malik gesagt, man habe Elena
gefunden. Das war sein Fehler gewesen. Er hatte eine Grundregel des
Krisengesprächs verletzt: Er hatte gelogen. Und er war dabei ertappt
worden. Er hatte ein Versprechen gegeben, es aber nicht halten können.
So hatte er die Vertrauensillusion zerstört, die er zuvor aufgebaut
hatte. Das war jetzt zwei Stunden her, und eben hatte er erfahren, dass
Maliks Frau noch immer nicht gefunden worden war.
    Â»Ich bring den Köter um! Das ist ihr Köter, und ich schieß ihm in den Kopf, wenn sie jetzt nicht mit mir spricht!«
    Talley
kam aus seiner Deckung. Seit elf Stunden war er schon vor Ort. Er hatte
einen dicken Schweißfilm auf der Haut, ihm dröhnte der Kopf, und sein
Magen war von zu viel Kaffee und Stress ganz verkrampft. Er ließ seine
Stimme normal und dabei zugleich besorgt klingen.
    Â»George â€“ ich bin's, Jeff. Drücken Sie nicht ab, ja? Wir wollen keinen Schuss hören.«
    Â»Du Lügner! Du hast gesagt, meine Frau spricht mit mir!«
    Das
Haus war klein und staubgrau verputzt. Links und rechts der Eingangstür
befand sich je ein Flügelfenster, und entlang der Vorderfront verlief
eine schmale Veranda. Die
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