Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber
Autoren: Daniel Silva
Vom Netzwerk:
Vorspiegelung falscher Tatsachen für einen Geheimauftrag anzuwerben. Sie wissen, daß Jacqueline anbeißen wird, weil sie wissen, daß sie für den Dienst arbeitet.«
    »Bravo, Gabriel.«
    »Hat sie's gewußt?«
    »Jacqueline?«
    »Ja, Jacqueline! Hat sie die Wahrheit gewußt?«
    »Natürlich nicht. Sie liebt Sie, Gabriel. Sie hätte sich nie dazu  hergegeben, Sie zu täuschen.«
    »Warum haben Sie mir nicht einfach die Wahrheit gesagt?«
    »Überlegen Sie selbst, Gabriel. Hätten Sie's wirklich getan,  wenn ich nach Cornwall gekommen wäre und Sie aufgefordert hätte, aus dem Ruhestand zurückzukommen, um als Köder für Tariq zu fungieren? Natürlich nicht.«
    »Also haben Sie mein Leben aufs Spiel gesetzt. Und das von Jacqueline!«
    »Tut mir leid, daß das in New York passiert ist. Mit dieser Entwicklung hatte ich nicht gerechnet.«
    »Aber Tariq war bereits todkrank. Warum haben Sie nicht einfach abgewartet, bis der Tumor ihn erledigt?«
    »Weil seine Organisation dann ohne ihn weitergemacht hätte. Sie wäre noch gefährlicher und unberechenbarer gewesen als zuvor. Und weil in meiner Organisation chaotische Zustände herrschten. Der Dienst brauchte einen Coup, um das Vertrauen von Regierung und Volk zurückzugewinnen.«
    »Was wäre, wenn Regierung und Volk erführen, wie Sie diesen großen Coup erzielt haben?«
    »Der Premierminister weiß alles.«
    »Und das Volk?«
    »Kommen Sie bloß nicht auf die Idee, zu einer Zeitung zu rennen.«
    »Wieso? Weil ich wie Benjamin Stone enden könnte?«
    Schamron gab keine Antwort.
    Gabriel schüttelte den Kopf. »Das würden Sie tun, nicht wahr? Sie würden auch mich beseitigen lassen, wenn ich Ihnen in die Quere käme. Und da wundern Sie sich, wenn Sie nachts nicht schlafen können?«
    »Irgend jemand muß diese Arbeit tun, Gabriel! Wenn nicht ich, wer sonst? Glauben unsere Feinde, der Dienst sei geschwächt, stellen sie uns auf die Probe. Dann ermorden sie ein paar Juden, wann immer ihnen der Sinn danach steht. Die Syrer könnten wieder von den Golanhöhen herabkommen und versuchen, uns ins Meer zu werfen. Ein neuer Hitler könnte versucht sein, mein Volk auszurotten, während die Welt dabeisteht und untätig zusieht. Ich bringe Sie vielleicht von Zeit zu Zeit in Verlegenheit. Ich arbeite vielleicht mit Methoden, die Sie widerwärtig finden, aber insgeheim sind Sie froh, daß ich auf meinem Posten bin. Das hilft Ihnen , nachts ruhig zu schlafen.«
    »Warum?« fragte Gabriel. »Warum haben Sie mich nach all diesen Jahren belogen? Warum haben Sie Ihre Karten nicht offen auf den Tisch gelegt? Wozu ein derartig kompliziertes Täuschungsmanöver?«
    Schamron rang sich ein schwaches Lächeln ab. »Habe ich Ihnen schon mal von dem Abend erzählt, an dem wir Eichmann entführt haben?«
    »Diese Geschichte habe ich schon hundertmal gehört.«
    »Aber nie die ganze Geschichte.«
    Schamron schloß die Augen und zuckte leicht zusammen, als sei die Erinnerung schmerzlich. »Wir wußten, daß der Hundesohn jeden Abend mit dem gleichen Bus nach Hause kam. Wir mußten ihn uns einfach schnappen, wenn er ausstieg. Das hatten wir hundertmal geübt. Bei diesen Übungen war ich schließlich so weit, daß ich ihn in zwölf Sekunden schnappen konnte. Aber an diesem Abend bin ich beim Aussteigen aus dem Auto gestolpert. Eichmann wäre uns fast entkommen, weil ich gestolpert bin. Wissen Sie, warum ich gestolpert bin, Gabriel? Ich bin gestolpert, weil ich vergessen hatte, meine Schnürsenkel zuzubinden. Ich habe ihn natürlich trotzdem geschnappt. Aber an diesem Abend habe ich eine wichtige Lektion gelernt: Man darf absolut nichts dem Zufall überlassen.«
    »Dann ist Jusef also heute abend in Tel Aviv nicht zufällig an meinem Tisch vorbeigegangen?« fragte Gabriel. »Sie haben ihn vorbeigeschickt, damit ich ihn sehe. Sie wollten, daß ich die Wahrheit erfahre.«
    Schamron nickte kaum merklich. In der Tat.
    Es war vier Uhr morgens, als Gabriel in die Wohnung in Jerusalem zurückkam. Auf dem Tisch lag ein großer Umschlag, den ein Kurier des Dienstes vorbeigebracht haben mußte. Er enthielt drei kleinere Umschläge: einen mit einem Ticket für den Morgenflug nach London, einen weiteren mit drei Reisepässen verschiedener Staaten und einen dritten mit amerikanischen Dollars und britischen Pfunden. Gabriel steckte die kleineren Umschläge wieder in den großen und nahm ihn ins Schlafzimmer mit, wo er seine wenigen Habseligkeiten in seinen Rucksack packte. Der Flug ging erst in fünf Stunden. Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher