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Der Auftrag

Der Auftrag

Titel: Der Auftrag
Autoren: William C. Dietz
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würde auch Schwierigkeiten geben und schreckliche Gefahr ohne die Gewissheit, ob er überleben würde. Aber wenn er überlebte, das verrieten die Stäbe Windsüß, würde ihr Sohn seinen beiden Völkern große Ehre bringen und man würde ihn Jahrhunderte lang feiern.
    Von Boolys Schicksal oder dem ihres Vaters verrieten ihr die Wulastäbe nichts, weil sie Angst hatte, sie danach zu befragen.
    »Es gibt Dinge«, hatte ihre Mutter gesagt, »viele Dinge, die wir nicht wissen sollten.«
    Windsüß erhob sich von ihrem Platz am Feuer, nahm eine Decke und hüllte sie sich um die Schultern. Sie ging die Wendeltreppe hinauf, schlüpfte durch die Tür ins Freie hinaus auf das Plateau. Vom Westen wehte eine leichte Brise herüber, zerzauste ihr den Pelz und suchte in der Decke nach Löchern. Die Sonne ging auf, und Kondensstreifen hinterließen Spuren wie von Klauen am blauen Himmel.
    Die Sonne hatte sich gerade über den Horizont erhoben und warf lange, schwarze Schatten über das Land. Der Späher, ein Naa namens Weitsieh Weichfuß, kauerte am Boden. Booly, Roller, Hartmann und Schießtgerade taten es ihm gleich. Weichfuß wirkte müde, was nicht überraschend war, schließlich war er seit mehr als sechsundzwanzig Stunden auf den Beinen und hatte über zwanzig Kilometer quer durchs Land zurückgelegt.
    »Also«, fragte Hartmann, »was haben die übel Riechenden vor?«
    »Sie kommen hierher«, antwortete der Späher, als ob das selbstverständlich wäre. Er nahm einen Stock und zeichnete ein S-förmiges Gebilde in den Sand. »Sie kommen die Straße herunter und dürften in drei, vielleicht auch vier Stunden hier sein.«
    »Scheiße«, sagte Roller.
    »Yeah«, stimmte Booly ihm zu. »Drei Stunden, das ist nicht viel Zeit, um Vorbereitungen zu treffen.«
    »Wie viele sind es?«, fragte Schießtgerade pragmatisch.
    Weichfuß sah mit zusammengekniffenen Augen in die schnell höher steigende Sonne. »Etwa dreihundert. Viele von ihnen sitzen in ihren Fahrzeugen, also ist es schwer zu sagen.«
    »Dreihundert!«, dachte Booly bedrückt. Gegen siebenundzwanzig Bios, zwölf Borgs und einhundertzwanzig Naa. Also etwa zwei zu eins. Aber da ließ sich nun einmal nichts machen.
    »Na schön«, sagte er, bemüht zuversichtlich zu klingen, »dreihundert also.«
    »Genauer gesagt dreihundertundeins«, meinte Weichfuß phlegmatisch.
    »Was soll das jetzt wieder heißen?«, fragte Hartmann ungeduldig.
    »Die übel Riechenden haben einen Menschen«, erwiderte der Späher, »und danach zu schließen, wie sie ihn behandeln, ist er der Anführer.«
    Boolys Augenbrauen schossen in die Höhe. »Ein Mensch? Das kann nicht sein!«
    »Warum nicht?«, fragte Hartmann. »Du hast die Legion verlassen. Andere könnten Ähnliches tun.«
    Die Logik des Häuptlings war unangreifbar, und Booly sah sich gezwungen, ihm zuzustimmen. Er wich Rollers Blick aus. Wenn man davon ausging, dass der Bericht von Weichfuß zutraf, und er hatte keinen Anlass, an dem Späher zu zweifeln, bedeutete das, dass die Hudathaner über einen zusätzlichen Vorteil verfügten. Ein Renegat würde menschliche Taktiken verstehen und darauf eingestellt sein, entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen. Schlechte Nachrichten! Booly gab sich alle Mühe, die neue Erkenntnis zu ignorieren, und ließ sich von Weichfuß den Stock geben. Er kritzelte damit in den Sand.
    »Hier ist die Straße. Sie verläuft quer über die Mündung des Tals. Wenn wir annehmen, dass die Hudathaner zu LV-2 wollen, werden sie die Straße hier verlassen und durch das Tal ziehen. Dort gibt es keine Straße, aber für eine Einerreihe von Fahrzeugen ist der Pfad breit genug.
    Unser Ziel ist es, den Feind ein gutes Stück vor LV-2 zu stoppen, und zwar mit einem Minimum an Verlusten.«
    »Wie war’s mit einem Hinterhalt?«, fragte Roller und deutete auf Boolys »Karte«. »Wir könnten uns auf die Lauer legen, ein paar Minen hochgehen lassen und sie dann unter Beschuss nehmen.«
    »Gut«, sagte Hartmann taktvoll, »aber nicht gut genug. Der Weg ist schmal, aber das Tal ist weit, und die übel Riechenden könnten ausschwärmen.«
    »Sie werden von Anfang an ausschwärmen, wenn sie auch nur ein bisschen Verstand haben«, gab Schießtgerade zu bedenken. »Würdest du einen unserer Pfade nehmen?«
    »Nicht, wenn ich es vermeiden könnte«, erwiderte Booly bedächtig und musste dabei an die Schlucht und den Hinterhalt denken, den Hartmann ihnen gelegt hatte.
    »Genau«, erwiderte Schießtgerade und nahm den Stock, »deshalb
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