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Der Ausflug

Titel: Der Ausflug
Autoren: Renate Dorrestein
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gleich zu Tisch.«
    »Dann guten Appetit.«
    »Was ist denn jetzt los? Isst du jetzt etwa allein?«
    Mit Grabesstimme erwiderte Bobbie: »Dieser Mann ist mir viel zu dunkel.«
    »Ach, Mensch.« Wenn sich alle so anstellten, hatten sie Beatrijs bald alles vermiest. Man durfte diesen Koriander nicht vorschnell verurteilen. Er hatte bestimmt auch angenehme Seiten. Eine Freundin, die man schon fast sein ganzes Lebenlang als, auf ihre Art, vernünftigen Menschen kannte, die traf nicht so ohne weiteres die falsche Wahl. Und schließlich war er so verrückt nach Bea, dass er ihr bei jedem Schritt, den sie tat, mit den Augen folgte, oder etwa nicht? Na also. »Ich kann mich ja neben ihn setzen und aufpassen, dass er nicht wieder was Gemeines zu dir sagt.«
    Bobbie gab einen Laut von sich, als verscheuche sie eine Katze. »Du bist zu gut für diese Welt. Das hab ich dir schon so oft gesagt.« Und damit beendete sie das Gespräch.
    Auch Gwen legte auf. Sie drehte die Flamme unter der Soßenpfanne runter und ging nach draußen.
    Auf dem mittlerweile schattigen Rasen hatte Timo den Gartenschlauch auf ihre kreischenden Töchter gerichtet. Sie waren alle vier splitternackt und hüpften und spritzten ausgelassen im Kreis. Ihre Kleider lagen rundherum im nassen Gras. »Noch ganz kurz, Mama, nur noch ganz kurz«, riefen sie im Chor, kaum dass sie sie erblickt hatten.
    Vom Gartentisch aus sahen die beiden Jungen mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Sehnsucht zu. Laurens stand zwischen ihnen, die Arme um ihre Schultern gelegt. Er war ein Mann, der immerzu Körperkontakt mit seinen Kindern suchte, sie im Arm hielt, in die Luft warf. Plötzlich musste Gwen wieder daran denken, wie er vorhin mit dem Shirt dagesessen hatte, und es versetzte ihr einen solchen Stich ins Herz, dass sie ganz vergaß, dass sie eigentlich bei Bobbie nach dem Rechten hatte sehen wollen. »He, Männer«, sagte sie. »Wie wär’s, wollt ihr nicht auch unter den Gartenschlauch?«
    »Für heute haben sie, glaube ich, genug gespielt«, wandte Laurens ein. »Sie sind hundemüde.«
    »Dann lass uns mal schnell zu Tisch gehen.« Sie klatschte in die Hände. »Timo!«
    Ihr Mann wandte ihr sein sonnenverbranntes Gesicht zu. Schau doch, sagten seine lachenden Augen, schau dir dochunsere tolle Rasselbande an, Gwen. Und, wachsen sie etwa nicht im Paradies auf? Lass die Leute ruhig reden. So eine altmodische Imkerei ist gar nicht verkehrt. Wir haben es gut und unsere Kinder auch.
    Diese Blicke des Einverständnisses über Kinderhäupter hinweg, dieser herrliche Stolz auf die Familie, den man nur mit dem eigenen Partner teilen konnte. Hoffentlich machten sie Laurens jetzt nicht neidisch. »Stell das Ding ab, Timo! Es wird sonst viel zu spät!«, rief sie. »Dalli, dalli, meine Damen! In zehn Minuten essen wir.« Dann hockte sie sich neben die Jungen und fragte: »So, und was habt ihr gespielt?«
    Sie hatten beide Laurens’ ebenmäßige, markante Züge, wie aus Elfenbein geschnitzt. Hübsche Kinder.
    »Wir sind noch nicht fertig«, sagte Niels.
    »Noch nicht fertig?«
    Laurens stieß sie an. »Müssen die nassen Sachen von den Mädchen nicht rein?«
    Dass immer für alles ihr Einverständnis gebraucht wurde, machte die Hilfsbereitschaft anderer in gewissem Sinne nur zu einer Last. Aber vielleicht konnte Laurens gleich die Wäsche für sie aus der Maschine nehmen und in den Trockner tun. »Wenn du dich ohnehin um die Kleider kümmerst...«, begann sie, doch da ertönte auf dem Vorderhof Fahrradgeklingel.
    »Da sind sie«, stellte Laurens wenig begeistert fest.
    Einen Augenblick später kamen sie zu dritt in den Garten gelaufen: Beatrijs und Leander Hand in Hand, sie klein und mollig in einem türkisfarbenen Kostüm, er groß und ausgemergelt in einer unförmigen grauen Jogginghose, und hinter ihnen, mit hängendem Kopf, Leanders spindeldürre Tochter Yaja in ihrer verschlissenen schwarzen Jeansjacke.
    Yaja! Dass sie auch noch existierte, war Gwen zwischenzeitlich völlig entfallen. Da bekam man nicht nur einen wildfremdenMann, sondern auch noch dessen befremdliches, launisches Kind vorgesetzt, und das nur dank irgendeiner Besuchsregelung. Beklommen dachte sie: Wie halten wir sie bloß die ganze Woche bei Laune? Sie ist zu alt für unsere Kinder, aber noch viel zu jung, um sich die ganze Zeit mit Erwachsenen abzugeben, sie wird sich zu Tode langweilen. Dreizehn. Eine wandelnde Unglückszahl.
     
    Mit einem Lächeln reichte Beatrijs den Salat an Timo weiter, den Wein an Laurens,
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