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Der Barbar

Der Barbar

Titel: Der Barbar
Autoren: Jason Dark
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Stelle.
    Das Singen blieb...
    Es war eine Quälerei. Es drang durch ihre Ohren in den Kopf hinein, als wollte es dort durch seine teuflische Akustik die Gehirnwindungen zerstören. Widerlich. Wie eine Folter.
    Am liebsten wäre Purdy geflüchtet, doch etwas bannte sie.
    Es war diese fremde Kraft, die auch von dem schrecklichen Bild ausging, das sich nach wie vor im Nebel abzeichnete. Sie sah die Pfähle, sie erkannte die aufgespießten Körper, aber nicht unbedingt klar, denn die gesamte Szene wurde von dünnen Dunstschleiern umweht, und so sah sie aus wie ein verschwommenes Filmbild.
    Das Singen blieb, und es veränderte seine Tonlage. So hatte die Staatsanwältin den Eindruck, als würde sich die Säge in ihrer Nähe bewegen. Sie schwang hin und her, sie war wie eine Welle aus Metall. Das Singen vernahm sie mal dicht an ihren Ohren, dann glitt es wieder weg oder bewegte sich im Kreis über ihren Kopf herum.
    Stets änderte sich seine Tonlage. Mal klang es durch ihre Ohren, als würden kleine Katzen gefoltert, dann wiederum ging es über in ein sattes Brummen – bis das Geräusch von einem Augenblick zum anderen verstummte.
    Purdy wollte es kaum glauben, denn es sang noch in ihren Ohren nach. Aber auch der Ton ließ nach. Allmählich trat wieder die Stille des nächtlichen Feldes in den Vordergrund.
    Hingen die Leichen noch an den Pfählen?
    Purdy schaute hin.
    Nebel trieb an ihr vorbei. Sie konnte sich nicht mehr sicher sein. Sie hörte aber etwas anderes. Es war eine leise Stimme, die ihr entgegenwehte. Die Richtung, aus der sie kam, konnte sie nicht feststellen, und sie redete in einer Sprache, die ihr fremd war, bis sie herausfand, dass sie dieses Idiom schon mal gehört hatte. Nicht hier auf der Erde, sondern in einem anderen Leben, das weit, sehr weit zurücklag.
    So wie diese Stimme sprach, so hatten sich auch die Atlanter unterhalten.
    Mehr verstand sie nicht. Da hätte sie schon wieder zurück in ihr erstes Leben gleiten müssen, um dies zu begreifen. Die Stimme bestand weiterhin aus einem Flüstern, bis auch das verstummte und Purdy allein in der Stille zurückblieb.
    Es dauerte noch etwas, bis sie es schaffte, richtig durchzuatmen. Erst jetzt war ihr klar, dass die Gefahr nicht mehr in der Nähe lauerte. Auch das schreckliche Bild war verschwunden. Die Realität hatte Purdy wieder.
    Nur widerwillig löste sie ihre Gedanken von dem Erlebten und dachte an den eigentlichen Grund ihres Hierseins. Sie hatte nach der Frau schauen wollen, die wahrscheinlich in ihrer Panik einfach auf das Feld gelaufen war.
    Bisher hatte sie noch keine Spur von ihr gefunden. Der Verdacht, dass sie zu einem Opfer eines nicht erklärbaren Vorgangs geworden war, verhärtete sich immer mehr.
    Purdy Prentiss, die Frau, die nichts so leicht erschüttern konnte, kam sich auf dem Feld so verdammt allein vor.
    Purdy dachte wieder über die Frau nach. Wahrscheinlich hatte sie allein im Wagen gesessen. So war ihr Verschwinden auch keinem Menschen aufgefallen.
    Das Schluchzen vernahm sie in dem Augenblick, als sie sich gerade in Bewegung setzen wollte, um wieder zur Straße zurückzugehen. Es war ein so jämmerliches Geräusch, dass Purdy zusammenzuckte, sofort Mitleid bekam und sich drehte.
    Über das Feld lief stolpernd eine Gestalt auf sie zu. Schon sehr bald sah sie, dass es sich um eine Frau handelte. Es musste diejenige sein, die so fluchtartig die Straße verlassen hatte.
    Die Staatsanwältin lief ihr entgegen, und sie wäre von der anderen Person überrannt worden, hätte sie nicht die Arme ausgestreckt und sie abgefangen.
    Plötzlich lag sie in den Armen der Staatsanwältin und war nicht mehr als ein zitterndes Bündel Mensch. Sie hielt die Augen geschlossen.
    »Nein, nicht, bitte nicht«, stammelte sie. »Ich habe doch nichts getan... Wirklich... ich...«
    »Sie müssen sich beruhigen«, sprach Purdy mit leiser Stimme auf die Frau ein. »Sie brauchen keine Angst mehr zu haben. Es ist alles in Ordnung. Niemand ist in der Nähe, der Ihnen etwas antun will.«
    Das Schluchzen stockte. Leider hörte es nicht völlig auf, sodass die Worte, die aus dem Mund der Verzweifelten drangen, nicht so leicht zu verstehen waren.
    Angst, Verfolger, Waffe und Schrecken musste Purdy unter einen Hut bringen, aber sie ahnte, wer damit gemeint war.«
    »Er ist nicht mehr hier, glauben Sie mir.«
    »Nicht?«
    »Nein.«
    »Wo ist er dann?«
    »Weg.«
    Zum ersten Mal öffnete die Frau die Augen. Purdy sah den fremden Blick auf sich gerichtet. Der zittrige
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