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Der Ausflug

Titel: Der Ausflug
Autoren: Renate Dorrestein
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den Gedanken ist.
    Mit dem Shirt in der Hand drehte er sich um. Und plötzlich berührte sie sein Gesichtsausdruck. »Was ist denn, Laurens?«, rief sie aus dem Fenster.
    Wie ertappt schaute er auf und hielt das Kindershirt in die Höhe. Es wirkte sehr klein in seinen großen Männerhänden. »Die Ärmel sind so eng«, brachte er heraus. »Schau mal, sie kräuseln sich richtig. Das fühlt sich doch bestimmt unangenehm an.«
    Ihr sprang vor Rührung fast das Herz aus der Brust. »Soll ich mir das mal ansehen? Das krieg ich schon wieder hin.« Sie fuhr in ein Paar Slipper und rannte die Holztreppe hinunter, die Timo vor einigen Monaten abgeschliffen, aber immer noch nicht neu lackiert hatte. Immer fehlte ihnen die Zeit, angefangene Projekte auch zu Ende zu bringen.
    Draußen saß Laurens am Gartentisch, das T-Shirt vor sich ausgebreitet. »Siehst du, was ich meine?«, fragte er. Unbeholfen zog er an den Nähten.
    »Ja. Aber das kann ich beheben.«
    »Sie hat sie immer so nett angezogen. Das wird mir nie gelingen. Dank ihr habe ich zwei tolle Jungen, Gwen. Aber dank mir werden sie früher oder später wie die letzten Idioten herumlaufen. Ich weiß nicht mal, was ich beim Frisör sagen soll.« Seine Augen wurden feucht.
    »Ich setz dir die Ärmel heute Abend im Handumdrehen neu ein, keine Sorge.« Und bei diesen Worten spürte sie, wie sie gleichsam wieder mit sich, mit ihrem irdischen Selbst, eins wurde. Das hier war vertraut und überschaubar: Nachher noch kurz eine Näharbeit machen, und die Welt konnte sich wieder in Ruhe weiterdrehen.
    Die Sonne hatte sich hinter die oberen Äste der alten Eichen gesenkt. Es war bestimmt schon nach sieben. Und dieKinder mussten noch in die Badewanne oder duschen, alle mussten noch alles Mögliche. »Ich geh jetzt mal schnell in die Küche.«
    »Ich komme mit«, sagte Laurens. »Im Hacken und Schnetzeln bin ich Spitze.«
    Als sie sich erhoben, berührten sich kurz ihre Arme. Verlegen dachte sie: Veros Mann.
    In der Küche stand noch der Abwasch vom Mittagessen auf der Spüle. Mechanisch begann sie, Teller und Besteck abzuspülen. »Ich muss mich erst wieder hineinfinden«, sagte sie. »Ich fürchte, es fängt hier jedes Jahr ein bisschen chaotisch an. Irgendwie kann ich nie über den ersten Abend hinausdenken, ich weiß auch nicht, wieso.«
    »Aber den hattest du perfekt im Griff.« Laurens ließ nie eine Gelegenheit aus, ein Kompliment zu machen: eine wundervolle Eigenschaft. Sie nahm es sich selbst immer noch übel, dass sie gestern nicht daran gedacht hatte, eine Schokoladentorte zu besorgen.
    »Wo finde ich ein Geschirrtuch?«
    In der Waschmaschine vermutlich. Sie sagte: »Das Geschirr lasse ich einfach abtropfen. Aber vielleicht könntest du schon mal den Tisch decken.«
    »Für wie viele Personen?«
    Über die Schulter warf sie ihm einen Blick zu. »Was dachtest du denn?«
    Ostentativ schaute er auf seine Armbanduhr. »Du glaubst doch nicht, dass sie jetzt noch...«
    »Sonst hätte Beatrijs angerufen. Oder uns von Dingsbums telepathisch eine Nachricht schicken lassen.«
    »Leander.«
    »Ach ja, Leander.« Vielleicht war »Koriander« eine brauchbare Eselsbrücke.
    Sie setzte einen Topf Wasser auf, drehte das Gas aber gleichwieder aus. Es konnte gut noch eine Stunde dauern, bis die Kinder alle sauber geschrubbt am Tisch saßen. Also erst mal die Soße, die wurde ja nur immer besser, je länger sie köchelte. Hastig gab sie einen kräftigen Schuss Olivenöl in die Pfanne. Zu ihrer Verärgerung konnte sie nirgendwo einen Kochlöffel finden.
    »Gwen!«, rief Timo von draußen. »Dürfen sie noch kurz unter den Gartenschlauch?«
    »Fünf Minuten«, rief sie durchs Fenster zurück. Mit ein wenig Glück lief es nicht auf eine Schlammschlacht hinaus.
    Sie konzentrierte sich auf die Soße, raspelte Käse, wusch den Salat. Für die Engel machte sie eine Dose Würstchen auf. Die beiden Großen hatten kürzlich verkündet, dass sie nur noch Fleisch essen wollten. Wenn man bei so was Gegenwehr bot, wurde man seines Lebens nicht mehr froh. Jeder Tag, an dem sich die beiden Kleinen noch zu einem Bissen Gemüse verleiten ließen, war ein Gewinn.
    Aber wo waren nur diese verflixten Kochlöffel? Womöglich im Sommerhaus gelandet? Sie griff zum Hörer des Telefons, das neben dem Kühlschrank hing, und wählte Bobbies Nummer. Es dauerte einen Moment, bis ihre Schwägerin dranging. »Bobbie, hast du vielleicht...«
    »Ich esse gerade!«
    Verdattert sagte Gwen nach einem Moment: »Aber wir gehen
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