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Der Ausflug

Titel: Der Ausflug
Autoren: Renate Dorrestein
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Oder wolltest du das Gegenteil behaupten? Das hast du dann selbst zu verantworten. Aber was ich eigentlich vermute, ist, dass du das einfach nicht so ganz begreifst. Das geschieht häufiger, nicht wahr?«
    Beatrijs’ Herz krampfte sich zusammen, als sie sah, wie Bobbies Augen etwas tiefer in ihre Höhlen zu sinken schienen. Weißt du, was ich gerne mal möchte, Beatrijs? Auch mal über irgendwas ganz viel wissen.
    »Leander!«, rief sie geschockt.
    Er beachtete sie nicht. »Hier, Yaja, trockne dir die Tränen ab.«
    Ohne ein Wort riss Yaja ihm das Taschentuch aus der Hand und warf es auf den Boden. Die Tränen hatten schwarze Spurenauf ihren Wangen hinterlassen, wodurch ihr Gesicht eingefallen wirkte, nur noch Haut und Knochen.
    Nach einem Moment bückte sich Leander und hob das Taschentuch auf. Ungehalten sagte er: »Aber ich wollte dich trösten.«
    »Na und? Ich will gar nicht von dir getröstet werden, Loser!«
    »Warum auch?« Sichtlich ihren Mut zusammennehmend, trat Bobbie näher. »Eins auf den Deckel geben sollte man dir! Das ist schon seit Jahren überfällig, scheint mir. Irgendwer müsste mal den Mumm haben, dir Manieren beizubringen. Das würde dir verdammt gut tun.«
    Yaja streckte den Mittelfinger in die Höhe. Dann stampfte sie aus der Küche. Laut hallten ihre Schritte auf der Treppe.
    Leander befeuchtete seine Lippen. »Was starrst du mich denn so an, Beatrijs?«
    Der Schweiß brach ihr aus: Sie war ganz Bobbies Meinung. »Ich weiß nicht«, sagte sie. Sie fand sich selbst zum Kotzen. »Yaja sollte in der Tat mal härter angefasst werden. Das ist nur in ihrem eigenen Interesse. Da wirst du mir doch recht...«
    »Beeindruckend.« Er wippte auf seinen Füßen. »Woher plötzlich dieser Sachverstand, wenn ich fragen darf? Selbst Kinder, oder was? Ach, da ist sie schon wieder.«
    Ihre verschlissene Wochenendtasche schleppend, kam Yaja herein, ohne jemanden eines Blickes zu würdigen. Leander wollte ihr die Tasche abnehmen, doch sie drückte sie schnell an ihre Brust, als sei der schwarze Fetzen ihr einziger Halt. Seine Hand stockte auf halbem Weg. Er hüstelte kurz. »Wir gehen. Kommst du, Beatrijs?«
    Mit noch sausendem Kopf sah sie Yaja zur Tür schlurfen. Sie hatte immer gedacht, Leander hätte mal für sie und gegen dieses Kind Partei ergreifen sollen. Aber vielleicht hätte sie eher Yaja vor ihm in Schutz nehmen sollen. »Ich bleibe lieber noch ein Weilchen«, sagte sie und überraschte sich damit selbst.
    Ungläubig weiteten sich seine Augen. »Wieso?«
    Sie schwieg. Sie brauchte etwas Zeit zum Nachdenken, das war alles.
    »Du bist schon den ganzen Tag nicht du selbst.«
    »Ich bleibe hier«, sagte sie ruhig. »Ich ruf dich noch an.«
    Sie sah, wie seine Lippen weiß wurden. »Beatrijs, so kenne ich dich gar nicht. Du bist doch keine Frau, die es so mir nichts, dir nichts, ohne irgendeine Erklärung, wagen würde...«
    »Die dicke Kuh schickt dich in die Wüste, Pa«, stellte Yaja fest. »Also lass uns abschwirren. Aber glaub bloß nicht, dass ich das restliche Wochenende Rommee mit dir spiel.«
    »Warte mal, Yaja!« Leander machte ein Gesicht, als erfasse er erst jetzt die ganze Tragweite von Beatrijs’ Worten.
    Aber Beatrijs gab nicht nach. Die Wahrheit war wohl, dass die zwei einander verdienten. »Ich ruf dich an«, wiederholte sie, diesmal mit etwas mehr Wärme.
    Brüsk wandte er sich ab.
    Sie sah seine hoch gewachsene Gestalt durch Gwens Tür hinaus gehen. Seltsamerweise tat er ihr einen Moment lang sogar Leid. Sie war nicht die Frau, die er zu kennen glaubte. Aber vielleicht hatte sie selbst auch in letzter Zeit ein bisschen vergessen, wer sie eigentlich war.
    »Das hätten wir«, sagte Bobbie. Es war ihr anzusehen, dass sie sich nur mit Mühe einen höhnischen Kommentar verkneifen konnte.
    »Sag ruhig, was du denkst«, meinte Beatrijs bitter.
    »Nichts. Nichts«, beteuerte Bobbie eilig. »Aber soll ich nicht schnell eine Torte holen? Janna von gegenüber macht erstklassige Obsttorten.«
    Es war ein langer Tag gewesen: Als Laurens endlich mit seinen Jungs nach Hause fuhr, schliefen sie hinten im Auto alle beide gleich ein. Von Zeit zu Zeit schaute er kurz in den Rückspiegel.Toby hatte seinen Kopf an die Schulter seines großen Bruders gelehnt. Niels, die Wangen noch voller Rußspuren, hatte den Arm um ihn gelegt.
    Auf dem Beifahrersitz rollte das Glas Thymianhonig aus Bobbies Laden langsam von links nach rechts. Es war sehr gut möglich, dass dieser Honig von Bienen stammte, die Veronica
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