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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian
Autoren: Barbara Noack
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schaute er von Anfang an
nicht zu. Er war erfüllt von dem Gespräch, das er bis in den späten Nachmittag
hinein mit Kaspar Hauswurz geführt hatte, und wollte sich mitteilen.
    »Magst du eigentlich Ferkel?« fragte er
Katharina.
    Gerade sammelten sie im Fernseher die Überreste
eines unnatürlich abgestürzten Mafiabosses in ein Tischtuch und trugen es auf
die Kamera zu.
    »Ob ich was?« fragte Kathinka, den Blick starr
geradeaus. »Der Kaps — ich hab’ dir ja schon von ihm erzählt — , der hat einen
Hof in der Nähe von Regen geerbt. Zufall, was? Wie das Leben so spielt.«
    »Ja doch.«
    »Und da will er nebenher Ferkel züchten.«
    »Sei doch mal ruhig!!«
    »Vormittags ist er Lehrer und nachmittags...«
    »Bastian, bitte!!!!!!!«
    Er seufzte. »Okay.«
    Katharina starrte vornübergeneigt auf eine von
einem Hubschrauber unter Beschuß genommene staubige Landstraße, wo eine soeben niedergemähte
schwarzgekleidete Dame lag. Mit einem Strohkorb am Arm, aus dem Orangen rollten
und noch was, das wie ein Poesiealbum aussah.
    »Ganz schön brutal«, seufzte Kathinka zufrieden.
Sie wußte natürlich im voraus, was wirklich in dem Album drin war: keine
Sinnsprüche.
    »Kaspar will erst mal klein anfangen«, sagte
Bastian. »Er hat ja auch nicht das Kapital. Er sagt, am Anfang kauft er nicht
mehr als vier Muttersäue.«
    Jetzt raste ein vollbesetzter Maserati heran
(Baujahr 69), verfolgt von dem Hubschrauber. Wie der Wagen an der Toten
vorbeiraste, berührte ein Reifen das Poesiealbum. Das Album explodierte. Das
Auto flog in die Luft. Das hatte Katharina gleich gewußt.
    »Wenn die zweimal im Jahr ferkeln, macht das bei
vier Sauen zirka achtzig Ferkel«, sagte Bastian.
    Katharina schmiß ihm einen bösen Blick zu.
    »Das ist keine schlechte Sache, laß mal
Notzeiten kommen.«
    »Mann! Kapierst du denn nicht? Ich will den
Krimi sehen!!!«
    »Ja gut«, sagte er und stand auf. »Hol’ ich
inzwischen Zigaretten. Hast du paar Markstücke?«
    »In meiner Tasche.«
    »Wo ist denn die?«
    »Weiß nicht — irgendwo...«
    »Fernsehen tötet jede anständige Unterhaltung«,
sagte er. Bastian hatte Ärger mit dem Zigarettenautomaten. Er schluckte zwar
seine Geldstücke, weigerte sich aber, die gewünschte Sorte herauszugeben.
Bastian mußte deshalb eine Marke ziehen, die keiner von ihnen rauchte.
    Als er zurückging, öffneten sich überall die
Haustüren, und Mieter kamen mit ihren Hunden auf die Straße. Die Hunde rasten
auf die nächsten Bäume zu.
    Wenn die Hunde Gassi gehen durften, war der
Krimi zu Ende.
     
    Katharina hatte inzwischen den Flimmerkasten
abgestellt und sich auf ihrem Sofa ausgestreckt.
    Bastian würde sich immer daran erinnern, wie sie
so dagelegen hatte, ein buntes Kissen im Kreuz, in einer Baumwollbluse und
karierten Hosen, schweigend vor sich hin rauchend und dabei ihre Zehen
betrachtend, die sie ständig bewegte...
    Er selbst ging zwischen Tür und Fenster auf und
ab und erzählte ihr von Kaspar Hauswurz’ Hof.
    »Die Stallungen sind ziemlich morsch, aber die
können wir vorläufig nicht abreißen und neu bauen...«
    »Wieso wir?« fragte Katharina.
    »Na, Kaps und ich.«
    Sie staunte. »Ich wußte ja gar nicht, daß du bei
der Ferkelei mitmachen willst.«
    »Sagte ich das noch nicht?«
    »Nein.« Kathinka, die das Ganze für einen Scherz
hielt, stieg ernsthaft darauf ein. »Aber das find’ ich ja fabelhaft. Bastian
als Schweinezüchter.«
    Angespornt von ihrer Begeisterung, legte er los.
»Paß auf, wir haben uns das so gedacht. Was werd’ ich mich in Regen mit einer
Zimmerwirtin herumärgern. Und sie sich mit mir. Zieh’ ich doch zum Kaps. Der
ist zwar manchmal seltsam, aber an sich haben wir uns immer ganz gut vertragen.
Kaps gibt mir vormittags sein Auto, damit ich nach Regen fahren kann. Für ihn
sind’s ja nur fünf Minuten mit dem Radi zur Schule. Ich kauf’ in der Kreisstadt
ein, was wir an Baumaterial brauchen, und nachmittags restaurieren wir den
Hof.«
    »Allein?«
    »Kaps’ nächster Nachbar ist Maurer von Beruf.
Seine Tochter wird in Kaps’ Klasse gehen. Was glaubst du, wie gern der uns
hilft.«
    »Und du mauerst mit, mein Schätzchen?«
    »Was dachtest denn du?«
    »Erzähl weiter.«
    »Vorm Winter müssen wir alles dicht haben. Die
Öfen im Haus sind in Ordnung. Kaps sagt, sie ziehen gut.«
    »Und du meinst, du hältst das da aus? Willst du
nicht wenigstens versuchen, ob du woanders eingesetzt werden kannst? Mein Vater
hat einen Freund im Kultusministerium...«
    »Der kann mir
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